Samstag, 7. März 2009

Die letzten beiden Abende verbrachte ich mit Radiobasteln. Es gibt in der Hege und Pflege ja immer was zu tun. Die Seilzüge neu justiert, einen dabei noch nicht richtig mit der vorderen Anzeige synchronisiert, entstaubt (innen, außen, die Gefäße), verzückt dem Glimmen der Röhren zugeschaut. Die NF-Seite hat noch Restaurationsbedarf, ein Lautsprecher geht nicht. Aber es ist die TS-Version, da darf einer ruhig fehlen. Zur Jungfernsendung passenderweise ein Bericht über 50 Jahre Kind of Blue. Ein warmer Klang füllt den Raum, so werde ich demnächst wieder die Nachrichten hören können. Beobachtet nur vom magischen Auge.

Donnerstag, 26. Februar 2009
Wie ich im Bad stehe und das herausgebrochene Stück Fuge neu verfuge (Hiermit wird verfugt, daß...), vor mich hinsumme, dummes Zeug, alles Fug und Trug, denke ich, und was das immer soll auf Fugen und Brechen. Was ich verfugt habe, soll Wasser nicht mehr trennen. Fugen lernen, auch ein schönes Buch. Nachtfug von diesem Schriftsteller, der Postfuger war, so wie ich es als Kind auch gerne geworden wäre. In einem winzigen Doppeldecker, manchmal war es ein Pappkarton, fug ich über Südamerika oder Alaska, landete mit rasanter Fugbahn in halb verlassenen Ortschaften und brachte die Post. Und Medikamente, immer ganz wichtig. Die Medikamente. Für ein fieberndes Kind, ein krankes Schaf oder den schlimmen Husten der Großmutter.
Die Fliesenpartie sieht gut aus, ich bessere hier und da noch ein paar schadhafte Stellen aus, ziehe die Fugenlippe immer schön diagonal über die Rillen, streiche die Ränder glatt. Wie neu alles wirkt, ein weiteres unentdecktes Land. Ich sollte kleine Fähnchen in die noch feuchte Masse stecken, das Fugengebiet reklamieren für Gott, für mich, fürs Fugenland. Ein vergnügter Monarch würde mir Orden verleihen, ein berühmter Orgelspieler donnerte Toccata und Fuge zu meinen Ehren und der elfenbeinernen Reinheit der neuen Kolonie. Tierarten würden nach mir benannt und nicht nur im Zorn, Fughunde würden es sein. Aufnehmen würde man mich im Klan der Fugger... gut, es geht jetzt etwas zu weit. Man soll sich nicht selber loben, das Werk muß für sich sprechen.
Morgen beim Duschen, wenn wir Auge in Auge, schutzlos und nackt gegenüberstehen und uns gegenseitig die Fugen zählen können, wird sich zeigen wie dauerhaft, hilfreich und gut sich alles fugte. Morgen dann.

Donnerstag, 19. Februar 2009
Während ich es also endlich geschafft habe, mich dem Werk PeterLichts anzunähern, ein Vorgang, der um so leichter fiel, je mehr der gute Mann abließ vom hingetupften Spaßsong, mir also die Lieder vom Ende des Kapitalismus (immerhin bereits drei Jahre nach ihrem Erscheinen) vom Ende des genannten künden und mir zugleich mit zaghaftem Klingeln Bestätigungsmails eines bekannten internationalen Buch- und Kochtopfversenders die Illusion vom Fortbestand des bargeldlosen Zahlungsverkehrs wahren - wenn es mit dem wahren Geld schon nicht klappt, jedenfalls und erst recht nicht, so lange das Hermetische Café nicht unter aufgespannte Schutzschirme schlüpft und seinem Autor Boni auszuschütten sich in der Lage sieht - während all dieses also geschieht (und wer sich dem Werk des PeterLicht ebenfalls nocht nicht genähert haben sollte, was ich angesichts meiner hochinformierten, urbanen, junggebliebenen und jeden Scheiß mitmachenden gebildeten Leserschaft bezweifeln möchte [Ihr müßt mir das doch sagen!], der erwerbe die Lieder vom Ende Kapitalismus jetzt oder schweige für immerdar), während dies alles sich also vollzieht, denke ich über Erschöpfung nach.
Es ist doch ein Umstand mit der Monotonie des immer wieder aufs Neue geübten Einsatzes. Dem Einsatz für Rendite und Wohlergehen von Kunden (gern), dem philantrophischen Konzernlenker (untertänigst) und - natürlich - meiner selbst (Bitte. Danke.). Am Anfang eines Jahres merkt man auch erst, welche Kraft das zurückliegende mitunter gekostet hat. Wenn man ausgelaugter ist als die Luftballonmenschen, die sowieso immer im Wind fliegen, egal aus welcher Richtung er gerade weht.
Ich bin dünner geworden, ein bißchen. Und nur ein wenig müde. Wie nach einer sehr lauten Party.
>>> PeterLicht, Lied vom Ende des Kapitalismus

Montag, 16. Februar 2009
Ein romantischer Tag in Leder, elftausend Ruten aus Weidenkätzchen, ein intensiver Zuckerguß über dem Nachdenken. Die brüchige Fläche des Krakeleelacks, Sprünge im Zarten, feine Risse unter der Haut, im dunklen Keller das schwere Gerät: Hammer, Feile, Stichsäge. An rostigen Eisenketten der Homo faber des Baumarktwesens.
In diesem Haus gibt es ein paar sehr hübsche Details, wie ich sie mir für mein eigenes Zimmer unter den Wolken wünsche. Man kommt ja bald wieder dahin, alte Bahnhöfe renovieren zu wollen. Wenn außer Zeit und vielen Ideen nichts mehr vorhanden ist.
Wenn karierte Holzfällerhemden über den Ringelpulli gezogen werden, um die Hüfte nur der Werkzeuggurt.

Freitag, 13. Februar 2009

Schön, wenn man morgens überrascht wird. Mit einem freundlichen Gedanken oder Bild oder bloß dem Gefühl einer Schneeflocke, die auf der Nasenspitze zerschmil... So, jetzt aber nicht gleich durchdrehen, denn gegen Ende der Woche werden die Schritte, die da müde durch den Schnee stapfen, schwerer bereits. Mein Freitag, der 13. Bis ich ans Tor der großen Fabrik gelangt bin, sehe ich aus wie ein wandelnder Schneemann, ein schwarzer Schatten, auf den Streifen um Streifen weißer Schnee sich gelegt hat.
Bei Good Winter erinnert man sich an den Valentinstag der 3 Akkorde. Morgen ist wieder Herzchentag. Wer dazu etwas sagen möchte, hier ist die Gelegenheit (via Gedankenträger). Die Hälfte der Notizen habe aber ich bereits befüllt. Ich liebe euch mehr als den Schnee, der endlich das Schreien erstickt.

Montag, 9. Februar 2009
Regnete es durch deine Löcher rein.
Manchmal flickte dich meine Mutter,
Am Ende blieb der Fäden Schein.
Fünfzehn Jahre waren wir uns nah. Fünfzehn Jahre warst du mein Begleiter, beständiger als jede Frau in meinem Leben. "Formtreu" seist du, das hattest du versprochen, und vielleicht ist das die einzige Treue, die es heutzutage gibt. Fünfzehn Jahre warst du mir Geländer, ein Halt, eine Decke, an regnerischen Tagen manchmal auch ein ganzes Zelt. In deine Schultern sickerten Tränen, an deinen Kragen rieb sich Puder, an die Ärmel Bier und Rotz. Das Alter, die Erfahrung verliehen dir einen Glanz, den manche schäbig nannten. Für mich warst du mein schlecht gekämmter Hund: Im Spülsaum unter den zerrissenen Taschen sammelten sich Büroklammern, Kinokarten, Staub und Sediment, eine abgetragene Existenz und schurwollener Fingerabdruck.
Schließlich kam der Tag, wie diese Tage endlich kommen. Wir mußten uns trennen, waren auch die Herzen schwer. Dir alles Gute, Freund, und sorg' dich nicht um mich.

Sonntag, 8. Februar 2009
like I look back .
(The Duke Spirit, "My Sunken Treasure".)
Regnerische Nacht. Der Geist der Jon Spencer Blues Explosion scheint in mich gefahren zu sein, meine schweren Schuhe schieben durch die Pfützen, zersprengen die Spiegelungen der Neonlichter in hundert kleine Funken. Ich betrachte mein Scherbengesicht. Irgendwo hustet ein Hund.

Minni Bar. Dort verbrachte ich einst einen meiner wunderbarsten Abende mit einer ebenso wunderbaren Frau. Ich war nicht wenig in ihre aufregende Sanduhrfigur verliebt, und sie wußte das genau. Während belanglos gewordene Musik meine noch weitaus belangloseren Worte untermalte, genossen wir beide die Situation, denn wir beide wußten, daß wir nur Schauspieler waren. In unserem eigenen Film. Sie mochte das, sie lachte, und ich war bereit zu inszenieren. In der Tasche trug ich den Schlüssel zu einer Wohnung ganz in der Nähe, in der wir den Rest der Nacht verbrachten. Im stillen Gebet, bei dem wir uns gegenseitig unsere Sünden beichteten, lachten und den fremden Geruch atmeten, wie ihn nur unbekannte Räume haben. Am nächsten Morgen fuhr sie nach Hause, ich räumte die Wohnung auf, verschloß die Tür und traf ein paar Leute in einer Galerie, wo man die Reste einer Party zusammenräumte.
Jetzt, Jahre später, bin ich ein verkrachter Drehbuchautor, der für die Degeto interessante Hollywood-Stoffe auf deutsche Verhältnisse überträgt. Gerade arbeite ich an Da wo die schwarze Schlange murmelt (das Wort "stöhnt" ist für die Degeto zu hart), nach einer Vorlage mit Samuel L. Jackson. Darin wird Hansi Hinterseer (angefragt) eine junge gefallene Dorfschöne mit Heimatmusik und Bibelsprüchen von ihren losen Neigungen heilen, während er sie in seiner Almhütte an der Wasserpumpe angekettet hält.
Was für ein Blödsinn alles möglich ist. Nach ein, zwei Bieren in der Nacht.
Never let go.

Freitag, 6. Februar 2009
Ach. Dafür war also dieser Knopf.

Donnerstag, 22. Januar 2009
Absichten des Doktors von neuem an. Heute hat er ganz neue,
nicht benutzte Äxte, Sägen und Hämmer auf die in den Garten
führende Veranda gestellt. In meinem Schlafzimmer und im
Korridor werden außerdem zwei Gewehre, ein Revolver und eine
Menge Äxte aufbewahrt, die viel zu groß sind, um im Haushalt
gebraucht zu werden.
(August Strindberg. Aus meinem Leben.)
Ein trittfest mit Abfall und Angespültem gepflasterter Weg, ein Pochen an der Tür. Die Heimwerker-Saison steht dort, scharrt auf der Fußmatte, ein Lied auf den Lippen zwischen denen ganze Reihen silbern glänzender Nägeln stecken, bereit für die große erneuernde Frühlingstat. Dieses Jahr (Danke Mars!) wird das Jahr der Durchbrüche, Neuverschraubung, Heimauskleidung. Binford-gepushed, ToniToniToni!-getrieben und Meiklokjes-gedengelt werde ich spachteln, und drillen und kleben und fugen, ein Werk gilt es zu schaffen. Das Haus soll schöner werden, wenn die neuen Freunde kommen. Und am Ende malt mir Bob Ross eine hübsche BergSeelandschaft ins Eck.

Montag, 19. Januar 2009
Der Januar ist für gewöhnlich ruhig.
Das Wochenende bietet für gewöhnlich zu wenig Schlaf.
