Freitag, 21. Oktober 2005
Endlich wieder angezittert werden. Endlich wieder Zischelwinde über stoppeligen Äckern. Endlich wieder Verfall in den porös geword'nen Knochen und Schauer und Ahnung der Endlichkeit auf der schrundigen Haut. Wer zum Wochen- und Weltende seine grau- und schimmelgrüngefärbten Augen mit den Visualisierungen labyrinthischer Kellergedanken füllen will, ist bei den mittlerweile sieben Ausgaben von Spartan Dog richtig.
Fotografen und Grafiker wie Matt Lombard, J. R. Rossbach, Chad Michael Ward und Robert Gregory Griffeth u. a. öffnen hier ihre staubigen Schatzkästlein und zeigen makaber Lüsterndes, mehr als Totes, Kitschig- und Tandiges und unverzichtbare Haushaltsgeräte.
Morbid? Mitnichten, Madame. Sweet Dreams are made of this...
Dienstag, 27. September 2005
Am Wochenende dozierte ich noch über die geheimen Schönheitsrezepte der aztekischen Frauen, natürlich vor ungläubigem Publikum. Der kleine Film
(35 MB), der auch aus meiner alten russischen 8mm-Kamera hätte springen können, führt ein wenig näher an dieses mythendurchtränkte Thema heran.
Freudianer und Kunstinteressierte wissen: Wenn nackte Frauenkörper sich in Fische verwandeln und Feuer aus weitgeöffneten Mündern schießt, dann ist Surrealisten-Zeit!
Ich hingegen schredder nun in meinen expressionistischen Supermarkt und lasse mich von inanimierten Objekten ansprechen. Pathetische Milch des Nachmittags! Stürzende Dosen und rollende Rettiche! Verludertes Mahl im fahlen Licht der Kühlgeräte! Pfandmarke nicht vergessen. Bis dann.
(via Miss Wurzeltod)
Samstag, 20. August 2005
Geschicktes Plazieren Glückliche Umstände führten heute dazu, daß ich an die Kasse meiner sexy Lieblingskassiererin gelenkt wurde. Wie ich mit meinem Stapel Pixies-CDs in der Warteschlange stand, fiel mir auch wieder ein, warum ich sie mag: Wir tragen eine sehr ähnliche Brille. Mit anderen Worten, die Frau hat Geschmack (und eine Stimme wie Kim Deal). Leider war sie mir gegenüber bislang mehr so butter wouldn't melt in her mouth. Aber heute nervte glücklicherweise der Kunde vor mir, weil er in aller Seelenruhe langsam und aufreizend umständlich seine eine CD an der Kasse eintütete und den ganzen Verkehr aufhielt.
Ich flötete irgendeine abschätzige Bemerkung, sobald er außer Reichweite war, und wurde mit einem entzückend-entnervten Augenrollen belohnt.
Oh! Stimmenversag. "Tschüß"-Piepsen!
Wahnsinnige Geschichte. Finde ich auch. Aber ehrlich gesagt, sollte dieses banale Geplapper jetzt nur darauf vorbereiten, mal einen Blick auf die wirklich hübsche Galerie von Simon Larbalestier zu werfen. Das ist der Fotograf, der in den 80er Jahren viele Fotos für die Pixies und andere 4AD-Bands gemacht hat. Schönes Schwarzweiß, viele Lith-Prints und Ansichten aus aller Welt.
Dienstag, 16. August 2005
Polly Becker heirate ich auch macht sehr erbauliche Illustrationen aus Schrott, alten Puppen, Krempel und Müll.
Ich liebe so etwas und werde in einem späteren Leben als Animationsfilmer wiedergeboren. Dann ziehe ich mit meiner Geliebten über die Müllhalden, draußen vor den brennenden Städten und... ich schweife ab.
Scott Irvine macht die Art von Schwarzweißfotografie, wie ich sie mag. Schönes Spiel mit Schärfe/Unschärfe (das meiste sieht aus wie mit der Holga fotografiert), assoziationsreich, geheimnisvoll und morbide. Seine Serie aus dem Mütter-Museum in Philadelphia ist ganz exquisit (Freunde der Fotografie von Floria Sigismondi werden einige Objekte wiedererkennen). Wer keine Holga hat, kann auch Tesafilm über die Linse kleben, aber das nur nebenbei.
Erneut merke ich: Ich glotz' zuviel bei anderen Leuten und mache zu wenig selber. Carpe diem (oder noctem, je nachdem).
Freitag, 12. August 2005
Apropos grüne Fee und Gedankenschwere: Ein Tag in meinem Kopf. Schönes Schwarz und Weiß im groben Korn. Sehnsucht und Begehren, Melancholie und der Staub vergangener Tage.
Montag, 8. August 2005
Sometimes it's hard to see the beauty of life in it's everyday form. If we could freeze little moments here and there that are normally very private, very intimate, very raw, and very real I think we'd learn to appreciate things with much more ease.
(Rebecca Tillett)
Rebecca Tillett hat wieder ordentlich an ihrer Seite im Netz herumgeschraubt.
Ihre Fotos, die Slut-Version von Cindy Shermans amerikanischer Entdeckungsfahrt von Gesellschaftsklischees und Geschlechterrollen, sind cross-entwickelte Bilder (weiblicher) Selbsterforschung. Identity! schreit es, und Kill Your Idols wohl auch. Das ist nicht unbedingt neu, und radikaler hat man das auch schon gesehen. Aber wenn die fragilen Momente genau richtig zusammenfallen, dann liebt man es, ist zärtlich berührt.
Da haucht es beim Stern "Autoaggression" hier und "SVV" da. So als hätte es in der Jugendkultur der letzten 30 Jahre irgendwann einen anderen Antrieb gegeben. Punk/Blog: Die fotografische Selbstentdeckung, das Schnappschußhaft-Inszenierte, der Trash-Faktor des Unfertigen, Dilettantischen: Menschen, die sich nicht entäußern wollen oder für Fotografie interessieren, kommen mir überhaupt nicht mehr ins Haus. Das Rauhe, Private und Intime - kleine Momente, die es zu fassen gilt.
Freitag, 5. August 2005
Ach, die Zeit, die Zeit, wo ist sie geblieben. Derzeit heißt das Motto, ihr macht am Brunnen so lange Überstunden, bis ihr brecht.
Dann schleiche ich heim, esse Schokolade und schaue, ob es Neues gibt beim Mindspine Network. Schöne Dinge oder schräge oder gar bizarre. Irgendein Augentrost für leergesaugte Seelen. Zum Beispiel die Fotografien von Keith Carter.
Und dann ein Hoffen, ein Hoffen auf das Wochenende.
Sonntag, 10. Juli 2005
Die polnischen Künstler Jaroslaw Kubicki und Bartosz Hervy präsentieren eine morbide Geschichte voll rostzerfressener Engel. Wie häufig bei solchen surrealen, industrial-erotischen Gespinsten aus der Gothic-Szene hier und da ein wenig geschmäcklerisch - was auch für die Musk gilt - aber die ganze Präsentation ist schon ein optischer Genuß.
Über das polnische Web-Zine Web-Esteem (die meisten Beiträge sind ins Englische übersetzt) gelangt man unter anderem zu Zbigniew Reszka. Der polnische Fotograf erinnert mit seinen zerkratzten Negativen und braungetonten Barytprints von Ferne an Gilles Berquet oder Emil Schildt. Pierre Molinier könnte einem noch einfallen, aber der fällt einem ja immer ein, wenn schwarze Strümpfe durch eine fotografische Retro-Ästhetik wehen.
Streckenweise recht "in da face", also nicht safe for work.
Sollte es heute noch regnen, drinnen oder draußen, gibt es auf Web-Esteem viel zu entdecken (z.B. Ken Merfeld). Für die sonnigeren Gemüter empfiehlt sich das weitaus konsensfähigere Photoblog von Philippe Hirou. Muß ja nicht immer alles düster und kaputt sein (a.k.a. "Lügt euch doch was zurecht"). Treiben lassen.
Samstag, 2. Juli 2005
Expressionistisch-surrealistische Bierreklame. So werde ich es heute abend halten. Denn ich hab' gute Laune wie ein andalusischer Hund.
Dienstag, 14. Juni 2005
100 Fotos aus dem Tokyo Kosupure Project von Otto Mittmannsgruber (via Ecrivains).
Schräges, Schönes, Street-Life, Subculture, Idol-Art - und der Impuls, einen Urlaub zu planen. Turning Japanese. Mehr Besessenheit, bitte. Obsession Bizarr. Raus aus dem blakigen Leben und mehr Entgrenzung. Jetzt. Stoische Ekstase, das wär's. Mein hara mit dem Messer umrühren. Sonntag morgen lief im Deutschlandfunk ein Bericht über einen Langstreckenschwimmer. Sein Ziel ist es, den Rekord für die Kanalüberquerung zu brechen, ehe er zu alt ist. Dann, wenn der Kampf gegen die Elemente endgültig aussichtslos sein wird. Träume. Franz Kafka, "Wunsch, Indianer zu werden".
Wenn man doch ein Indianer wäre, gleich bereit, und auf dem rennenden Pferde, schief in der Luft, immer wieder kurz erzitterte über dem zitternden Boden, bis man die Sporen ließ, denn es gab keine Sporen, bis man die Zügel wegwarf, denn es gab keine Zügel, und kaum das Land vor sich als glattgemähte Heide sah, schon ohne Pferdehals und Pferdekopf.
Ach, jede Wette, This Is Going To Make You Freak.