Der gefundene Satz, 22

Ich sehe um mich herum Kinder heranwachsen, die mich verachten. Sie kennen bereits den Preis eines Autos. Sie spielen niemals Räuber und Gendarm.

(Louis Aragon, "Das Schwarze Heft". Das Wahr-Lügen. 1980.)

Ex Libris | 23:23h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
pappnase - Montag, 26. September 2005, 23:31
schaun sie mal hier, das passt...

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calla - Montag, 26. September 2005, 23:56
klar gibts auch solche.
wahrscheinlich gabs die immer schon. ist wie bei den großen auch. da lernen sie es ja....aber die wilden, neugierigen, stillen, staunenden, berührbaren, lesenden, mutigen, frechen, forschenden, verwegenen, träumerischen, lebendigen.... kinder gibts auch. immer. überall. vielleicht schauen wir ja bloss nimmer so genau.

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kid37 - Dienstag, 27. September 2005, 00:06
Gott, ist das gruselig. Ich habe während des Studiums in einem Rundfunkladen gejobbt und war damals schon entsetzt, wieviele Zwei- und Dreijährige vor dem Fernseher geparkt wurden. Heute haben die meisten wohl schon ein eigenes Gerät plus DVD-Player.

Meine Kinder hätten da nichts zu Lachen. Aber deshalb habe ich wohl auch keine. Die wollen doch keinen Vater, der denen kein Mobiltelefon spendiert.

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calla - Dienstag, 27. September 2005, 00:25
meine nichten...
haben all das zeugs, das man so haben muss. (dvds - gibt es das noch, herr kid?) und lieben nichts so sehr wie viiiiel zeit mit einander haben, geschichten erzählen & hören, abenteuer erleben, sich gruseln & zerkugeln vor lachen, geheimnisse haben und all das. die finden das cool, dass zwei ihrer tanten kein handy haben & manchmal noch richtige briefe schreiben. (für eigene kinder bin ich natürlich viel zu feig.)

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kid37 - Dienstag, 27. September 2005, 02:43
Ich kann auch nur theoretisieren, aber ich denke auch, daß Kinder spiegeln, was man selbst ausstrahlt oder an Lebensart hat. Es ist wie mit den meisten Menschen: Man wünscht sich im Grunde kein Boot, kein Cabrio und kein Pferd, sondern mehr Zeit für einander. (Ich bin Einzelgänger, ich wünsche mir natürlich nur Zeit für mich.)

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blue sky - Dienstag, 27. September 2005, 03:04
Dabei hätte der Gedanke was, wie Sie so mit ihrem Nachwuchs auf dem Schoß sitzen und ihnen das englische ABC beibringen. :-)

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kid37 - Dienstag, 27. September 2005, 03:14
Aaah! Die The Gashlycrumb Tinies! Das ist eines meiner Lieblingsbücher von Edward Gorey - und ich habe sehr viel von ihm. Meine absolute Lieblingsgeschichte von Gorey ist allerdings "The Hapless Child". Ganz große Tragödie.

Übrigens liebe ich Alphabet-Bücher. Das Gruselalphabet von Lilian Mousli ist auch toll und ja sehr von Gorey beeinflußt. Ich wollte zu diesem Thema übrigens sowieso einen Blogbeitrag schreiben, denn ich habe jetzt eins mit leichtbekleideten Zirkusartistinnen in Ringelstrümpfen, auch sehr nett.

Meine Kinder bekämen eh nur subversive, böse Bücher. Also mindestens Tomi Ungerer und dann diese finsteren skandinavischen und anglo-amerikanischen Kinderbücher. In Deutschland wird ja auf dem Sektor meist nur so ein Tutti-Mist veröffentlicht. (Weil nur Omas diese Bücher kaufen und denen müssen sie gefallen. Pöh.)

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shako - Dienstag, 27. September 2005, 03:33
Die Araberkinder bei mir um die Ecke ...
... wissen vielleicht noch nicht, was ein Auto kostet. Dafür fachsimpeln sie über die Kaliber von Handfeuerwaffen. Und das Lieblingswort aufm Kinderspielplatz ist "Bombe" ...

PS.: Kann ich dann mal sone kleine Lektüreliste für meinen Kleenen bei Ihnen in Auftrag geben, wenn Sie sich da auskennen (Göttinger Jugendbücher und so? Meinetwegen auch ein paar böse ... )? Der ist zwar erst 2 Jahre und 4 Monate, aber die ersten Buchstaben kanner schon ...

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kid37 - Dienstag, 27. September 2005, 03:48
Die GJB sind zu hart für junge Menschen. Da atmet Staub und trockene Ideologie einer bleiernen Zeit. Wirklich toll ist aber z.B. William Joyce
Zu Gast bei Willi Robinson, das jetzt von Disney verfilmt wird. Wirklich sehr liebenswert, skurril und surrealistisch - also genau das, was große Kinder brauchen. Ihrer muß allerdings noch ein wenig warten.

Dem würde ich ja an Ihrer Stelle ein kleines Lexikon basteln: Mein erstes Bildwörterbuch. Dann aber nur Fotos und Zeichungen von Berliner Spielplätzen. Waffen, weggeworfene Spritzen, Schrott, die ganze Alltagswirklichkeit eben ;-)

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obiwanki - Dienstag, 27. September 2005, 09:45
kommt mir bekannt vor
Die Häme der Kinder, erinnert mich doch irgendwie an Traumnovelle. Und dabei fällt es einem wirklich nicht leicht, als Eltern so zu werden, wie man sich es damals als Kind immer vorgenommen hat.

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ladys smock - Dienstag, 27. September 2005, 20:54
Heute operierte ich ein Buch, skelettierte es. "Voyage autour du monde. 1838 . Sur la corvette la coquille. Par P. Lesson"
Zwei Bände über die Südsee. Handkolorierte Stiche von Paradiesvögeln und anderen Wundertieren.
Damals kaufte man oft das unbeschnittene, schon gefalzte, rohe Exemplar, schnitt die Seiten auf. Einzeln. Eroberte den Inhalt wie auf einer Reise, entdeckte Schönheiten in Bildern und Texten. Schnitt das Buch in seine Einzelteile und gewann ein großes Ganzes.
Und dann nach der ersten Entdeckung ging man zum Buchbinder und ließ sich seinen Schatz binden - je nach Geschmack und Phantasie.
Man bekam es zurück nach einiger Zeit.
Der Kern war der gleiche. Doch das Äußere veränderte und verschönerte alles.
Ist es nicht ähnlich mit unseren Kindern?
Wir entdecken und staunen darüber was in ihnen steckt.
Bis sie weggehen und dadurch noch schöner wiederkommen.

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kid37 - Mittwoch, 28. September 2005, 00:22
Wundertiere muß man zu schätzen wissen. Sie brauchen Aufmerksamkeit und Hingabe. Entdecken und Bewahren sind Zauberworte der Jäger und Sammler. Wer dann noch zur rechten Zeit loslassen kann...

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ladys smock - Mittwoch, 28. September 2005, 00:47
.. die besten Hilfsmittel hat das Leben selbst gegeben:
Initiation und Pubertät

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kid37 - Mittwoch, 28. September 2005, 00:57
Hm. Initiation wird kaum noch betrieben. Ähnlich wie die Pubertät wärt sie ewiglich. In die Länge gezogene Prozesse, keine echten Schwellen mehr. Teilweise lebe ich ja auch noch im ewigen Kinderzimmer. Statt Bäume zu pflanzen oder Häuser zu bauen. Oder einen Hirsch mit bloßen Händen zu töten und auszuweiden.

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arboretum - Mittwoch, 28. September 2005, 01:14
Bäume hat's bei mir ja eigentlich genug, Häuser könnten Sie als Rentner ohne Rente besetzen, also vielleicht fangen Sie am besten mit der Hirschkuh an. ;-)

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ladys smock - Mittwoch, 28. September 2005, 01:31
Vielleicht rede ich zu leicht darüber. In einem Dreimäderlhaus (um das Hexenhaus noch ein bisschen zu beschönigen) treibt einen die Pubertät zu radikalen Entschlüssen, die ein baldiges Ende des idyllischen "Familienzustandes" vorhersagen.
Jeder wird versuchen sein Kinderzimmer mitzunehmen, aber nicht gleich nach downunder.

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kid37 - Mittwoch, 28. September 2005, 01:33
Muß es nicht ein Hirsch sein? Mit wehrhaftem Geweih, aus dem dann Knöpfe geschnitten werden oder Messergriffe geschnitzt?
So oder so, eine mutige Tat ist gefragt. Da haben Sie recht.

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arboretum - Mittwoch, 28. September 2005, 01:37
Nein, in Ihrem besonderen Falle eine Hirschkuh. Unbedingt.

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ladys smock - Mittwoch, 28. September 2005, 10:37
Nicht nur die Hirschkuh.

Wir brauchen Exzessives. Unverschämtes. Offenes. Berauschendes.
Extremes - unter Ausschluss von Gewalt - gibt Wege frei.

Kinder, Jugendliche können nur immer weiter gehen als wir.
Wir, die wir dachten, wir hätten schon die Grenzen überschritten.
Die Antwort soll nicht nur Toleranz beinhalten, sondern eigene Meinung festsetzen.

Nicht umsonst ist Ihre Seite so beeindruckend und interessant.

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