It's me!



Das Schöne am Reeperbahn-Festival ist ja, daß man da nicht darauf achten muß, ob man das coolste T-Shirt anhat oder die Schuhe spitz genug sind. Einfach alte Akkreditierungskarten und Backstage-Pässe herausgekramt, alles umgehängt wie winters einem Weihnachtsbaum, und schon erreichen einen auch als älteren Herren eine Menge großäugiges Geklimper und freundliches Geschau. Man ist eben parkettsicher hier in Hamburg, und wenn irgendwo eine Rock'n'Roll-Veranstaltung mit jungen Leuten ist, dann füge ich mich ein, passe ich mich an, ganz als gehörte ich dazu. (Auch bekannt als "Schulze-und-Schultze-Methode" und für exotische Reiseorte sehr empfehlenswert.)

Das nächste Mal nehme ich vielleicht einen abgewetzten Gitarrenkoffer mit, auch um meine Schätzchen von der Flatstock-Poster-Convention, die zeitgleich zum Festival stattfindet, nach Hause zu tragen. Dieses Jahr hatte ich Geld vergessen und wollte mir mit den mitgeführten 25 Euro gleich ein Limit setzen. Das reichte für einen hübschen Druck für Sleater Kinney. Erst ein Kollege mußte ich darauf aufmerksam machen, daß in einer schummrigen Ecke ein Plakat mit hohem Schwarzwertanteil hing. "Mulder, it's me" rief es mir entgegen, als ich erstmal die Brille geputzt hatte. Fast verpaßt, denn wahrlich lange ist es her, daß mir eine schöne Rothaarige hinterhergerufen hat! Alles nur, weil ich so mit VIP-Karten dekoriert war wie ein Weihnachtsbaum!

Derart auf der Reeperbahn willenlos gemacht kam es, daß ich erstmals in meiner Zeit in Hamburg diesen berühmten Geldautomaten an der "sündigen Meile" benutzen mußte, um nachzutanken. (Ich schätze, morgen ist das Online-Konto leergeräumt, an diesem Ort muß man ja mit allem rechnen.) Aber wenn man den Hals voll Backstagepässen gehängt hat wie ein Weihnachtsbaum, kann man schon mal coole Sachen machen. Um ein paar Maak bestückter, konnte ich dann die Nummer 6 von 8-und-unleserlich erwerben. (Wäre es eine "37" gewesen, ich hätte nicht überlebt.) Ich hoffe, ich kann recht bald in ein schönes Schloß umziehen, mir fehlen daheim wirklich die Wände.

Radau | 20:10h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
nnier - Sonntag, 27. September 2015, 22:49
Zumal ich mit Schrecken feststellen musste, dass auch stabilste Papprollen im Keller den Verfall solchen Wandschmucks nicht aufhalten können: Was nicht vermodert, wird garantiert angeknabbert. Dann doch lieber an die Wand damit, da bekommt man wenigstens mit, wenn was rieselt.

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kid37 - Sonntag, 27. September 2015, 22:56
"Der Kiefer haart!" Ich bin mir nicht ganz sicher, ob da nicht wieder Tom Kummer das Interview geführt hat, es ist auf jeden Fall amüsant.

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