Samstag, 15. November 2008


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Wie sich noch die banalste Tragödie am Ende in eine Farce wandelt.

| von kid37 um 13:56h | 7 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Freitag, 14. November 2008


Tadellöser

Die letzten Tage feiern wir einige Ausstandspartys. Man trinkt sein Bier, ißt etwas von der Notration, steht zusammen, wie auf einer Eisscholle, die abdriftet. Ringsum schmilzt das Eis, wir drängen uns weiter zusammen, ab und an fallen welche über den Rand; da muß man eben cool bleiben, meint einer. Ich sage, laßt uns Titanic spielen, und hinten summen ein paar "Nearer My God To Thee".

Es ist aber auch schön, dieser Moment, da alle spüren, wie sich etwas ändert, etwas sich neigt, auch neu beginnt dann irgendwann. Alte Kollegen schauen herein, es gibt viel Hallo, stummes in-den-Arm-nehmen, manche küsst man, die vielen Jahre, sieben, elf oder achtzehn. Menschen, die man lieb gewonnen hat, auf ihre Art oder auch eigene Art, Menschen, mit denen man mehr Zeit verbringt als mit den Liebsten daheim oder denen, die man am Wochenende trifft.

Ich denke, wie oft man strukturiert und umstrukturiert, Menschen neu zusammensetzt und sich dabei selber neu zusammensetzt. Wie Leichtigkeit verlangt wird, die Fähigkeit nämlich, Bindungen zu lösen, zu vergessen, und groß zu bejubeln, was neu erscheint. Wir aber sagen, fuck you, good night, danke, und mit uns zieht die neue Zeit, und die wird bekanntlich super.

Wir wippen zur Musik, Robbie singt was von Abschied, so ein Scheiß, einer erzählt noch vom Setbesuch. Wir tauschen Namen, ich lache (nach innen), es sind doch immer dieselben Gestalten. Und dann noch die, die ihre Lügen per Anwalt deckt.

>>> Emotional Landscapes


 


Donnerstag, 13. November 2008


Als das Meer verschwand*

Wovon singt sie da?
Von Liebe.


Geht es in unseren Liedern nicht immer darum? Gemeinsam im Regen naß werden.


* Großartiger Film übrigens.

Super 8 | von kid37 um 16:23h | 2 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Mittwoch, 12. November 2008


Wir haben das eben immer ein bißchen anders gemacht als andere, ich glaube, so muß man das am Ende sehen




Ich habe dieses Jahr viel Selbstgemachtes zum Geburtstag bekommen. Kunst. Selbstgeschossene Fotos, selbstgestaltete Objekte, selbstgeschriebene Bücher, selbstübersetzte Bücher, selbstgebundene Bücher, selbstbedruckte T-Shirts, selbstgemalte Bilder, selbstgekelterter Wein, selbstgetanzte Tänze - ich mag es, wenn Menschen selbst etwas tun, statt nur davon zu reden.

Heute erreichte mich noch ein Päckchen, das mich besonders rührte. [Liebe Post: Mir ist jetzt klar, warum das in den USA nichts wurde. Es war am 27.10. abgestempelt, wegen eines simplen Zahlendrehers in der Postleitzahl aber bis jetzt unterwegs, wohl mit einem Umweg über die Schweiz, Zwickau und das Büro von Herrn Schäuble, in dem sicher gerade heute auch sehr gefeiert wird.] Die Sache mit der Mosel wird jetzt niemand verstehen, das macht aber nichts. Ist trotzdem wichtig, auf eine Art.

Weil ich Menschen in meiner Umgebung mag, die sich nicht gezwungen fühlen, die verstehen und ihren und meinen Humor bewahren.


 


Dienstag, 11. November 2008


Erleben gehen




Für eine Berliner Produktionsfirma schreibe ich gerade das Treatment meines langerwarteten Drehbuchs "Kleines Herz auf großer Reise"1. Ein Waisenkind beschließt... usw. usf. Das ist alles ziemlich aufregend und spannend, und ich höre schon die ganze Zeit im Kopf das Gefiedel der Degeto-Musik, die sich wie eine üppige Schicht Leichtmargarine über die goldgelbgefärbten Landschaftsbilder legen wird.

Am meisten gelacht habe ich immer bei den kleinen Abenteuern am Rande der ganz kleinen Straßen. Tiere werden ja immer gerne genommen, weshalb in meinem Drehbuch eine prominente Rolle auch ein kleiner Hund besetzen wird. Manche albernen Witze würde ich natürlich im Rückblick nicht mehr so albern reißen oder sie zumindest nicht ganz so selbstgefällig wiedergeben, aber in so einen Freitagabendfilm packe man ruhig alles rein, rühre es kräftig unter.

Läuft schon. Und der Rest versendet sich. Gewöhnen muß ich mich an die, die mit einem Bein innerhalb, mit einem Bein außerhalb stehen. Auf dem T-Shirt steht: Wir sind im Team. Also in allen. Die Gepflogenheiten des Systems, wenn drüben, Musik im Studio B, die Scheinwerfer vielleicht heller leuchten. Die Rücken sind biegsam, alle gute Freunde und Herzblut kommt in Ampullen aus der Requisite, es ist am Buffet genug für alle da. [Drink doch ene met, stell dich nit esu ann, ein Branchenproblem übrigens.]

What goes in, must come out. Heute morgen, die U-Bahn-Treppen hinauf, die ältere Frau, die einen großen Pappkarton an einem Griff trägt, wie einen Koffer. Der Schriftzug eines Hygieneartikelherstellers prangt auf der Seite, darüber in groß, sehr groß: "Blasenschwäche im Griff". Wie witzig Designer sein können. Das muß unbedingt rein in den Film, das Leben nämlich.

"Nach einer Überlegung des Publizisten Harry Pross drückt sich Macht und Herrschaft auch darin aus, in welchem Umfang jemand die Lebenszeit möglichst vieler Menschen okkupiert; real, indem er Menschen beispielsweise in Kriege schickt, oder - was heute kraft der Massenmedien wesentlich effektiver ist - indem er das Bewußtsein der Menschen mit bestimmten Vorstellungen und Gedanken besetzt."2

Als agitatorisches Medium genutzt, kann der Film, genauer: dieser Film, also "Kleines Herz auf großer Fahrt" nämlich, die Menschen aufrütteln, beschäftigen, das Handeln und damit das Sein verändern. Natürlich ist dies eine Frage von Macht und Herrschaft, aber es dient ja einem guten Zweck. Denn dieses Waisenkind... Ein ehemaliger Star aus der "Schwarzwaldklinik" spielt vielleicht mit, so weit sind wir in den Gesprächen noch nicht. Sicher habe ich auch schon zuviel verraten, man schweigt in der Branche, streut falsche Fährten, es wird soviel geklaut, man muß sein Wasser halten und redet besser von Projekten, wichtigen Projekten und denen, die von Herzen kommen. Die Dreifaltigkeit des Projektewesens. Die Inhalte indes gründeln tief wie verliebte Fischchen im Schlick.

Die weinen nicht, wenn der Regen fällt. Erst sollte der Film "Badlands - Zerschossene Träume" heißen, aber man bedeutete mir, den gäbe es schon und ein solcher Titel passe nicht auf den Freitagabendtermin. Man erlebt sich besser was zurecht. Nicht stehenbleiben, losziehen. Kleines Herz auf großer Fahrt. Ein Knaller.

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1 Titelschutz beantragt.
2 Enno Kaufhold, "Paparazzi: Akteure der Ablenkungsindustrien". Photonews, 11/2008.


 


Montag, 10. November 2008


Von denen unter Wasser



Auch darum geht es schließlich im Leben: Sich immer wieder aufs Neue faszinieren zu lassen. Abtauchen, eine stille Welt entdecken, mal "Ach" sagen oder auch "Oh". Die Axlotls aber sind zu weit weggesperrt, da tröstet auch der geringelte Bambushai nicht sehr. Was fehlt, sowieso, ist das einst erlebte Überwältigungsmoment, das Gefühl für Größe und Tiefe, ohne den Kitsch eines Fantasialandes.

Es gibt ausgesprochen griesgrämige Fische, als lebten sie in einem ewigen November.


 


Freitag, 7. November 2008


Stimmer, stummer

Die Schablonensprüche, die manchen so unbezahlt aus dem Munde purzeln, das Ach-ich-freu-mich-so-Getue - morgens, abends, immerzu - an den Tagen (und die Nächte, Herr Kid?), an denen bloß feuchter Nebel durch Ritzen und Fugen einen Weg sich bahnt, an denen man Hände sucht für einen kurzen Druck, für den Halt, für die Erinnerung an ein Verlangen, an diesen Tagen soll Stille sein. Das Reflexgerede, der Postkartentrost - ein Schild hängt man raus, auf dem "Keine Werbeversprechen" steht. Ernstes Schweigen, feine Linien ziehen. Heute sehr viel Papier zerknüllt, Worte dem Papierkorb zugeführt. Sie wären zu leise gewesen, immer noch zu leise. Selbst das trockene Rascheln der Blätter klingt lauter unter dem Schritt.