Manche meinen ja, sie hätten alles schon gesehen. Stierhatz in Pamplona, anonymer Gruppensex mit Umschülern, Menschen, die sich Fleischerhaken durch Vor- und Rückenhaut schieben und an der Decke aufhängen oder die Teilnahme an der Jim Rose Circusshow. Wer dieses alles als Höhepunkte seiner Wanderungen durch die Labyrinthe der Subkulturen hielt, der hat das Schönste noch vor sich.
Denn ich war heute auf einer Meerschweinchenausstellung. [sic!]
Für 1,50 Euro Eintritt (Kinder die Hälfte) gibt es in dieser Stadt keine amüsanteren käuflichen Sonntagnachmittag-
vergnügen. Dachten sich wohl auch die Veranstalter und bewiesen Humor, in dem sie das Ereignis in einer Schule in der Meerweinstraße [sic! sic!] abhielten. Gleich zu Beginn wartete ein Spalier aus Ständen mit Informationsmaterial des "Meerschwe*nchen-H*bby-Club e.V. Hamburg", Heimtierbedarf und Merchandising, die Tischdeckchen mit aufgestickten Nagern, Einkaufsbeutel mit aufgestickten Nagern und Gästehandtücher mit aufgestickten Nagern anboten. Eine Vitrine aber gab Rätsel auf. Was soll das sein? Die Jahresschau des Kunstleistungskurses 11/2? Eine Nagelschlagfalle für entlaufene Kleinheimtiere?
Im Saal dann aber die preisgekrönten Ausstellungstiere. Wer das gemeine Meerschweinchen bislang für ordinäre Nager der Gattung Caviidae hielt, konnte hier etwas erleben. Gleich im ersten Käfig zitterte mich ein verängstiges braunlockiges, durch den Wind geschossenes Haarteil an. Es folgten knopfäugige Handfeger mit Puschelperücke und langmähnige Hippie-Nager der Neigung "Let your Schamhaar grow". Dazwischen hin und wieder frech-starrende pantherfarbene Kurzhaarfreggels mit weißem Irokesenkämmchen auf dem Kopf. Man war geneigt, in der Tasche nervös nach "'nem Euro" zu suchen. Nur der Käfig eines laut Züchterzettel korrekt so bezeichneten "Rosettenbocks" war leer. Der trieb sich wahrscheinlich gerade in einem Darkroom auf der Reeperbahn herum, der alte Rosettenbock. Na, der hat aber was verpaßt!
Leider mochte ich der versammelten Rodentia nicht ins Gehege blitzen. Die armen Tiere standen sowieso schon unter verschärftem Beobachtungsstreß. Zudem hielten ironieresistente Züchter ("Taugen die eigentlich auch als Schlangenfutter?") eifersüchtig Wache über ihre den Augen des Mobs preisgegebene Brut. So ist die Fotoausbeute leider sehr gering.
Das Publikum war übrigens sehr gemischt. Neben der von mir auch erwarteten Fraktion der mit Anti-Schielbrille und Zahnspangen bewehrten Vorschulkinder und ihren jeweiligen geduldig-genervten Erziehungsberechtigten gab es durchaus erwachsen wirkende Menschen, die sich der Sache mit auffälligem Ernst widmeten. Ältere Damen wie immer ausgenommen, aber mittelalte Herren vom Typ biederer-Nachbar-der sich-später-als Serienmörder-entpuppt können auch schon mal verdächtig wirken.
Auf der nächsten Ausstellung bin ich übrigens wieder da. Ich muß doch wissen, ob mein Favorit, Nummer 48 (die Nummer 37 war übrigens langweilig), gewonnen hat.
;-)
Die Freunde der "Meeries", wie sie wohl von ihren Besitzern genannt werden, halten hier nicht nur einen der prägnantesten Domainnamen sondern auch viele Informationen über die possierlichen Nager bereit. Die nächste Ausstellung scheint erst im Oktober zu sein. Da sind wir dann aber alle da, oder?
Edit: Sehe gerade, einmal im Monat gibt es ein "Schnuppertreffen". Köstlich!
"Spezielles für den Bock:
Penis und Perinealtasche müssen regelmäßig kontrolliert und ggf. gesäubert werden. Ansonsten könnte es zu einer Penisstrangulation kommen [...]. Folgen wären Lähmung und Amputation. [...]
Pillemätze reinigen [sic!]
Man nehme ein männliches Schweinchen [Anm.: Sagen Sie bloß!], jede Menge Ohrenstäbchen, ein Schüsselchen mit Babyöl [,] ein Blatt Küchenkrepp. Man lege sich alles in Reichweite und das männliche Schweinchen auf den Schoß, dann auf den Rücken drehen und ein Ohrenstäbchen in Öl tunken und erstmal die Perinealtasche säubern. [...] Keine Angst [,] so ein Ohrenstäbchen passt da locker rein.
[Anm.: Auweia!]
[...] Wenn dann die Tasche sauber und gut geölt ist [,] kann man meistens beobachten [,] das [sic!] der Pilli schon von alleine rauskommt. Wenn nicht, den Pilli vom Bauch aus rausdrücken und dabei die Vorhaut nach hinten schieben. Dann liegt ein rötliches, lilafarbenes Prachtstück vor einem [...]. Die Unterseite vom Pilli ist ein wenig rauh, da am besten in Körperrichtung säubern und aufpassen [,] das [sic!] keine Wattefusseln hängenbleiben. Wenn der Pilli dann sauber ist [,] noch mal die Finger in Öl tauchen und den Pilli schön einölen und wieder eintüten. Fertig.
Eigenartigerweise lassen auch zappelige Böckchen es gut über sich ergehen." [Zitat Ende]
Da draußen gibt es eine ganz, ganz fremde Welt.
So oder so, ich bin schockiert. Vielleicht sollte ich doch aufs Strickbloggen umsatteln ;-)
"Hab ich so viele Leser mit Perinealtaschenverschmutzung?" -Nun, viele vielleicht nicht. Aber nach dem, was ich da neulich lesen mußte, liegt zumindestens ein Anfangsverdacht nahe ;-)
Aber nun wissen ja alle, wie es geht. Die Meerschweinchenwelt ist bestimmt nur eine Metapher für das richtige Leben. Ich bin immer noch völlig under the influence.
Wenn Du so weitermachst, sehe ich mich glatt gezwungen, diese absurde Veranstaltung auch mal zu besuchen. Nächstes Bloggertreffen findet dann im Vereinsheim der Meeriezüchter statt ;-)
lass uns Meerschwein säubern spielen:O)
Na?
ich hab stäbchen und öl da...kommst rüber auf dem rasentrimmer?
:O)
wäre das ein Anlass?
Die Angebote sind sehr verlockend, aber um diese Zeit den Rasentraktor anzuwerfen - ui, das gibt Ärger mit den Nachbarn. Ich trinke von hier aber aus einen gepflegten Weißen mit!
Tja, Meerschwein oder Mann. Nachdem ich das von dem "rötlich, lilafarbenen Prachtstück" gelesen habe, wüßte ich nicht, wie man da als Frau entscheiden sollte. Ich halte mich da mal ganz vornehm diplomatisch zurück. Von solchen Dingen weiß ich nicht viel.
Ich hatte aber mal selbst ein Meerschweinchen. Das hieß Gustav. Später kam es zu meiner Tante, denn die lebte etwas ländlicher und hatte nette Kaninchenställe. Leider gab es dort auch einen gefräßigen Marder, der auch mein Meerschweinchen auf dem Gewissen hat. Ein schrecklicher Tag, als mir mitgeteilt wurde, Du, der Gustav ist tot. Da war ich neun. Seitdem wirke ich wie ein kleiner Junge aus einer Geschichte von Edward Gorey. Darauf einen Cremant!
doch dann hab ich auf der vereinsseite noch den link zu der domain mit dem wohlklingenden namen http://www.monsterfront.de gefunden.
nomen est omen ?
(ein meerschweinchenhasser)
Zitat:
"[...] ein Mensch kann seinem Meerschweinchen den fehlenden Partner nicht ersetzen. Selbst wenn er sich 5 Stunden am Tag um sein Meerschweinchen kümmert, ist es doch trotzdem lange 19 Stunden am Tag alleine. Und wer will so schon leben? Sie vielleicht? Sehen Sie - und Ihr Meerschweinchen will so auch nicht leben [...]"
Hier Anwesende natürlich ausgenommen.
(Ich muss sowas ja wissen, sonst kann ich nicht einschlafen. Die Dinger auf dem zweiten Foto werden nicht auf die Meersau sondern an den Käfig geschnallt, damit die Nagetierchen dran knabbern können.)
In diesem Fall waren es humanoide Formen aus Blech, Nägeln und Schrauben, die auf Holzstücke montiert waren (8. Klasse). Sehr bizarr, aber man muß diese kleinen Racker ja ermuntern.
Also: Weiter so, 8. Klasse! Besser als Klebstoffschnüffeln hinter dem Fahrradständer!
Aber der Eintrag hat mich doch SEHR erheitert. Ich war noch nie auf soner Ausstellung...