Freitag, 2. Mai 2008


Heraus zum ersten Mai



Demotag in Hamburg, Schwarz gegen Grün, Schwarz gegen Braun, alle gegen alle. Am 1. Mai dann angenehm sonnige Ruhe zwischen Marktstraße und Schanze. Verborgene Winkel schauen, kleine Läden, die Veränderung, das Geschriebene an der Wand. Bis einer heult. Oder die Mutti was sagt.



Man kann über so vieles sauer werden. Oder es lassen. Eine Fliege in die Suppe werfen oder als Strick um den Hals tragen. Man darf sich nur nicht in der Sonne stehen, lieber gemeinsam sitzen, bei einem Kaffee. So wie heute, als verliebte Paare an den Tischen sitzen, sie fährt ihm sachte durchs Haar, er erklärt die Weltformel und hat für einen Moment keinen Blick für ihr Lachen, das zu mir herüberblitzt.



Am Ende des Tages, so sagte der Vater, muß man wieder zusammensitzen können. Ich atme milde Luft, versuche, schlaflose Nächte zu vergessen, den ungerechten Zorn und den gerechten auch. Am Ende eines langen Tages, einer Wanderung durch Trümmerland, merke ich, wie ein Teil der Ruhe zurückkehrt.



Am Abend also mein nächstes Bekenntnis zum Spießer, das letzte Wort zum Nachtgebet: Ich gebe alles zu. Heute habe ich einen Rauchmelder installiert.


 



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Als wären nie die eigenen Messer scharf.

| von kid37 um 05:42h | | Link

 


Mittwoch, 30. April 2008


Winde dein buntes Band...



Aaaah, heute morgen, als ich an meinem Basilikum schnüffelte, einen tiefen, bewußtseinsverachtenden Zug tat, wurde mir klar: Es muß endlich Frühling sein. Heute abend, im Mondenschein, werden Hamburger Jungfern in weißen Kleidchen über die Alsterwiesen tanzen und bunte Bänder zu sanfter Musik um aufgestellte Maibäume winden. Ich werde mich zu den anderen Burschen gesellen, ein angegorenes Getränk in der Hand, wie etwas, das der Wind angeweht hat, und im Kopf ein wenig mitsummen. Und im Herzen natürlich auch.


 


Dienstag, 29. April 2008


Heart Shaped Box

Ich weiß gar nicht, womit man mein Herz mehr gewinnt: mit verlockender Backware (herzig) oder einer verlock'n'Lock-Dose (praktisch). Soll ja nicht heißen, es gäbe keine schönen Momente.

Bald lockt auch wieder die Picknickzeit. Ich weiß noch, vor Jahren, als wir rausfuhren an die See, die Tasche mit leckeren Dingen gepackt, die Sonne aufsaugten, ein Eis aßen, uns gegenseitig fotografierten und den Zauber der staubigen Ecken entdeckten.

"Ist das ein Experiment?" fragt sie lachend, und zeigt auf die verschrumpelten Äpfel in meiner Küche. Und mir scheint, als seien die beiden verdorrten Stücke Obst zwei Vergessene. Wie verdurstete Schiffbrüchige, die in meiner Schale treiben, wie auf einem Ozean, von dem man nie dachte, daß es auch dort einmal stürmt. Ein existentielles Drama - und das mitten in meiner Küche!

"Nein, kein Experiment", sage ich. Fotodeko, alles nur Fotodeko. Das Leben sollte als Inszenierung betrachtet werden. Und manchmal, und ich werfe dabei die Äpfel, keiner schöner als der andere, in den metallenen Eimer, geht man vor dem letzten Akt. Und ich erinnere mich an diese Dose, da sind die Dinge wasserdicht bewahrt. Seenotration: Die Muffins duften köstlich - von mir aus jeden Tag. Vielen Dank.


 


Montag, 28. April 2008


Lady Lazarus

Die Fotografin und Filmemacherin Janieta Eyre lebt in Toronto und fasziniert mit Witz, surrealen Ideen und einer ganz wunderbar verstörenden Ruhe. Ihre manipulierten Zwillingsbilder sind keine technischen Feuerwerke - Eyre erzählt lieber kleine abgründige Geschichten, stoisch, befremdend, anrührend und immer sehr humorvoll, alles ohne eine Miene zu verziehen. Ein wenig weht der Geist von Cindy Sherman durch die Sets. Ach - und Ringelstrümpfe sind auch dabei.


 


Sonntag, 27. April 2008


Was lustiges, was trauriges, was böses




Drei Texte, lustig, traurig, böse - sozusagen die Kid'sche Palette, aber ganz ohne Zuckerguß. Was auf meine Blätter tropft, ist Schweiß und keine Tränen, die Sonne schickt einen einzigen kräftigen Strahl durchs Fenster der Baderanstalt - das ist dann wohl der Zuspruch, der mir von ferne zugesagt war. Toll war's - und als ich Mek zum Bahnhof bringe, sage ich, ich müsse mal wieder mehr raus. Nach A und B, das wird ja jetzt wohl gehen.

Überhaupt: Es tat gut, liebe Menschen nach teils langer Zeit wiederzusehen. Wichtig auch. Die Lu hat sogar einen Kochversuch, Käsebrot del mare an Basilikum und Reis, im hermetischen Café überstanden - ich wachse noch über mich hinaus. Ach ja: Und gelacht habe ich auch.


 


Freitag, 25. April 2008


Kann man doch nicht ausradieren



Damals, das wird vergessen, war ich wirklich verliebt.
Sehr. Das hat alles so schlimm gemacht.

| von kid37 um 11:37h | 23 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Donnerstag, 24. April 2008


Stein zu Stein

But I will never be your stepping stone
Take it all or leave me alone

(Duffy, "Stepping Stone")

Die Tage, an denen einen selbst die Sonne nur noch trauriger macht. An denen man sich wie Stein fühlt, karg, hart, rauh und unbeweglich. Wenn sich nach all dem Schönen und Herzlichen das Gemüt verdunkelt, wie in der Stille nach einer rauschenden Party, wenn das Licht angeht und die herumliegenden Flaschen und Kippen und verlorenen Schuhe zeigt. Die heruntergelaufenen Flecken einer Flasche Mayonnaise, die sich selbst aus dem Kühlschrank stürzte.

Manchmal bringt diese Zeit auch Mißerfolge. Davon sollten Sie sich zwar einerseits nicht allzu sehr bedrücken lassen, doch gilt es andererseits, zu erkennen, daß ein Lebensexperiment nicht geklappt hat. So können Sie auch wieder ein ganz neues Vorhaben beginnen.

Die Frau mit dem Schirm würde sagen, muß man neuen Salat machen. Immer wieder was anrichten nämlich, sich gewollt machen und nicht ungewollt. Und man steht da, die Scherben dieser dämlichen Flasche in der Hand, die Reste, die langsam heruntertropfen, auf die Hose, die nackten Füße, man starrt auf den Boden, den festen Stein, weil ja alles wankt, weil ja alles seinen Halt verloren hat. Weil ja alles wenig Würde noch und keinen Sinn mehr hat und soviel Kraft kostet. Und man setzt sich, irgendwohin, ist ja egal, weint vielleicht oder auch nicht, denn auch das kostet Kraft, sieht die Geheimnisse, die vor einem verborgen blieben, die Reste... weil man nur Gast war und niemals zuhause.

Es bleibt immer soviel Häßliches, wenn das Licht angeht. Darum muß man das Leben und das Schöne gestalten. Und die Abschiede auch.