
Donnerstag, 28. Juni 2007
Ich möchte einräumen, nie ein besonderer Fan der bei vielen wohl sehr beliebten Musikgruppe The White Stripes gewesen zu sein. Jack und Meg White, über die eine Freundin von mir einst behauptete, die sähen aus als nähmen sie es mit der Geschlechtshygiene nicht allzu genau (was ich weder bestätigen noch dementieren kann), haben in den mittlerweile zehn Jahren ihrer gemeinsamen Bandgeschichte aber, wie sagt man, das ein oder andere Ding schwer und schräg gerockt.
Das erkenne ich neidlos an, ebenso ihren cleveren, sehr cleveren, Schachzug, sich von Beginn an eine ebenso reduzierte wie einprägsame visuelle Uniform geschaffen zu haben, in dem sie das äußere Erscheinungsbild der Band konsequent in Rot, Weiß (und Schwarz) halten. Rot und Weiß, die alten Rosenkreuzer wußten um die archaische Bedeutung, knallen ebenso ins Auge wie die Musik ins Ohr, soweit also alles gut.
Aber wie gesagt, ein Fan bin ich nicht so wirklich, musikalisch ermüdet mich das leicht, wie ein einmal zu oft wiederholter Witz. Andererseits finde ich ihre neueren Videos ziemlich gut. Wo früher das ein oder andere durch Legostein-Ästhetik verdorben wurde, scheinen sie mir jetzt ihre Welt gefunden zu haben, und zu der, muß ich sagen, habe ich ebenfalls einen Schlüssel.
Blue Orchid von Floria Sigismondi war klasse, das neue Icky Thump (Regie: Jack White & The Malloys) ist ebenfalls toll. Es knüpft offenbar dort an, wo Annie Leibovitz mit ihrer Fotosession aufhörte: in der Welt der Zirkusse, Jahrmärkte, Side-Shows und Bordells und Wahrsagebuden. Rothaarige Verderberinnen Frauen, scharfe Messer und noch schärfere Getränke: Jack, Meg, kommt rein. Mit Whiskey kriegt man ja alles desinfiziert.
>>> Videos freundlicherweise von den Firmen Youtube und Spinner
Offizielle Webseite der White Stripes

Mittwoch, 27. Juni 2007
Auf seinen Mantel, der im Sturme bläht.
Im Mast, der hinter seinem Rücken steht,
Hört er die Totenuhr, die ruhlos klopft.
(Georg Heym, "Der fliegende Holländer". 1910.)
Draußen zeigt sich endlich ein Sommer nach meinem Geschmack: Regen, mehr Regen und kaltwindige Schauer treiben das Gefühl von Herbst in die schwitzigen Leiber. Sturmtief Uriah greift mit gierigen Fingern nach Gesundheit und Gottvertrauen, in der U-Bahn husten die Menschen, und die Dachdecker bauen diesmal ihre Gerüste ab. Entzwei, aber ohne zu fallen, wanke ich heute heim, schnell noch in den Lebensmittelmarkt, schnell noch etwas kaufen, das mir Schokolade sein könnte und Brot natürlich und Käse.
Vor der Tür überfällt alle die, welche meinen, "keinen Wagen" zu brauchen und folgerichtig die Schlange an der Kasse aufhalten, weil das dann doch alles nicht so schnell geht wie gedacht mit dem Bezahlen und dem Verpacken und dem Imwegstehen - jene also "ohne Wagen" geraten vor der Tür erst recht in den Schauer. Denn solche "ohne Wagen" sind auch jene "ohne Schirm", in aller Regel.
Ich aber liebe den Wind und das Zerren am Regenschirm, das mir vorkommt wie das Knattern der Segel, man muss sich mich als alten Seemann vorstellen, das Boot wie gesagt, das kommt dann noch.
Es gibt aber auch andere Ausflüge, die sonnigen, nicht minder merkwürdigen, solche, die Angeliska beschreibt. Eine Stimmung, ein wenig wie in The Reflecting Skin, dem Schrei in der Stille, über den ich hier schrieb. Jetzt also Tideland, dem letzten Film von Terry Gilliam ("Brazil"). Der Horror endloser Getreidefelder in sengender Sonne. Die Kritiken, nun ja, sind fast einhellig vernichtend. Was das Grauen betrifft, liebe Kinder, gaukelt wenigstens der Herbst nichts vor.
>>> Offizielle Webseite von Tideland | Wikipedia zu Tideland

Montag, 25. Juni 2007
Kennt sich jemand mit Pouch RZ 85 aus?
Kristof vielleicht?

Samstag, 23. Juni 2007

Getreu dem geflügelten Luther-Wort, "wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch auf einen Flohmarkt gehen", trotzte ich mit Freuden dem Schauerwetter und verregneten Silberfischchen, um einen meiner Lieblingsmärkte zu besuchen. Denn nichts ist so eine Lust und beschleunigt den Puls über alle Maßen wie das Wühlen in fremden Sachen. Dermaßen zu Unsinn aufgelegt, sagte ich diesem freundlich hallo und nutzte die vollgepladderte Stimmung der Händler zur günstigen Gelegenheit. Dieses Kleinkonvulut von alten Bürostempeln beispielsweise, das mir für "einsfünfzig" angeboten wurde. Groß war der Spaß, als ich für meine fünf um Rabatt bat und klar wurde, die sollte alle zusammen soviel kosten. Wir einigten uns dann auf zwei, schließlich bin ich nur im vorwerfen, nicht aber im nachwerfen lassen geübt.
Noch fehlt mir das U, jedoch ein X habe ich schon. Was ich vertraulich zur Ablage führe, wird man dann sehen, aber leider schreibt man sich heute nur noch eMails, keine Briefe mehr. Sonst könnte ich, sollte ich jemanden mal so richtig aufaddieren und abstempeln wollen, ein sattes "Diese Abrechnung wird nicht unterschrieben" daruntersetzen. Fast so gut wie der überaus praktische "I haven't got time to read this crap"-Stempel aus England.





Freitag, 22. Juni 2007
Was für wundervolles Geschirr, das Laura Zindel da macht. Gibt es wahrscheinlich wieder nicht im Haushaltswarengeschäft, ich als Kunde bin ja nirgendwo König. (Heute wollte ich Kaffee aus dem Betriebskaffeeautomaten kaufen und was war? Nur noch Uli-Stein- und Weihnachtsmotiv-Henkelbecher im Schrank. Behältnisse, in denen jedes Getränk zu Essig wird. Aber so fängt es an. Merkt euch meine Worte.)
Obwohl, die braunen Ränder gehen natürlich gar nicht. (Die blauen auch nicht.) Es ist eben nichts perfekt. Einigen wir uns also auf: wundervolle Motive.
Dazu passend vielleicht die schnieke Ameisentapete von GAMplusFRATESI. Belebt die Wände und camouflagiert geschickt womöglich lebendige Mitbewohner.

Träumerische Zeiten, in denen nur die Hoffnung auf eine goldene Zukunft höher toupiert war als Haare. Eine Zeit aber auch, in der junge Damen noch nicht Netzwerke administrierten, sondern auf eine Weise Geld verdienen mußten, indem sie ihre körperlichen Attribute den lüsternen Blicken möglicherweise älterer Männer aussetzten. Ich rede vom anzüglichen Ausziehtanz! Nun hat eine Dame einen Fundus von knapp 400 Polaroids erworben, auf denen Ende der 60er Jahre Bewerberinnen für derlei Animierjobs in Südkalifornien posierten. Dankenswerterweise hat die Sammlerin ihren Schatz einer sehr bekannten Bilderbetrachtungsplattform anvertraut, so daß auch heute noch interessierte Augen sich der Schaulust hingeben können - einer rein dokumentarisch interessierten freilich.
Die Strip Polaroids sind relativ sicher für die Arbeit und sollten sogar in der deutschsprachigen Sektion der Fotosammelstelle zu sehen sein. Denn, und nun kommt der traurige Teil, die witzigsten und offenherzigeren Fotos wurden nach allzu geifernden Reaktionen von der Besitzerin selbst wieder gelöscht. Bevor jetzt jemand "Zensur" schreit. Respekt, also: Das sind faszinierende Dokumente einer Zeit, <TV-Doku-Voice-over>deren Hoffnungen und Träume nur Flitter waren wie die Pailletten eines engen Kleides - und bald in sich zusammenfallen sollten wie Bienenkorbfrisuren im Regen.</TV-Doku-Voice-over> Denn wie jeder Blogger weiß: Hinter glitzernden Kulissen wird auch viel geweint.

Mittwoch, 20. Juni 2007
Bekanntlich ist Hamburg nicht nur die Stadt der Reeperbahn, Musicals und übervollen U-Bahnen, sondern in erster Linie die der Einkommensmillionäre.
Weshalb die Bewohner hier alle Cabrio fahren, ab März keine Socken in den Schuhen tragen und eine Yacht im Sportboothafen sowie eine weitere auf Mallorca besitzen, die gleich neben der Finca vor Anker liegt. Daran ist, bis auf die Sache mit den Socken, im Grunde nicht viel auszusetzen, wäre die Stadt deshalb und wegen ihrer sprichwörtlichen Schönheit nicht so rappelvoll.
Dies wiederum wirkt sich nämlich auf den Raum, der jedem zu Verfügung steht, wenn er nicht gerade draußen bei Tötensen wohnt, und die Mieten aus. Ich zum Beispiel zahle dermaßen viel Miete, daß ich von meinen Einkommensmillionen überhaupt gar nichts bemerke. Nun haben sich manche neulich gefragt, wie man trotz Platzproblemen (nicht einmal ein Polo-Pferd könnte ich halten), ausgerechnet auf dem Golfplatz so erfolgreich sein kann?
Nun, die schönsten Dinge geschehen meist zu Hause - und so übe ich heimlich und still, aber enthusiastisch für mich (manchmal stehe ich sogar nachts auf und putte mir einen, beim Schein meiner Schreibtischlampe). Handicaps, so hat man es mir vor der Wiege gesungen, sind schließlich dazu da, überwunden zu werden.
So trainiere ich meine Birdies und Hole-in-Ones, um für größere Herausforderungen, größere Städte (und Plätze) gewappnet zu sein, sollten sie sich mir stellen. Und habe ich genug, dann klappe ich mein kleines St. Andrews zusammen und schiebe - jedermann sein eigener Caddy! - den Holzkoffer mit dem Ball-und-Schlägerspiel dezent unters Bett.

(Den tollen Kasten habe ich mal für eine spottende Summe - 4 Mark, glaube ich - einst auf dem Flohmarkt erworben. Ein kompletter Kurs, liebevoll gestaltet, gesägt und geleimt, sozusagen der Laptop unter den Golfanlagen. Das kleine Bild links oben kann man großklicken.)

Montag, 18. Juni 2007
Worauf ich ja unheimlich stehe, ich würde sagen, es hat fast etwas Sexuelles, wenn man für die Buchhaltung Dokumente kopiert und ein Kollege mit großgetellerten Augen - so daß ich in der Pupille gespiegelt das Abbild meiner Zahlen erkennen kann - auf die Kopienablage starrt und freudig ruft: "Steuer?"
Die Kopien meiner Tränen, die langsam auf die Glasplatte tropfen, behalte ich für mich.
