
Mittwoch, 24. Januar 2007
So, schiebt mal eben die Heulsusen beiseite. Das ist ja wohl arschgeil: Karl Nagel, Mann von Welt und Chaos und natürlich aus Wuppertal, hat auf seiner Webseite ein tolles Bildarchiv zusammengetragen: Punk in Deutschland. Hier z.B. Wuppertal, 1979-1982, da müßte ich auch noch Dokumente haben, aber wo, aber wo... Auf einem Bild ist Peter Best zu sehen, schräger Plattenhändler, dessen Laden so eine Art Punk-KontakthofInformationszentrum war, das praktischerweise nur einen Steinwurf von meiner Schule entfernt war. Für einen schüchternen Bengel wie mich genau das richtige! Meine erste Punk-LP kaufte ich aber bei Karl vom Kothen, denn der warb damit, "jede Platte" zu haben. Immerhin hatte der "The Scream" von den Banshees - und mehr wollte ich damals nicht.
In die Börse ging man immer ab Donnerstag, um aufzufallen, Energie zu tanken, als "Linker" auf den ebenso akribisch wie heimlich geführten Listen rechtsorganisierter Mitschüler zu landen und Träume zu entwickeln, von dem, was im Leben vielleicht so möglich ist. Wunderbare Zeit, erstes Mal Rimbaud lesen, erster Liebeskummer, Musik von heute, der ganze Mist, großartig. Elektrizität in der Luft, jeder hat eine Band oder zwei und drei Fanzines. Selbermachen.
Samstag traf sich die Stadtjugend in der Elberfelder FußgängerZone gegenüber vom Deutschen Supermarkt am "Brunnen". In den hatten andere dann schon Waschpulver reingekippt - einfach weil sie es konnten, wie es heute so schön heißt. Die Polizei sperrte die Innenstadt ab, das gefiel den Geschäftsleuten nicht, weil die Leute, die extra wegen der Punx nach Wuppertal kamen, nicht einkaufen gehen konnten. Großes Hin und Her, jede Woche dann unbestimmte Erwartungshaltung, Krawall wohl auch und Rangeleien, bei denen man beigegekleidete Zivilfahnder dabei beobachten konnte, wie sie ganz wichtig in ihr Funkgerät in der Jacke wisperten. Haha, die haben bestimmt die besten Fotos aus der Zeit! Irgendwann - davon ist auch ein Foto zu sehen - lud man ein ins Rathaus - "zum Gespräch". Wie man halt so ist im Bergischen. Lange Jahre her, unglaublich, daß damals bereits jemand Farbfotos gemacht hat. Eine spannende Erinnerungsreise in eine noch spannendere Zeit.
Ist aber auch egal. Ihr erlebt ja sicher auch was. (Zu diesem Thema sagt der Kommentar von "Loki" unter den Bildern eigentlich alles, har har.)

Montag, 22. Januar 2007

Sonntag, 21. Januar 2007
Und so schaue ich den silbernen Schalen zu wie sie langsam schwarz anlaufen. So sehe ich der Rostamöbe auf meinem Bisley zu, wie sie Scheinfüße ausstreckt, sich zögernd nähert und Kontakt sucht - zum lethargischen Nachbarfleck, der sich in all den Jahren nicht verändert hat.
Wenn man lange genug schaut, sieht man Fratzen und Visagen blitzen. Dein Gesicht sah ich schon lange nicht mehr. Manchmal nur höre ich von deinen Worten. Unangenehme Gewißheiten, eine unsicher tapsende Arroganz, von der man ahnt, was sie kaschieren soll. Wenn ich die Hand ausstrecke und die Flecken hier berühre, spüre ich den schorfigen Grund.
Man soll nicht schneller rosten als das Metall um einen herum, heißt es. Man soll niemals so schwarz sehen wie das Silber in der Küche. Sollte man eine Küche haben.
Am Samstag haben wir früher schlimme Dinge gemacht. Getrunken wohl auch und laute Musik gehört. Ich glaube, leichte Bekleidung spielte eine Rolle. Das ist zum Glück vorbei. Für die Junggebliebenen gilt: Sei kein Brett. Schüttel, was du hast. Ich sitze hier und starre den Heizkörper an. Solange, bis der Tanz vorüber ist.
>>> Ausschnitte aus Eraserhead, Wer hat Angst vor Virginia Woolf, Faster Pussycat! Kill! Kill!, Freaks und Die Verachtung ergeben dieses hundstolle Video zu Wildcat von Be Your Own Pet.

Samstag, 20. Januar 2007
Ihr seid doch alles Computergammler!

Donnerstag, 18. Januar 2007
Als Kind wollte ich ja nie Lokomotivführer werden. So eine Art Traumberuf hatte ich nicht. Insektenforscher, klar. Ornithologe, auch mal. Bei meiner kurzen Phase als Revolverheld argwöhnte ich als Knirps schon, dieses Berufsbild gäbe es in heutiger Zeit gar nicht mehr (was wußte ich schon?). Vielleicht wollte ich Indianer werden, wie Kafka, schief in der Luft. Zur Eisenbahn jedenfalls zog es mich nie. Ich war auch immer Fan von Kleiner König Kalle Wirsch (auch wenn sich nun durch Re-Vision ergeben hat, daß die freundliche Fledermaus überhaupt keine Wienerin war, sondern Schwyzzerisch spricht) - und nicht von Jim Knopf. Aber wie das Leben so spielt - es war auch nie ein Herzenswunsch, einmal in einer Gartenzwergfabrik zu arbeiten, obwohl viele sich das als Traumberuf vorstellen.
Heute, als ich die wegen kyrillischer Sturmtiefen gestrandeten Menschen am Hauptbahnhof sah, dachte ich noch einmal an diesen Flugzettel, den die Deutsche Bahn AG die Freundlichkeit hatte, mir zu überreichen. Lokführer! (Ja, so heißt das nämlich. Und nicht etwa "Triebsteuermann" oder was einem sonst so pedantische Besserwisser zwischen Nudelsalat und Chili in fremder Leuts Partyküchen aufs trockene Brötchen schmieren wollen!) Lokführer! - ein Wort, bei dem den meisten das innere Kind in kurzen Hosen ordentlich stramm steht, Trillerpfeife im Mund und Hand am großen Dampfvorschubhebel.
Die könnten dann alle mitfahren, dreimal rund um Lummerland. Die ganzen sturmgepeitschten Menschen, ich nähme sie mit, rüfe, d'r Zoch kütt!, pföffe ihnen Mut zu mit meinem Signalgetröt - und den Kohlenklauern, unten am Bahnddamm, denen wönke ich fröhlich zu und würfe ihnen - gleich dem Herrn Ribbeck auf Ribbeck - noch ein paar Briketts hinterher. So wäre ich, ein rußgeschwärzter schwarzer Teufel im gestreiften Hemd, mit schelmischen Grinsen, und das speckige Käppi keck in den Nacken geschoben.
Vielleicht rufe ich morgen mal an bei dieser Stelle. Und sage, ich fahr den Zug, nach irgendwo. Und scheiß auf den Fahrplan.

Mittwoch, 17. Januar 2007
Ein Tier blickt argwöhnisch. 1988. Tusche auf Papier. Privatbesitz
Ich weiß nicht, wer sich an den Film "Ein Z und zwei Nullen" von Peter Greenaway erinnert. An manchen Tagen genügt da auch ein Blick in die Gemüseschale im eigenen Kühlschrank. Ich war jedenfalls gleich fasziniert, als ich auf dieses kleine Schweinchen stieß, dessen quickere Tage nun perdu sind. Und doch tut sich was, wenn man nur lange genug wartet. Wie dieses Zeitraffervideo auf Youtube zeigt. (Vielleicht nicht unbedingt gerade nach dem Mittagsmahl anschauen, this piglet is not for eating!)
Mit toten Tieren durch das Jahr, sage ich nur, einige erinnern sich. Bizarr, aber leider nur von einer morbiden Schönheit, die sich bekanntlich nicht jedermann erschließt.
Nach solch einem dekonstruierten Tier, sollte man jetzt Morpheme und Lexeme schwirren lassen aus der Ursuppe der Sprache und ein Video drehen zum Thema Werden/Vergehen, Zerbrechen und Schaffen - aber am Ende ist es wie mit diesen Filmen: man sieht die 26 Buchstaben, die Atome der Sprache, man sieht zerfallende Nature morte, alles zerhackt und alle Elemente ausgelegt. Aber wer, wer setzt das am Ende zusammen, wenn es so einfach ist?
Dafür haben wir ja den kleinen Spanier! Der Rekonstrukteur verkörpert nicht nur die Klaukultur, sondern auch das Movement [mu:hwemang] der direction oppositionelle (haha, ich denk mir grad was aus). Mit kühnem Schwung also in die Gegenbewegung: aus dem Schmodder (womöglich des kleinen Schweinchens) komponiert dieser kleine Schabernaqueur einen Stier! Ebenfalls als Zeitraffervideo zu sehen, diesmal allerdings bei Google. Picassoesk!

Dienstag, 16. Januar 2007
Mein Leben als Beifahrer.
