Sonntag, 10. September 2006


ExGirl

Each ritual showed up the door
For our wanderings,
Open then shut,
Then slammed in our face.

(Joy Division, "Decades")

Die lasse ich auf meinem 38. Geburtstag spielen. Wann immer der sein wird.

Zeit, mal wieder in Hamburg anzukommen oder wo ist Zuhause, Mama.

Es ist so schön im ICE, wenn der Metronom überholt. Ein Baum in der Oberleitung macht 300 Tonnen Stahl ganz gemütlich. Weile, zu spät für Eile. Pflanzen zählen am Gleisrand. Hinterm Schotter liegt der Strand. Der Mensch aber soll nicht still stehen in der Landschaft. Der Mensch ist kein Baum.

Wenn man im Gang ganz schnell nach vorne läuft, addieren sich die Geschwindigkeiten und man bewegt sich relativ zum Erdboden gesehen schneller als der Zug. So hole ich die verlorene Zeit auf. So hole ich mich selbst ein.

Wie ein rollender Stein.

Geducktes Tier. Das alte Gebäude kauert, das eingestürzte Dach wie ein durchgedrückter Rücken. Es waren ja nicht die dunklen Wälder. Es waren die regennassen Städte, deren Häuser drohten wie finstere Riesen. Da stand ich auf und sagte, jetzt müsse ich gehen.

Im Kopfhörer das Schlagzeug im Kopfhörer wie Ohrfeigen. Rechts, links. Something must break.


 


Donnerstag, 7. September 2006


Süßer Vogel Jugend

We met a year and a half ago from a personals ad with the intention to shoot photos. Months later, we'd only shot once or twice but spent most of our free time with one another in various forms of fantastic exchange. Deciding in December to leave for Belice, we packed one bag a piece off which we would live, stuffing them mostly with cameras and ways to preserve their rewards. When we returned, we sat in the high-backed booth of a sushi restaurant, an empty ceramic bottle of sake before us, and decided to share our work with a wider audience. Our only expectation was that it would provide impetus to create. We had no idea that we would ever receive the lucid and lovely comments from you like we do these days.

Habe ich eigentlich schon auf den schier endlosen Fotofundus von Tethered To The Sun hingewiesen? Schwerelose Alltagsdoku (wenn Menschen jung sind und viel Zeit haben), zwischen trashig und begnadet, nicht immer safe for work, aber wer will das schon. Vieles ist natürlich von seiner Wirkung her sehr kalkuliert (It's A Man's World), aber nicht dumm, mit schönen Texten zumeist, teilweise cleveren Anspielungen auf bekannte Gemälde - und dem rechten Schuß an unbekümmerter Kreativität...

Einfach machen, geschehen lassen - ein Film aus lauter Stills. Ich mag das.

Update: Nach ein paar Querelen auf Flickr sind Rose & Olive unter einen neuem Account zurückgekehrt.


 


Mittwoch, 6. September 2006


Saudade

Die Herzen sind schwach und die Liebe ist stark
Beim Tauben vergiften im Park!
Nimm für uns was zu naschen
In der andern Taschen,
Geh mer Tauben vergiften im Park!

(Georg Kreisler, "Tauben vergiften")


Aus der Reihe: Mit toten Tieren durch das Jahr.
Heute: Die Taube (Columbidae)

Die gemeine Stadttaube begegnet einem ja in verschiedensten Aggregatzuständen. Als gurrende Blähbrust im Frühjahr, pickender Ruckelhals, wann immer es Futter gibt, gut ausgewalztes Etwas, wenn es Mann gegen Mann gegen einen Laster ging oder - und das ist der dominierende Phänotyp - als schwirrender Flügelrausch, wenn das gute Tier beschließt, bakterienschleudernd in Mundhöhe an seinem menschlichen Symbiosepartner vorbeizuflattern.

Man kann ins Sinnen kommen, wenn man den Flug der daunigen Federn betrachtet, die in kontemplativen Spiralen die eigenen Fußspitzen ansteuern, während man so sitzt, auf einer Parkbank, einer Mauer, in einem Straßencafé. Boshaftigkeiten sind in der Regel jedoch verpönt, stehen die fliegenden Gesellen doch im Verdacht, einen Palmzweig im Gefieder zu bergen, den zu überreichen ihr höchster und friedenstiftender Auftrag sei.

Selber friedlich sieht man die kregen Gestalten selten im Stadtbild. Drum nahm ich es als gutes Omen, auf dem sommerlich klebrigen Pflaster Lissabons einem wie sanft schlafenden Exemplar zu begegnen - dem alles Leben zwar entwichen, Melancholie und Versprechen aber um so fürsorglicher um die Flügel gelegt war. Aus der Hauptstadt der Saudade wehte ein stiller Gruß.


 


Dienstag, 5. September 2006


Fremdschlafen

Bekanntlich habe ich eine Schwäche für Themen-Hotelzimmer. Für meinen nächsten Englandurlaub habe ich gleich mal das Hotel Pelirocco vorgemerkt.

via Kaltmamsell


 


Montag, 4. September 2006


Como está?


Alternativ können Sie auch die Vorgangsnummer
(unter dem Barcode oben rechts) manuell eingeben.

(Alternativ könnte ich auch einen Schreikrampf bekommen)

Wenn man so quer durch Europa fliegt, zwei Wochen sonnenflirrende Entspannung im Rücken, hier zwischenlandet, dort übernachtet, ist es manchmal nicht auf Anhieb klar, wo man sich gerade befindet. Noch da, schon hier oder womöglich in seiner eigenen Traumsequenz.

Als ich heute morgen an Deutschlands modernsten, aber nicht schönsten Bahnhof ein Ticket am Automaten kaufen mußte wollte, wurde mir aber bewußt: Wo immer ich auch bin, dort bin ich dann - und das kann nur hier sein.

Auf der Fahrt dann versöhnt mit dem Himmel. Graue Wolken, dazwischen aus aufgerissenen Schlündern tastende Finger der Sonne, vielleicht ein Schrei (Grita, Grita, Grita!), vielleicht eine mecklenburger Landschaft von einem Meister der Delfter Schule gemalt. Zu Hause dann leichter Niesel, weiteres Grau, Stapel voller Zeitungen, Briefe, Nachrichten und Geschehnisse in ihrer immer gleichen Trübnis. Und nicht einmal ein Käsebrot im Haus.

Chame depressa um médico! Ich gehe jetzt erst einmal einkaufen.


 


Donnerstag, 17. August 2006


Mal die Kachel putzen

Ich fahr nicht Palumbien
Und auch nicht nach Hawaii.
Und niemals nicht nach Umbrien
Noch nicht mal an die Schlei.


(Aus: Lieder für fröhliche Trinker,
oder Tausend Tage ohne Käsebrot
.
Hamburg, o.J.)

Ich bin absent. Ich nehme Täschchen, Sack & Pack und eine begleitende Hand (das eiskalte? Wir werden sehen), meinen Arzneimittelschrank gegen das Gelbe und das Blaue Fieber, die Dr.-Benway-Reiseambulanz für alle Fälle großer Not und das Bordbuch für die Stadt des Lichts. Eine Handtuch selbstverständlich. Mal zwei Wochen raus aus dem Ho-Ho und dem Buh-huh und hoffentlich auch aus dem Hö Hö. Wenn Wörter mit "Bl" anfangen, dann nur, weil man "blinkende Sterne" rufen will und nicht: "He took me off his blogroll, bloody bastard!" Lieber mal Sterne gucken, Kacheln zählen, an tote Seefahrer denken, die weiter kamen als ich je zuvor. Und, wichtiger noch: Das Herz in beide Hände nehmen.

Seid schön artig. Am Ende werdet Ihr alle gefragt.


 


Mittwoch, 16. August 2006


Wortklingler redux

Sätze einfliegen lassen wie edle Wildware aus ferneren Ländern. Rare Kost, schnell verderblich, eingepackt in hölzerne Kisten voller Eis und Salz. Dann wegschlürfen, die zarten Teile rauspicken, ein kurzer Genuß vielleicht. Die Reste dann wie immer.

Schweinefraß.