Montag, 19. Dezember 2011


Elephant House



Eigentlich kenne ich niemanden, der nicht ein Fan von Edward Gorey ist, was beweist, daß ich in der Auswahl meiner Mitmenschen nicht immer ein unglückliches Händchen habe. In einer Art verfrühtem Weihnachtsgeschenk erstand ich mir nun Kevin McDermotts Band "Elephant House". So lautet der Name von Goreys Haus auf Cape Cod, ein altertümliches Gebäude, das er mit dem Geld seiner ersten Erfolge erstand, aber erst Jahre später, immer noch weitgehend unrenoviert, bezog. Gorey mochte den Verfall und ließ daher Fenster- und Türrahmen lieber verwittern als mit frischem Lack zu erschrecken. Der Fotograf und Gorey-Vertraute McDermott erhielt nach Goreys Tod die Erlaubnis, das Haus mit der Kamera zu erkunden.

Ein Bildband als Haustour: Da gibt es das von Katzen beherrschte Wohnzimmer, die Küche mit ihrer Steinsammlung, die Bibliothek mit 25.000 Bänden, das ein wenig merkwürdig wirkende Reliquienzimmer, in dem Gorey Plüschtiere sammelte, das im Vergleich beinah karge Schlafzimmer (das Bett hat nur wenig mehr als 90 Zentimeter Breite, ich sag es ja, mehr braucht man nicht, wenn man kreativ ist) und das Fernsehzimmer mit der Sammlung von weiteren Büchern und VHS-Kassetten. Gorey sammelte alles - Steine, blaue Glasflaschen, Schmuck, Bücher, Ausgestopftes, Gefundenes - und sortierte es in Gruppen geordnet innerhalb und außerhalb des Hauses, auf die Fensterbänke, Holzbalken, Nischen und Regale. Auch seine am Ende des Lebens (Gorey starb 2000) zahlreicher gewordenen Pillendöschen stehen akribisch auf der Fensterbank im Bad aufgereiht. Das Haus ist mittlerweile zu einem Museum umgebaut worden, die Fotos werfen also einen letzten intimen Blick auf Goreys Welt, in einer mir sehr angenehmen stillen Art. Menschenleer und ohne Sorge. Beschaulich nannte man das früher.



(Kevin McDermott. Elephant House: Or, The Home of Edward Gorey. San Francisco 2003.)

>>> siehe auch Goreyana