Dienstag, 19. Oktober 2010


Döner und Dinner

Um mich von den regelmäßig drohenden Montagen abzulenken, schaue ich ja sonntags gerne ab und an mal dieses "perfekte" Promi-Dinner, sollte ich in der Nähe eines Fernsehers sein. Sätze wie "Ich als Mädchen, das auch pur Essig trinkt..." oder "Das war ein Blabla-Wein vom Weingut Blabla, da, weiß man, das ist ein guter Wein..." lassen mein Herz schneller klopfen, da möchte ich Steno können oder wenigstens blind tippen wie Frau Gaga. Weingut Blabla! Ich bin ja eingestandenermaßen ein ziemlicher Küchenignorant, kaufe meinen Wein bei Lidl um die Ecke und will mein Achtelwissen auch nicht so vor mir hertragen. Aber Leute! Bitte!

Ich weiß, bestimmte, in bloß mikroskopisch zu erfassenden Mengen verwendete Zutaten bekommt man in hinreichender Qualität auschließlich bei Luigi oder Césare oder diesem kleinen Laden links hintem im Hinterhof, der nur mittwochs zwischen neun und elf und dann noch samstags vormittags geöffnet hat (aber nur bei zunehmendem oder abnehmendem Mond) und für den man durch die halbe Stadt fahren muß - wirklich, ich habe Verständnis dafür, daß es anders nicht geht. Schließlich bestellen Hifi-Enthusiasten ihre spezialvergoldeten Kabel auch nur bei einer kleinen Manufaktur im Allgäu, weil man sonst nichts hören kann, erkennen Vinyl-Fans Pressungen blind am Gewicht und läßt sich so manches Frauenhaar einfach nicht bändigen, hatte nicht Renée oder Silvio seine Schere dran, der aber leider so oft in ParisVenedigBerlin weilt. Wirklich, ich verstehe das. Ganz genau.

Heute zwei lustige Snobs am Tisch ("Da wohnt die auf Mallorca und kommt uns mit Bertolli-Öl" - das war aber auch eine wirklich hübsche Replik auf die Aussage der Gastgeberin, es sei "ja wohl selbstverständlich, ein gutes Öl anbieten zu können". Haha, da habe selbst ich gelacht.) Hübsch auch mitzuverfolgen, wie sich das Quartett untereinander überhaupt nicht ausstehen kann, die eine jedenfalls eckt ein wenig an.

Die Sendung lebt ja davon, daß sich - anders als bei Restauranttester Rach, dem Vertreter der schwarzen Küchenpädagogik - angeblich prominente Menschen aus Film, Bühne und Fernsehen in ihren Küchen zum Deppen machen ("Höhö, dem Dings ist der Auflauf auf den Boden gefallen!"), es handelt sich also um simple Voxlksbelustigung, nicht um eine Kochsendung im eigentlichen Sinne. Die Zitrone schmeckt zitronig, so in etwa. Ich finde dabei interessant zu sehen, wie diese manchmal ja gar nicht so schlechtverdienenden Kulturarbeiter eingerichtet sind. Die Berliner immer so berlinig, 100-Quadratmeter-große Single-Wohnungen, Parkett und Shabby Chic, Hamburg gerne mit Goldrand, im Süden dann irgendwie anders. Ich erinnere mich an die Wohnung von Dunja Rajter. Aber auch die Ritterburg von Nicky ("I bin a bayrisches Cowgirl") war... interessant.

Jedenfalls. Da sitzen dann vier mehr oder weniger sympathische Menschen, also solche wie du und ich, aber öffentlich beschäftigt und reden ganz gewichtig über Dinge, von denen ich zwar keine Ahnung habe, die oft aber auch nicht, und von denen ich meine, man könnte da auch entspannter mit umgehen: "Du kriegst da in Berlin einfach keine frischen Wildkräuter!" - Ja, Himmel! So schlimm! Das habe ich gar nicht gewußt. Leider nutzt da auch kein Care-Paket, denn ehe ich das aus meinem Doppeldecker über der Sexy-Stadt abgeworfen habe, sind die ja schon welk. Kommt doch nach Hamburg, wir haben zwar keine Kultur, nur noch eine Polizei-Blaskapelle, aber sonst ist alles frisch.

Am Ende schütteln dann immer alle Balsamico-Essig-Zierränder über den Teller. Jackson Pollock! rufe ich. Kenn ich, das ist eine gute Marke, da lasse ich keine billigen Kopien gelten.