Dienstag, 18. November 2008


Ein Stuhl aus endlos geflochtenen Bändern

Mein Lesestuhl ist ein Fundstück vom Flohmarkt. Die seelenberuhigende Aura eines Sanatoriumsliegestuhls aus den 20er Jahren fiel mir gleich ins Auge, perfekt, so dachte ich, für moribunde Lese- und Entspannungsstunden. 30 Mark kostete er (oder waren es schon Euro?), Wintergarten leider nicht inklusive.

Nun entdeckte ich meinen Stuhl bei Manufactum*. Ein wenig unbezahlbar für normalversicherte Zauberberglungenkranke, wie ich finde. Und meiner hat neben der patinierten Ausstrahlung sogar Fächer für Zeitschriften und Gläser in den Armlehnen. Überhaupt läßt sich eine Menge mit ihm anstellen, Rückenlehne, Beinstütze, alles beweglich, allerlei interessante Sitz- und Aufenthaltspositionen bietet er an für fiebriges Dämmern oder aufmerksames Blättern. Ich habe ihn unter ein Fenster gestellt, gleich neben dem Grammophon, und kann so aus dem Schiss Flug der Möwen die Zukunft lesen. Auf so ein wertvolles Möbel mag ich mich jedoch kaum noch setzen, denn nachher hinterlasse ich Staub und Kratzer. Überraschend käme das nicht.

* Das Foto entstand übrigens im Botanischen Garten Wuppertal, eine Stadt, deren morbider Reiz darin liegt, selbst wie ein ewiger Zauberberg mit eigener Zeitrechnung zu sein.