Donnerstag, 1. Juni 2006


Diminutive

How does it feel
To be on your own
With no direction home
Like a complete unknown
Like a rolling stone?

(Bob Dylan, "Like A Rolling Stone")

Und da war die, die sagte, gut, so machen wir es, und da war die, die ein wenig weinte, und da war die, die mich zum Weinen brachte. Und dann war da die, die mich freundlich grüßte, an der Hand ihres Freundes, von dem ich noch nichts wußte und die, die ich vergaß zu grüßen. Und die, die auszog mit zwei Tüten und ihre Sachen später holte und die, die mir Hilfe anbot beim Auszug. Und da war die, die gar nichts sagte, so wie sie vorher schon nie was gesagt hatte, und die, die sprachlos war und gar nichts sagen konnte, weil die Stille so laut war und der Nachklang des Donnerhalls.

Ach, und dann die, die dann weg war und ihre Sachen nie holte, was mich wunderte, aber nur ein wenig, neben den drei Kreuzen, die ich schlug, und den Tränen, die ich vergoß. Da war die mit den Messern und die, bei der ich die Klinge noch umdrehte.

Und so oder ähnlich, mit Schleife, Blut und Stacheldraht, Abschiedswinken, -essen, -küssen und einmal nur noch, du weißt, für die Reise, klappt man ihn auf, immer wieder, den großen Koffer (und manchmal nur das Bordgepäck).
Erst später dann betrachten wir, was überhaupt noch drinnen liegt: Die Reste unserer beschädigten Leben und die Reste der Leben, die wir beschädigt haben. Die Stummel und losen Fäden, die herunterhängen wie lästige Fibrome. Nichts Schlimmes, nichts, für das es sich lohnte, großes Aufheben zu machen. Selbstverständlich nicht. Der Arzt nimmt eine Elektroschlinge oder ein Skalpell und darf nur eines nicht vergesssen: Immer im Gesunden schneiden. Mit ordentlich Rand und sicherem Abstand, damit es nicht durchschlägt oder streut, weiterwächst womöglich, ein Rest, ein Zellbestand, der alles von vorne beginnen läßt. Und so schwindet das Gesunde mit dem kranken, dem nekrotischen Restgewebe, bis wir nur eines werden: immer kleiner.