Donnerstag, 28. Juli 2005


Wahn und Trunk

Früh aufgestanden.
Nach dem Abwasch versucht,
mich mit einem Hausschuh zu erschlagen.
Sehr getrunken.

(Eugen Egner. Aus dem Tagebuch eines Trinkers. 1991.)



Das sind Sätze, die perlen wie lakonische Eintragungen eines lesenswerten Blogs. "Den ganzen Tag geweint, abends dann kräftig auf die Pauke gehauen". Das Tagebuch eines Trinkers ("Das letzte Jahr") von Eugen Egner ist ein schmales Bändchen voller süffisanter Feststellungen in kargen Sätzen. Mich wundert es ja nicht, daß der Autor ein berühmter, vielleicht sogar berüchtigter Wuppertaler ist. In der oft verkannten Stadt grassiert nämlich ein skurriler Humor, der außerhalb des Bergischen Landes zu unrecht auf Unverständnis stößt. Eine Stadt, die ihren Schabernack darin betreibt, Straßenbahnen durch den Himmel schweben zu lassen und Elefanten aus ihnen hinauszustoßen, gilt dem Rest der Republik als finsterer Hort groben Surrealismus'. In der Tat aber liegt ein kunstgeschichtliches Dreieck aus Expressionismus (Lasker-Schüler), Fluxus (Paik, Brock, Vostell) und deutschem New Wave (DAF, Plan, Fehlfarben) wie ein Grauschleier über der Stadt.

Egner, von dem es in den 80ern in der Stadt gerüchteweise hieß, "großartiger Typ, halbes Jahr in der Psychiatrie, halbes Jahr nur malen", gehört mit zum Dunstkreis um R. M. E. Streuf, Künstler, Musiker, Caféhaus-Pächter, ein Vorbild vielleicht. Ende der 70er-Jahre oszillierten Gestalten wie diese um Musikgruppen wie Armutszeugnis und Fehlfarben. "Ich muß mir einen kleinen Propeller vorn an die Schlafanzughose nähen und dann im Bad tänzeln", heißt es im "Trinker-Tagebuch". Wem wären solche Gedanken nicht schon mal hier und da gekommen, nach zwei oder drei Glas Grappa zuviel?

Wie aus dem hermetischen Café, einem der bekannteren Jammerblogs, entführt, klingt folgender Eintrag: "Unbekannte Frau in der Fußgängerzone* verbot mir, in ihren Armen zu sterben. Wenig schöne Szene. Danach Glühwein und rücksichtslose Kirchenkritik auf dem Weihnachtsmarkt. Schürfwunden."

Ein großartiges Buch, dessen Ende andere verraten mögen. Wir möchten nur warnen vor folgenden Nebenwirkungen vehementen Trinkertums: "Geträumt: Nach 37 Jahren erstmals wieder aus dem Fenster geschaut. Die Landschaft hat sich stark verändert, der Fluß trug sogar Koteletten."

Eugen Egner. Aus dem Tagebuch eines Trinkers. Zürich: Haffmanns, 1991.

(* Wuppertal hat übrigens, um Besucher vollends zu verwirren, gleich zwei Rathäuser und zwei Fußgängerzonen.)


 



Versemmelt

Das ist nun sehr schade.

Vielleicht wäre ein ausgiebiger S0mmerurlaub besser gewesen, hm?