Samstag, 30. Oktober 2004


Stimme ergreifen!

Ich bin sehr ergriffen. Mequito war so freundlich und hat einen Text von mir gelesen. Und zwar derart berührend, daß selig Elmar Gunsch nichts dagegen ist.

(Weitere Werke aus der Reihe "Blogger lesen Blogger"
übrigens hier bei Herrn Waldar und bei Herrn LeTeil.)

Tentakel | von kid37 um 22:42h | 9 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 



Die einsame Masse

Wer drangvolle Enge zu den angenehmeren Eigenschaften eines Museumsbesuchs zählt, kann sich neuerdings in die Edward-Hopper-Ausstellung in Köln wagen. Werktags wie am Wochenende drängen sich ADS-herausgeforderte Schulklassen und feuilletongefixte Rentnergangs zwischen kunstbeflissene Gesamtschullehrer, um in schwitzender Masse vor allem eins zu erleben: Bilder, die nach landläufiger Meinung so etwas wie Leere und Einsamkeit vermitteln.

Das Werk Edward Hoppers leidet seit 20 Jahren unter einem schlimmen Schicksal: Es wurde für die Welt der Postershops und Wandkalender kanonisiert. Der plakative Stil mit seiner reduzierten Farbigkeit und seiner meist nur unterschwellig transportierten Erotik spricht an und schmerzt die wenigsten. Dem Maler tut man damit naturgemäß unrecht. Die Schau, die Hoppers größte "Hits" versammelt, bietet zudem Gelegenheit, sich noch einmal von Farbigkeit und Pastosität der Originale zu überzeugen, die bei aller Ikonenhaftigkeit und Abgegriffenheit der Sujets doch noch Wirkung zeigen. Freudianer, die bei amerikanischer Kunst ja fast immer auf ihre Kosten kommen, können sich auch eine Freude machen und genüßlich all die roterhellten Fenster-Öffnungen zählen, hinter denen nachlässig bekleidete Frauen ihren Gedanken nachhängen.

Wer die gaffende Menge vor "Nighthawks" überragt, erkennt auch endlich, daß auf dem wohl berühmtesten Gemälde Hoppers weder Humphrey Bogart noch Donald Duck abgebildet sind, wie einem die Postergalerien dieser Welt weißmachen wollen. So ist Bildung eben nicht nur Wissen, sondern konstante Rückversicherung und unerschrockenes Betreten längst erforscht geglaubter Kellerräume.

Edward Hopper noch bis zum 9. Januar 2005 im Museum Ludwig in Köln.