Die einsame Masse

Wer drangvolle Enge zu den angenehmeren Eigenschaften eines Museumsbesuchs zählt, kann sich neuerdings in die Edward-Hopper-Ausstellung in Köln wagen. Werktags wie am Wochenende drängen sich ADS-herausgeforderte Schulklassen und feuilletongefixte Rentnergangs zwischen kunstbeflissene Gesamtschullehrer, um in schwitzender Masse vor allem eins zu erleben: Bilder, die nach landläufiger Meinung so etwas wie Leere und Einsamkeit vermitteln.

Das Werk Edward Hoppers leidet seit 20 Jahren unter einem schlimmen Schicksal: Es wurde für die Welt der Postershops und Wandkalender kanonisiert. Der plakative Stil mit seiner reduzierten Farbigkeit und seiner meist nur unterschwellig transportierten Erotik spricht an und schmerzt die wenigsten. Dem Maler tut man damit naturgemäß unrecht. Die Schau, die Hoppers größte "Hits" versammelt, bietet zudem Gelegenheit, sich noch einmal von Farbigkeit und Pastosität der Originale zu überzeugen, die bei aller Ikonenhaftigkeit und Abgegriffenheit der Sujets doch noch Wirkung zeigen. Freudianer, die bei amerikanischer Kunst ja fast immer auf ihre Kosten kommen, können sich auch eine Freude machen und genüßlich all die roterhellten Fenster-Öffnungen zählen, hinter denen nachlässig bekleidete Frauen ihren Gedanken nachhängen.

Wer die gaffende Menge vor "Nighthawks" überragt, erkennt auch endlich, daß auf dem wohl berühmtesten Gemälde Hoppers weder Humphrey Bogart noch Donald Duck abgebildet sind, wie einem die Postergalerien dieser Welt weißmachen wollen. So ist Bildung eben nicht nur Wissen, sondern konstante Rückversicherung und unerschrockenes Betreten längst erforscht geglaubter Kellerräume.

Edward Hopper noch bis zum 9. Januar 2005 im Museum Ludwig in Köln.

Flanieren | 21:38h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
ella - Samstag, 30. Oktober 2004, 22:01
Wieder
in Köln? ;o)

Viele Späße und schöne Grüße!

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kid37 - Samstag, 30. Oktober 2004, 22:44
Der Besuch bei Hopper ist schon länger her. ;-)

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cassandra - Sonntag, 31. Oktober 2004, 15:11
Ich wollte Ihnen nur gestehen, dass ich bei Ihnen immer Befehle klaue. Verzeihen Sie bitte einer unbedarften Anfängerin. Dank Ihnen weiss ich inzwischen, wie man etwas kursiv oder durchgestrichen schreibt. Beim "Betrachten" Ihres Textes, fiel mir auf, dass ich auch Bilder in den Text integrieren möchte. Also so wie bei Ihnen, dass der Text neben dem Bild weiterläuft. Da ich diesmal aus dem Quelltext nicht so ganz schlau wurde, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir in einer ruhigen Minute schreiben würden, wie Sie das gemacht haben.

Ach ja: schöne Ausstellung, definitiv zu viele Besucher.

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