Sonntag, 14. März 2010
With your favorite finger
(Echo and the Bunnymen, "Seven Seas")
Das Tauwetter hat die verborgenen Reste freigelegt. Heute begegnete ich dem, was von dem toten Kaninchen übriggeblieben ist. Nicht viel, etwas nasses Fell, ein Stück vom Hinterlauf, dünne Knochen, Fibula, Malleolus lateralis, der Rest versunken, geraubt, man wird es nur noch gedanklich restaurieren können. Parzivals Hase. In fünf Monaten kam er nicht weit vom Fleck.
Im Happy House indes, hinter rostigen Türen wohlverborgen, ein Lager voller Kisten. Vorsichtig die eine oder andere öffnen, Staub von den Papieren blasen, die Stapel alter Notizbücher, die Schnüre mit Seemannsknoten gesichert. Die Worte absichtlich nur silbenweise sprechen, falsche Spuren legen, die Hände hinterm Rücken halten. Besser viel schneller gehen, eiligen Schritts sein, den Feuerlöscher suchen, der hinter einer der Türen steckt.
Zwei Tüten Altpapier immerhin zum Container gebracht. Irgendwelche zurückgelegten Seiten von 2009, also bitte. Alte SZ-Magazine, angelesen, auf Wiedervorlage gehalten, weg. Die Regenpause nutzen für ein wenig Wind um die Nase, kurz mal rund um die Insel, abendrunde Abendstunde. Ein paar Kaninchen hoppelten durchs Gebüsch, raschelten in den trockenen Zweigen.
Geräusch des Tage: Siouxsie and the Banshees, Happy House
Samstag, 13. März 2010
Geräusche, von als man jung war, und selbst heute sind es keine guilty pleasures, sondern immer noch Knaller. Vor Jahren war ich mal auf einem Konzert von Die Braut haut ins Auge in Solingen, kleiner Club, man schwitzte sich von links nach rechts, da coverten die Bräute das Stück, das knallte sogar noch mehr, schring, schring, schring, ich glaube, ich war damals mit einer Freundin dort, die da aber bereits meine Exfreundin war. Oder war das später, bei Les Rita Mitsouko? Gott, nicht einmal das kann ich erinnern, ist natürlich auch kompliziert, dabei denkt man sich immer, Details, Details, die machen die Suppe fein, den Kuchen gel, das erinnert man noch auf dem Sterbebett.
Nix da. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich nicht doch eine Blondie-CD irgendwo habe. Ich meine, ich besäße eine, aber wo, wo, wo, die sind alle übereinandergestapelt und nebeneinandergestapelt, aber ohne wirkliche Ordnung, und ich weiß noch, daß ich Alben habe, also Langspielplatten, wie das damals hieß, aber dann gibt es ja Youtube und das ordnet sich nur dann ins Chaos, wenn es die SonyWarnerBMG universal verbietet, bestimmte EMI-Geräusche zu hören.
Ich wollte was erzählen. Das war, bevor ich eine Schlaffe Bordeaux öffnete, supérieur heißt es auf dem Etikett und er schmeckt auch so, so weit ich das überhaupt beurteilen darf. Man muß ja heute immer fragen, will man nicht als selbsternannt gelten. Selbsternannter Blogger, du! heißt es in Schimpf und Schande, ein Wort also wie früher Pseudo oder Popper.
Jedenfalls, weiter im Text, ich habe nicht ewig Zeit, Wochenende muß auch schon wieder gestaltet werden, dieser Stress immer, wo kam der eigentlich her und ungefragt? Also, Moroder-Synthesizer, Herz aus Glas, muß man auch erstmal mit der Band zusammenbringen, die eigentlich kurz vorher noch so klang, also eher wie eines dieser kaputten Auszieh-Blogs.
Zuletzt sah ich Debbie Harry in Elegy, einem dieser umstritteneren Philip-Roth-Verfilmungen, die ich aber ziemlich gut fand, weil Penélope Cruz darin ein paar Szenen von großer Wahrhaftigkeit hat, in denen sie Kingsley an die Wand spielt. Debbie Harry spielt die Ehefrau von Dennis Hopper, der neben Patricia Clarkson die zweite große Nebenrolle hat - beide mit ebenso wahrhaftigen, leider immer nur kurzen Auftritten. Harry, jetzt aber mal zu Ende bringen hier, ist gar nicht zu erkennen, sie hat sich verändert also. Aber so, daß man denkt, endlich nicht mehr dieses Ableck Abziehbild, sondern eine wirkliche Person.
Was wollte ich eigentlich sagen? Ach so, Blondie sah ich dann in Hamburg vor ein paar Jahren, als nach langen Jahren Chris Stein wieder weniger krank war und sie das Comeback mit "Maria" hatten. Die Karten, kann ich das wenigstens bitteschön noch richtig erinnern, hatte ich im Radio gewonnen. Das ist in Hamburg so. Da ist ein Konzert, dann ruft man bei einem der 37 Privatradios an, die Nummer steht morgens in der MoPo, dann schreibt eine Praktikantin den Namen auf und man geht abends zur Kasse, sagt hier, kid37 plus eins, und schwupp steht da Blondie auf der Bühne. "Plus eins", meine Güte, ich muß jetzt aber wirklich mal zum Ende kommen hier, war meine Freundin, wie sich das gehört, obwohl ich jetzt gerade nicht weiß, ob wir da zusammen waren oder nur so, jedenfalls war es ein super Konzert, auch wenn ich fand, daß Debbie Harry (also die aus Elegy) ein wenig wie ein US-Hausfrauenmuttchen aussah, in Leggings nämlich und lange nicht so wahrhaftig als Person wie in Elegy (diese Philip-Roth-Verfilmung, ihr paßt doch hoffentlich noch auf?) und leider auch nicht wie ein Ableck Abziehbildchen, und Chris Stein, der irgendwie doch noch kränker wirkte als ich dachte (ihr erinnert euch, Chris Stein hatte ja diese geheimnisvolle Krankheit) schien irgendwie nicht ganz da.
Ich jedenfalls war mit meiner Freundin da. Und die, jetzt komme ich aber zum eigentlichen, hat heute Geburtstag und deshalb, was sonst, habe ich natürlich diesen Bordeaux aufgemacht. Supérior, ich habe es doch immer gesagt. Baby, habe ich gesagt, wenn wir es eines Tages geschafft haben werden, hier in Hamburg, mit Pürierstab und allem, the spicks and the specks, dann wird aber nur noch edler Wein fließen und nicht mehr diese Plörre vom Aldi. War doch jetzt gar nicht so kompliziert. Cheers. Du siehst bestimmt keinen Tag älter aus als damals.
>>> Geräusch des Tages: Blondie, your hair is... usw.
Donnerstag, 11. März 2010
Es ist ja nun so. Als ich mir letztes Jahr den neuen Herd gönnte, geschah dies durchaus auch in der ehrenwerten Absicht der sogenannten Frauenbegeisterung. Eine Feuerstelle einrichten, mit Platz für ein schnelles abendliches Mammut, man ahnt die archaischen Saiten, auf denen ich subtil wie ein kochender Neandertaler klimpern wollte. Aha, wurde dann wohl auch gesagt, das Ceranfeld gestreichelt, mißtrauisch die Regler beäugt. "Jetzt aber", rief ich mit bebender Stimme, "kommt der Höhepunkt. Achtung!" Ich drehte das große Licht aus, dafür die intime Backofenbeleuchtung an, öffnete die Türe und flüsterte verschwörerisch: Teleskopauszug! Verständnislose Blicke erntend bückte ich mich zum Ofen und begann mit einem faszinierenden Spiel: vor und zurück, vor und zurück. Teleskopauszug, hauchte ich noch eine Spur ergriffener, spürte aber eher mitleidiges Lächeln und den kalten Schauer der Niederlage.
Gut, kindliche Begeisterung ist nicht in jedem Fall ansteckend, so sie denn von erwachsenen Männern stammt. Vielleicht ist es auch wirklich nicht das, womit man heute noch Frauen zum Ofen locken kann. Seit einiger Zeit rührt mein neuester produktverliebter Streich: Stark, formschön, voller KRAFT und dabei mit sanftem Gebrumm. Kriegt wie ein italienischer Fußballverteidiger (ich nenne ihn heimlich Materazzi) alles klein, schäumt alles auf, und mit dem ganzen Zubehör raspelt er eine Zucchini in weniger als siebenunddreißig Sekunden. Reibescheibe! Hackmesser! Aus alten Käsebroten ("Hasenbrote") ist beispielsweise ruckzuck ein Pfannkuchenteig gemacht. Rein damit in eine Auflaufform und ab in den Ofen. Das geht sogar super bequem, ich sage nur: Teleskopauszug!
Sie finden mich in der Küche. Folgen Sie dem brummenden Geräusch.
Montag, 8. März 2010
Der Winter bäumt sich auf, leistet Widerstand wie ein kleines gallisches Dorf, legt, statt es auch mal gut sein zu lassen, immer wieder nach und oben einen drauf: Schnee. Schlaflos und zernervt und das ganz ohne Vollmond Sonntagsruhe gesucht. Kann man ja mal machen. Am Eingang zum Friedhof wartet eine junge sensible gotische Dame, die aufmerksam ihren Führer studiert, ansonsten aber scheu auf den schneebedeckten Grund starrt, ehe sie eintaucht, ein schwarzer Fleck im verwehten Weiß, der langsam kleiner wird. Ich harre weiter aus, zwei alte Damen kämpfen sich wacker durch den Schnee, die sonntägliche Runde zu den Ehemännern, so denkt man, verhangener Himmel, ich wälze Sätze von Thomas Bernhard im Kopf, Menschenfreundlichkeit zu üben.
Endlich geht es los, querbeet möchte man sagen, ein munteres Expeditionsteam im munteren Gespräch. Der Schnee nivelliert vieles, nicht aber Größenunterschiede und manchmal ragt von meiner Begleitung nur viel schwarzes Haar heraus. Mein Gerede verstehe ich als akustisches Leitsignal, während man kreist: um das Tote und das Lebendige, hop oder top, Pop oder Rock. Eiskalter Sauerstoff dringt ins Lungensystem, eine hochprozentig beeinflußte Frau steht plötzlich da, fragt nach dem Weg zu "ihrem Grab", hält dann ein Auto an und fährt davon, eine dieser Erscheinungen und Begebenheiten, mit denen, so sage ich, schlechte Horrorfilme beginnen. Per Anhalter auf dem Friedhof fahren, will man da zusteigen, jemanden mitnehmen?
Dort drüben, sag ich und stehe bis zur Hüfte im Schnee, hatte ich mal ein improvisiertes Picknick, das ist aber auch schon wieder her. Die eigene Landkarte, kleine rote Nadeln stecken. Immer neue Geflechte breiten sich aus, wie irregeleitete Kaninchenspuren im Schnee, dreibeinige Hoppler, sich überschneidende Wege, Verbindungen, Verkettungen, und am Ende steht man da, wie die Menschen in "Der Eissturm". Spiegelglatte Wege. Man muß so vorsichtig gehen.
Samstag, 6. März 2010
Heute habe ich eine kunstphilosophische Gesprächsrunde zum Thema Kunst & Fleisch mit ein wenig Rotwein abgelöscht. Sophia Loren knallt an den Landungsbrücken gerade eine Flasche Champagner gegen einen Schiffsrumpf. Hamburg hat rechtzeitig eine frische weiße Decke ausgelegt, Neuschnee im März, das wird niemals aufhören. Morgen werde ich den Verstärker aus dem Keller holen. Beschlußlage 2010.
Samstag, 20. Februar 2010
by its cover.
Mal die kalte Hand aufs Herz: Wer möchte sich schon die Butter vom Brot nehmen lassen, geschweige denn das ganze Brot? Wenn ich morgens Glenn-Gould-umklimpert wie Hannibal Lecter in Küche stehe und liebevoll meine Käsebrote schmiere, sehe ich aber leider schon die gierigen Augen meiner Kollegen vor mir. Wenn sie des mittags ihre Fertigpampe in die Strahlenmaschine stellen, den Geruch von verbrannten künstlichen Aromen als "was Asiatisches" deklarieren, heimlich aber doch auf meine Stullen schielen, gute alte Kost für lange Tage. Bislang hielt ich mir Neider und hungrige Blicke mit einer rostigen Brotdose vom Leibe, deren schiere Unansehnlichkeit über den leckeren Inhalt täuschen sollte oder sich mit Nachdruck auf lange Finger schlagen ließ. Nun aber hat auch die Produkteindustrie ein Einsehen und liefert den ultimativen Schutz für zarte Brote. Nie mehr heimlich unterm Schreibtisch muß ich essen, offen kann ich's Vesperbrot plazieren. Stilles Glück.
>>> Geräusch des Tages: Foyer des Arts, Schimmliges Brot.
Donnerstag, 4. Februar 2010
In meinem neuen Film Eiskalt - A Hamburger Love Story spiele ich den brutalen Leibwächter eines hartgesottenen Kiezbarons. Da es sich um das Genre einer rabiaten Komödie handelt (deshalb auch die tätowierten Hände), meinte meine Schauspielagentin, das ginge schon ok, ich müsse einfach einen Drei-Tage-Bart tragen, den Geist von Viggo Mortensen channeln und dazu mein Buster-Keaton-Gesicht ziehen.
Heute stand eine Szene auf dem Drehplan, die man für gewöhnlich ans Ende der Arbeiten legt, für den Fall, daß dem Darsteller etwas passiert. Weil wir hier in Hamburg sind, also authentisch, war es aber die Auftaktszene. Zum Warmwerden. Laut Skript mußte ich im Halbdunkel auf einer Nebenstraße in St. Pauli (wir drehten aber woanders, im Film wird ja grundsätzlich gelogen), zielstrebig übers Eis gehen, werde dabei aber von einem unsichtbaren Gegner niedergeschlagen (es ist ein bißchen auch eine surrealistische Komödie). Da ich meine Stunts immer selber mache, schickte ich mein Körperdouble also zu Dittsches Imbiß und absolvierte derweil eine meiner berühmten One-Take-Scenes (Ich hasse Wiederholungen, vor allem bei der Arbeit). Also los, zielstrebig übers Eis, dabei eine Tasche mit Einkäufen für das Abendessen mit dem Kiezbaron in der Hand - und zack! schlug mich mitten auf dem vereisten Bürgersteig dieser feige Mistkerl von einem unsichtbaren Gegner nieder! Alles nach Plan, bis auf eine umstehende junge Dame, die den Unsichtbaren natürlich nicht sehen konnte und sich wunderte, warum dieser wie ein durchtrainierter Bodyguard wirkende Bär-von-einem-Mann (damit bin ich gemeint) urplötzlich der Länge nach über das Eis schlitterte, dabei aber die Rutschpartie geschickt (ich bitte darum) mit seinem Gesicht abbremste (die Hände hatte ich ja nicht frei, weil:) und dabei seine Einkäufe verbissen mit den Händen umklammerte verteidigte (wenn ich einen Auftrag habe, habe ich einen Auftrag).
(Da es sich um eine A-Produktion handelt, konnte ich, als sich die junge Dame besorgt über mich beugte, den berühmten B-Film-Spruch "Lassen Sie mich liegen, allein können Sie es schaffen" nicht bringen.)
Pesto gerettet, Gelenke gestaucht, Kopf ein Brummschädel - aber alles für die Kunst. Es wird mein Durchbruch nach Hollywood sein, die Sterne kann ich schon sehen. Good Night, and Good Luck, ich leg' mich jetzt aber lieber kurz mal hin.
Sonntag, 31. Januar 2010
Nach dem Schringern der Fabriksirene schnell noch ein paar Grate entfernt, Holzwolle in die Kisten gestopft, zum Wochenende soll die Lieferung raus, dann aber schnell den Scheitel nachgezogen, die Krawatte angelegt und raus, den Hunger unterm Arm. Lady Grey im Café entdeckt, hinaus ins Tauwetter gelockt, durch Eisschlick geschlittert, die Stufen zu einem Italiener hinab. Nachdem uns die Schneekatastrophe schon seit Wochen in Atem hält, ist man froh um ein wenig kerzenschummrige Wärme, den Mann, der die Rosen feilbietet oder ein Polaroid machen will. Gegenseitig lesen wir uns die Listen unserer Hamsterkäufe vor, reden über Haltbarkeitsdaten und wie man das Verdorbene unter den Lebensmitteln findet. Viel gelacht, dabei für die Trüffeltortellonis entschieden, ein bemerkenswert wohlschmeckendes Gericht, das ich mir vormerke für die Zeiten, in denen ein Käsebrot mal nicht verfügbar ist. Es ist eben ein echter Italiener, was man schon daran merken kann, daß auf dem Männerklo eine Flasche mit Haargel ("Wet Look") steht, falls zum Beispiel Luca Toni vorbeikommt und sich ein wenig die schwarzen Strähnen legen will.
Frau Grey trägt ihr derzeit bestes Kleid, ich immerhin ihren bezaubernden Button am Revers. Dann schenkt sie mir, seltene Geste für Männer meines Alters, ein Herz, ich verkneife mir das mit dem pragmatisch!, denn es spart ja wirklich Schmerz & Geld. Statt immer neuer Tätowierungen und deren Überarbeitungen, die wichtigen Initialen einfach durchstreichen oder ganz wegwischen, das ist in einem höheren Sinne wirklich romantisch: Ruinenkult, und doch sieht man - egal wie alt und beladen - völlig neu beschreibbar aus.
Wie der Vollmond über den weißen Schnee kriecht, der die brüchigen Stellen im Eis überdeckt. Wie man nächtliche Alsterüberquerungen meidet, die Dinge lieber annehmen lernt, in ihrer Unvermeidlichkeit, wie man sich das Gute bewahrt, wie man sich gegenseitig die Ohren lang ziehen kann, ohne Arg sein, weiter lernen, mit einem Getränk irgendwo sitzt und sich die Musik immer wieder schönredet.
Freitag, 29. Januar 2010
Die kleinen Wahrheiten, die einfachen Sätze, in denen die weitreichenden Konditionen eines without you gehüllt sind, ausgezogen, nackt, zwei, drei schlichte Worte als feingeschliffene Messer gegen verschleiernd-verkrustete Metaphern. Bis am Ende die stumme Geste bleibt, ein flackerndes Licht auf dem spiegelnden Boden, ein Getränk, das man auf eine Lautsprecherbox gestellt hat.
>>> Geräusch des Tages: Bill Bush, I'm Waiting
Donnerstag, 28. Januar 2010
Nach der Arbeit schnell die Sachen in der Waschkaue verstauen, mit frostigem Klirren schließt sich das Fabriktor hinter mir, dann hinaus in den Wind, in den Schnee, das flirrende Treiben. Eingewickelt wie ein Eskimo, das Gesicht zur Leeseite des pfeifenden Windes gewandt, die imaginären Huskies mit der Zunge vorangeschnalzt, hui, fröhliches Stapfen durch unberührtes neues Weiß, immer voran, immer voran, vornübergebeugt, nicht von den Lasten des Tages, vom Wind nämlich und vom Schnee und vom Kampf mit dem eiskalten Element. Und wie die Straßen langsam verhüllt werden, wie überhaupt alles langsamer wird, die Autos kaum schneller als Fußgänger sind, wie man sich fügt in das gemeinsame Schicksal, sich freundlich zuwinkt auf den Kreuzungen, wie alles zum Stillstand kommt. Immer weiter Schnee, in den Haaren, in den Ohren, in der Nase, im Mund. Wie man ihn wegküssen möchte, von den Lidern, den Brauen, dann aber weiterstapft durch das knirschende Weiß, während es schneit, immer weiter, hinein in die Dunkelheit, es schneit und hört gar nicht mehr auf. Für einen kurzen Moment mag man glauben, an das Ende der Stadt, an ein Ende der Welt, an das Ende von etwas, einen sanfteren Abschied.