a fantastic farm where ashes grow like wheat.
(F. Scott Fitzgerald. The Great Gatsby. 1925.)
Am Ende einer weiteren heißen Woche verebbt sogar in den sumpfigen Wäldern die Häme, erinnern sich freiere Geister, daß der Fröhlichen Wissenschaft ursprünglich ein Zitat von Emerson vorangestellt war: "Dem Dichter und Weisen sind alle Dinge befreundet und geweiht, alle Erlebnisse nützlich, alle Tage heilig, alle Menschen göttlich."
Die Lektüre von Der große Gatsby lehrt, neben vielerlei anderer Dinge, die skeptische Betrachtung eines Ich-Erzählers. Er sei, so schreibt Nick Carraway, der aufrichtigste Mensch, der ihm je begegnet wäre. Man begreift allerdings recht schnell, daß ihm nicht zu trauen ist. So wie meist mit vorlaut selbstauskünftigen Menschen. Jene "Befreiten" - von Moral, Drangsal, Schuld & Vorurteilen - beispielsweise. Man tut nicht schlecht daran, das Gegenteil zu vermuten. "Trust in me", singt die Schlange so beschwörerisch, daß selbst Fünfjährige kapieren, was die Stunde geschlagen hat.
Überhaupt. Von den Tieren des Waldes kann man manchmal noch am besten lernen. Klopfer, der kleine altkluge Racker, wußte es genau: "Wenn man nichts Nettes zu sagen hat … dann soll man gar nichts sagen." Dann zog er weiter mit seinem Freund, dem Stinktier, mied die Sümpfe und machte auf Kindchenschema.
Mit dieser kleinen Betrachtung hänge ich am Klavier, in das auf der letzten Party jemand Bier gegossen hat. Seither hat mir die Besitzerin verboten, meine melancholischen Weisen darauf zu spielen. "Es ist nicht das Bier", sage ich. "Es ist mein Anschlag. Es sind meine ungelenken Finger. Es liegt daran, daß ich es nie gelernt habe."
"Und weißt du was?" setze ich nach. "Deshalb mache ich mir auch nichts daraus."
"Komm", sagt sie und schiebt mich beiseite. "Ich spiele es für dich." Und ich lehne mich zurück, im oleanderduftigen Zimmer, in meiner hypertrophen Einsamkeit, und lasse sie spielen. Verträumt male ich groteske Gesichter in den Staub auf den Möbeln und lausche der Musik. Es sind zarte Töne, schnarrende auch (vielleicht wirklich bloß Bier), sie verlieren sich, hauchen sich selbst sanft durchs Zimmer, in dem eine stickige Schwüle das Atmen erschwert. Wo aber selbst die Spinnen geringelte Strümpfe tragen und aussehen wie verführerische Wesen.
Illustriert hat die Szene übrigens Rozi Demant.
Dennoch erlag ich nie der Versuchung, Bier in mein Klavier zu kippen, selbst wenn der Haß an manchen Tagen groß war. Die Unterrichtsstunde nahte unabwendbar, doch sagte man mir, Bier sei zum Verschütten zu schade.
So begann ich, mich auf die Suche nach Sinn zu machen. Schon die Bibel behauptet, dass nur die Liebe sinngebend sei. Ich traf so manchen Gatsby, der mir völlige Hingabe auf den Tasten vorgaukelte, während in seinen Taschen schon die Adresse der nächsten Sängerin schlummerte. Doch Bambi war ein für allemal verloren.
Was rede ich da? Ach, die Hitze...
am Klavier begann schon manche Narrretei
Da fällt mir ein, in jenem Film wurde solch eine Verführmethode sehr amüsant fast zur Perfektion gebracht.
Frau BeBe, haben Sie gesehen, daß dieser Film zufällig heute "Movie of the Day" ist in der IMDB? Gibt es überhaupt Zufälle?
Nanü, wie kommt denn dieses Buch von unter Ihrem Bett in mein Bücherregal?
Haben Sie auch das schöne Frontispiz "Arbeiten und nicht verzweifeln" in Ihrer Ausgabe? Das Motto könnte ja von mir sein ;-)
im übrigen war mir mein spiel immer urpeinlich, das überschwängliche lob meiner eltern verriet den spott. eines tages habe ich aber entdeckt, dass mein e-piano einen ausgang für kopfhörer hat. ende des spuks.
jetzt fahren meine eltern zwei wochen in urlaub und ich habe das haus für mich. es wird sicher ein rendevouz geben. ein sehr verstaubtes. ;)
In unserem verarmten Arbeiterhaushalt gab es natürlich kein Klavier. Wollten wir Musik, mußten wir auf dem Butterbrotpapier summen. Deswegen werde ich jetzt immer beiseite geschoben. Auf dem Klavierhocker. Schlimme Geschichte, könnte man mal bloggen.