Art Brut



Als junger Student, also irgendwann in den frühen 80ern, stieß ich auf die Arbeiten des österreichischen Psychiaters Leo Navratil. In Landeskrankenhaus in Klosterneuburg/Gugging entdeckte und förderte er das kreative, künstlerische Potential von psychisch Kranken. Seine wissenschaftlichen Arbeiten über Literatur und Schizophrenie und die editorische und kuratorische Tätigkeit im Bereich der bildenden Künste machten ihn und Patienten-Künstler wie "Alexander" oder Oswald Tschirtner (der als "O.T." durch ein Album der Einstürzenden Neubauten bekannt wurde) berühmt.

Navratil stellte fest, daß durch eine Psychose ein poetischer Sprachgebrauch zu Tage treten kann, seiner Theorie nach sind "Kreativität und Psychose [...] kortikale Interpretationen höherer Erregungsstufen des zentralen vegetativen Nervensystems, die sich überschneiden können."
(Literatur und Schizophrenie, 120.)

(Als junger Mensch, wenn man sich sowieso "anders als die anderen" (Family Five), ausgestoßen und "irre" fühlt, zum Dichter berufen sogar, identifiziert man sich mit solchen grenzgängerischen Theorien, die einen durch Selbsterniedrigung zum Erhabenen führen sollen, besonders leicht. "Genie und Wahnsinn" heißen die Schlagworte solcher (post-)pubertären Seelenzustände, wobei die Betonung häufig allzu voreilig auf dem und liegt.)

Der von Navratil zusammengestellte Band Art brut und Psychiatrie (Wien: Brandstätter, 1999.) versammelt einige der eindrucksvollen Zeichnungen, die seine Patienten wie "O.T.", Johann Hauser und August Walla über die Jahre angefertigt haben. Skurille, oft linkische Zeichnungen, die nur vordergründig wie die von Kindern wirken, aber häufig viel besser im Format sitzen oder andere, "reifere" Züge des Gestaltens zeigen. Andere Werke zeigen elaborierte, versponnene, von ideologischen oder religiösen Wahnwelten und Symbolen durchzogene, nachgerade pedantisch ausgeführte Wandgemälde und rohe, den Bildern Dubuffets nahestenden, von sexueller Thematik durchzogene Kritzeleien.

In den umfangreichen Erläuterungen Navratils erfahren wir, wie die kreativen Prozesse durch den Verlauf der Krankheit beeinflußt wurden und wie sich die unterschiedlichen Stile ableiten lassen. Jean Dubuffet gehörte zu den ersten, die das Besondere der Art brut erkannten und förderten. Für ihn war die künstlerische Isoliertheit der psychisch Kranken, das "Primitive" und ihre "Unbelecktheit" von zeitgenössischen künstlerischen Strömungen das herausragende Merkmal einer wirklich eigenständigen Kunst.
Nach Donald W. Winnicot ist alle Kunst nur Mittel, Schmerzen und Enttäuschungen der Realität zu ertragen. Der Schizophrene ist demnach den weitesten Weg gegangen - hat er sich doch eine komplett eigene Welt erschaffen.

--
Leo Navratil. Art brut und Psychiatrie. Wien: Brandstätter, 1999.
ders. Gespräche mit Schizophrenen. München: dtv, 1978.
Gotthard Wunberg (Hrsg.). Literatur und Schizophrenie. München: dtv, 1977.
Andreas Franzke. Dubuffet. Köln: dumont, 1990.

Flanieren | 05:06h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
arboretum - Montag, 25. April 2005, 10:23
Und noch eins: Leo Navratil. Schizophrene Dichter. Überarbeitete und ergänzte Neuausgabe, Frankfurt am Main: Fischer, 1994. Die Erstausgabe erschien 1986 unter dem Titel Schizophrenie und Dichtkunst. München: dtv.

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Lu - Montag, 25. April 2005, 10:32
das EEG eines verliebten menschen soll sich von dem eines menschen mit frischer psychose in nichts unterscheiden.
ich finde immer, das erklärt nicht alles, aber ausreichend viel.

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yvonnesonne - Montag, 25. April 2005, 11:42
dagegen möchte ich mich verwehren. das klingt als wäre eine frische psychose was durchaus schönes und nicht schlimmer als alles was sie sich vorstellen können. psychotisch wird man nicht so überhaps, das ist eine reaktion auf eine feindlich gesonnene umwelt. ein letzter versuch einen ausweg zu finden soozusagen. in der verrücktheit mag das eeg gleich sein, aber die umwelt ist die alte (böse) und jeder verliebte der 'normal' ist, hat anzunehmenderweise ein gegenüber das ihn hält, lebt seine gefühle irgendwie aus.

und eine frische psychose tut mehr weh als körperliche schmerzen je vermögen. das ist die hölle.

allerdings leugne ich nicht gewisse parallelen im manischen verhalten, doch das gefühl ist nicht zu vergleichen. kein bittersüßer schmerz sondern brutalste folter.

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Lu - Montag, 25. April 2005, 12:32
habe ich irgendetwas verunglimpfendes gegen psychosen gesagt ?
( betw: ich brauche da keine nachhilfe, ich bin geschult )
es war eher ein hinweis auf abnormales verhalten in der chemischen brandphase des verliebtseins. wer sagt schon, dass das immer schön sein muss ?

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brittbee - Montag, 25. April 2005, 12:32
Ich habe von diesen Übereinstimmungen im EEG auch gehört. Im Grunde ist es nur der neurophysiologische Nachweis, wie fein doch die Grenzen zwischen vermeintlicher "Normalität" und Krankheit sein können.

Natürlich ist das Erleben nicht messbar und schon gar nicht vergleichbar.

Aber beide Zustände können das Kreative freisetzen. Beginnen die Festungsmauern bröckeln hat vieles, was vorher abgewehrt, plötzlich Zutritt.

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yvonnesonne - Montag, 25. April 2005, 12:45
@lu: genau das meine ich: theorie und praxis haben da nicht viel miteinander zu tun. das mit dem dopamin weiß ich auch, aber so einfach ist es halt nicht und woher psychosen wirklich kommen hat noch niemand herausgefunden, so geschult auch immer. ich sprach nur von meinem erlebten und ich war auch schon mal verliebt.

und geschichten über psychiater könnte ich erzählen... da war ich ein ausbund an vernunft im schlimmsten wahn (eine wollte mir einreden ich wäre ein medium, das war auf der universitätsklinik!) pfff

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kid37 - Montag, 25. April 2005, 15:59
"Verrückt vor Liebe" sagt der Volksmund. Oder "Ich bin verrückt nach dir!" Offenbar ist die Fähigkeit des Gehirns, sich neu zu verschalten und wirklich offen für Neues zu werden, im Sturm der Hormone besonders groß. Pubertät ist für das Gehirn wohl ein echtes Gewitter, durch das sich das Hirn quasi jeden Tag neu verdrahtet - was sich in den bekannten manisch-depressiven "Launen" von Teenagern zeigt.

Aber das ist ein stark mechanistisches Bild von Bewußtsein. Ihr merkwürdiger Psychiater, Frau Sonne, demonstriert, daß der Mensch gerne einen Schuß Mysterium als Beigabe hat. Dieser Psychiater hatte aber wohl nur einen Schuß, wie man hier sagt.

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synapse - Donnerstag, 28. April 2005, 00:37
Schule
Liebe und Wahn für Interessierte
http://synapse.blogger.de/stories/264238/

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modeste - Montag, 25. April 2005, 12:26
Die helle Seite der Pathologisierung des Anderen. Wie mir scheinen will, ein Topos, der langsam aus der Mode gerät, wie das Andere ja überhaupt und vielleicht bedauerlicherweise.

Mit der These von der Nähe zwischen Kunst und Krankheit ist bei mir übrigens eine ganze merkwürdige Empfindung verbunden, irgendetwas etwas zwischen angeekelter Neugierde, rationaler Abwehr und demonstrativer Gleichgültigkeit, schwer zu fassen, und angesichts der Tatsache, dass ich weder Kunst noch Psychosen produziere, einigermaßen irritierend.

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kid37 - Montag, 25. April 2005, 16:04
Wahrscheinlich ließe sich heute ein kritische Gegenposition konstruieren, in dem man auf den "Exotismus" verweist, der ja nun auch dahinterliegt. Ob man nun die "Wilden im Busch" oder die "Wilden" in der Klinik betrachtet - in der Welt des Fremden, des Andersartigen, des Besonderen erwartet sich der durchschnittlich "Normale" ja immer auch ein Heilsversprechen. Oder mindestens den Thrill eines Gruselkabinetts.

Ähnlich einer solchen Jahrmarktbude entpuppt sich aber manches auch als fauler Zauber und billiges Pappmachée.

Bindet sich Ihre Abwehr mehr an "Krankheit" oder tatsächlich an "Kunst durch Krankheit"?

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modeste - Montag, 25. April 2005, 17:05
Warum dieser Thrill so nachgelassen hat, wäre einmal eine Überlegung wert. Der Niedergang der Vagantenlyrik, der Wedekind´schen Zirkusdompteure und - dompteusen und der Zigeuner auf dem grünen Wagen, könnte ja zwei Ursachen haben: Zum einen Befriedigung der Möglichkeiten im eigenen Leben durch die Möglichkeit individueller Entfaltung, zum anderen eine gewisse Resignation, dass es hinter den zerrissenen, bunten Vorhängen auch nicht aufregender zugeht. Das wilde Leben - es tobt wohl nicht anderswo, sondern gar nicht.

Was das Kranke oder "Angekränkelte" im weitesten Sinne angeht, so habe ich für Gelbe Bücher, Grüne Feen ohne Ohren und kirschrote Draperien eigentlich durchaus etwas über, von Davoser Lungensanatorien einmal ganz abgesehen. Es mag tatsächlich die Verbindung sein, für einen Tauchgang auf den Grund dieser Empfindung habe ich nur heute leider keine Zeit. Wenn ich über den Stein des Anstoßes stolpere, werde ich es die Welt wissen lassen.

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wasweissich - Montag, 25. April 2005, 17:10
Ich wollte der Vollständigkeit halber nur mal darauf hinweisen, dass Aby Warburg mit seinem "Schlangenritual" ja auch einen Schlüsseltext der Moderne geschrieben hat: mit einem Vortrag, den er am 21. April 1923 in der Heilanstalt Bellevue gehalten hat.
Schade, dass es nicht zufällig der 25. April war.

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kid37 - Montag, 25. April 2005, 18:36
@ Modeste: Aus der Warte meines eigenen Zauberbergs herab sehe ich allerdings eine Fortführung dieser forschenden Perspektive auf das "Andere". Was den Expressionisten die "primitive" Kunst Afrikas, die "Negermaske", und späteren Avantgard-Bewegungen (ich nenne jetzt besser mal keine Begrifflichkeiten) die Reise in die primitiven Bereiche des Inneren Ichs, setzt sich doch heutzutage in der Betrachtung der "Subkultur" fort. Hier wird doch von allen Beteiligten (den Betrachtern wie den Teilnehmern) noch das Besondere, das Erhellende, Erregende, Bewußtseinserweiternde gesucht.

Und ich vermute gleichfalls, daß auch dort nur Masken des Andersartigen getragen werden, die das Erkennen verhindern sollen, daß man eben nicht anders als der verlacht-verhasste Mainstream ist. Im Gegenteil: Selten sah ich größeres Spießertum als in manchen dieser Subkulturen.

Ich hatte da mal eine dann etwas aus dem Ruder gelaufene Diskussion zu, weil ich die These aufstellte, dies sei kulturhistorisch wie eine individuelle Entwicklungsgeschichte zu lesen (Säuglingsalter/Kindheit = Expressionismus ("Sturz und Schrei"); Pubertät/sexuelles und individuelles Erwachen = spätere Bewegungen. In der Postmoderne steckten wir demnach, wen man diese Metapher überhaupt zu Tode reiten will, in der Spät- oder Postaduleszenz. Individuation hat (hoffentlich) stattgefunden, der Blick richtet sich vom inneren, pathetischen oder triebhaften ICH auf das DU, auf das Andere, das Ausdifferenzierte.) Ist aber auch nur so eine Idee...

Ich finde die Transgressionen, den Übergang in die Randbereiche, das "Angekränkelte" sehr faszinierend. Mittlerweile bin ich aber so weit, solche Tauchgänge nur noch mit Rettungsleine durchzuführen.

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kid37 - Montag, 25. April 2005, 18:42
@Wasweißich: Diese Neubetrachtung von Natur vs. Kultur, dem "Primitiven" vs. dem ziviliserten Menschen ist wohl tatsächlich entscheidend für diese Umbruchsphase. Heute fällt man ja gern auf die Idee der Romantik zurück, nach dem der "edle Wilde" dem "Kulturmenschen" überlegen sei. Aber diese hippieske "Zurück ins Paradies"-Vorstellung entpuppt sich zu leicht als Wunschdenken.

Mit Warburg habe ich mich nie beschäftigt, aber der Ausspruch "Wassernot macht Beten" gefällt mir. ;-)

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arboretum - Dienstag, 26. April 2005, 01:41
"Kunst durch Krankheit"? Oder doch eher "Kunst trotz Krankheit"? Das frage ich mich gerade. Von Dubufett soll der Satz stammen: "Es gibt so wenig eine Kunst der Geisteskranken, wie es eine Kunst der Magenkranken oder der am Knie Erkrankten gibt."

Einen Überblick über aktuelle und kommende Ausstellungen gibt es übrigens auch hier.

Exotismus und romantische Vorstellungen von "edlen Wilden" ziehen erfahrungsgemäß bei direktem Kontakt einen Kulturschock nach sich. Von bösem Zauber oder brutalen Riten zwecks Erhaltung der Machtstrukturen will ich hier gar nicht mal reden.
Und dass es mit den Paradiesen schon früher nicht weit her war, berichtete Richard Parkinson bereits im Jahre 1878: "... bei meiner Ankunft in Apia, dem Hauptstapelplatz der Samoa-Inseln tönte zu meiner nicht geringen Überraschung von den Eingeborenen gesungen, mir das, namentlich den Hamburgern wohlbekannte Lied: "Bier her, Bier her! oder ich fall' um" entgegen."

Rettungsleine. Gute Idee. Ist nicht nur bei Tauchgängen nützlich, sondern bewahrt in schwindelnden Höhen manchmal auch vor allzu tiefem Fall.

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kid37 - Dienstag, 26. April 2005, 03:32
Danke für den Link. Stimmt, da war ich schon mal, als ich Informationen für Borderliner-Angehörige suchte.

Aber das mit dem "Bier her..." haben Sie sich doch ausgedacht? Sagen Sie bloß, die hatten eine Astra-Fahne gehisst?

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monolog - Montag, 25. April 2005, 21:23
Da kann ich auch mitspielen: Sammlung Prinzhorn.
Wie schade, dass Sie das schöne Herz oben im Bild halb vedeckt haben. (Der Einband meines Exemplares hat bereits eine Verzierung erhalten: einen schmutzigen Tatzenabdruck rechts unten. Ich glaube, der fällt allerdings nicht unter "Kunst".)

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kid37 - Montag, 25. April 2005, 23:15
Sein Herz in der Öffentlichkeit zeigen, ist gefährlich. Ich ahnte, daß Sie das Buch auch haben, da könnten wir uns ja fast gegenseitig unser Herz zeigen, ob rein oder beschmutzt.
Danke zudem für den schönen Link.

Und mißachten Sie die Kunst der Katzen nicht, das Buch "Malende Katzen" hat da neue Welten eröffnet.

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marie__ - Montag, 25. April 2005, 21:24
Bis Ende Mai ist im Ehrenhof noch eine Ausstellung zu dem Thema zu sehen: http://www.museum-kunst-palast.de/dt/sites/s3s70.asp

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gaga - Montag, 25. April 2005, 23:08
;-)
sie diskutieren sehr schön.

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kid37 - Montag, 25. April 2005, 23:18
Ja, wir können auch artig sein ;-)

@ Marie: Wie passend. Das ging völlig an mir vorbei. Unbedingt ein Anlaß, mal wieder nach Düsseldorf zu fahren.

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marie__ - Dienstag, 26. April 2005, 11:48
Tun Sie das, dann muß ich nicht alleine in die Ausstellung ;o)

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synapse - Dienstag, 26. April 2005, 22:47
O.T.
Patienten-Künstler wie "Alexander" oder Oswald Tschirtner (der als "O.T." durch ein Album der Einstürzenden Neubauten bekannt wurde)
Schön, jetzt weiß ich endlich wie sich der Titel eines meiner Lieblingsalben "Zeichnungen des Patienten O.T." auflöst.

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shako - Freitag, 29. April 2005, 17:32
Und, warn Sie mal da?
In Klosterneuburg, mein ich, Herr Kid? Ich schon. Das muss auch in den frühen 80ern gewesen sein. Fahren Sie da mal hin, wenn Sie wieder in Wien sind. Das kann lustig sein. Ich war mit weiblichem Anhang da und der hat das in der Cafeteria des Hauses herumlümmelnde Künstlervolk wohl so beeindruckt, dass es der - leider inzwischen wohl verstorbene - Herr Hauser (ist auch in dem Buch...) geschafft hat, uns an der Aufsicht vorbei auf die Station + in sein Zimmer zu lotsen, wo er flugs eine illustre Gesellschaft zusammentrommelte, ein Band mit Discomusik in den Recorder warf und eine Tanzparty für eröffnet erklärte, die sich dann allerdings vorwiegend um besagten weiblichen Anhang drehte. Aufgrund der Lautstärke währte der Spaß leider nicht all zu lang, hat aber nachhaltig groteske Eindrücke hinterlassen. Das Pflegepersonal hat uns dann achtkantig hinausgeworfen, nicht ohne vorher zu überprüfen, ob man uns nicht möglicherweise (sozusagen an der Steuer vorbei ...) irgendein Kunstwerk überlassen hätte. Den Herrn O.T. haben wir dann beiläufig auch noch zu Gesicht bekommen, der saß aber bloß, wie wohl meistens, teilnahmslos in irgendeiner Ecke herum.

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kid37 - Dienstag, 3. Mai 2005, 01:46
Tolle Geschichte! Leider haben mich meine Fahrten noch nicht dorthin geführt. Klarer Fall: Ich hocke zuviel daheim herum.

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ladys smock - Freitag, 30. September 2005, 01:39
ich war da und die geschichte
geht weiter.
Die Geschwister von O.T. leb(t)en in meinem Ort. Sie haben viel Grund besessen, 2 Gassen weiter von uns, hatten eine kleine Landwirtschaft und der "Herr Stefan" war angestellt als Verkäufer bei unserem Greißler ums Eck. Ihren Bruder erwähnten sie nie. Erst 1983, als ich die Ausstellung besuchte, wusste ich von den Zusammenhängen. Herr Stefan machte mir einen Heiratsantrag als ich 18 war. Er kannte mich schon als kleines Kind, das die Milch noch im Eimer vom Kaufmann holte. Damals trafen wir uns mal wieder auf der Straße vor dem alten kleinen Hexenhäuschen, das gerade zum Verkauf stand und ich mir immer wünschte. Er wusste davon und schlug mir ein "Geschäft" vor (wirklich, so hat er es ausgedrückt): wenn ich das Haus haben möchte, brauche ich ihn nur zu heiraten. Er würde es mir schenken... ich war ziemlich schockiert(ich war noch sehr naiv damals und wollte mir gar nicht vorstellen, was er als Gegenleistung erwartete). 29 Jahre älter als ich! Dieses Jahr ist er 72jährig gestorben. Herrn Stefan hat jeder im Ort gekannt, und er wusste alles über jeden.
Wir wohnen direkt an der Grenze zu Wien, aber hier ist es ein Dorf, wo mir seine Schwestern immer noch zuwinken und mich mit dem Vornamen ansprechen. Über ihren Bruder haben sie trotzdem nie geredet.
Herr Kid, wenn ich bei Ihnen noch mehr lese, werde ich bald mein ganzes Leben rekapituliert haben....

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kid37 - Freitag, 30. September 2005, 14:25
Kleine Welten
Das ist ja sehr erstaunlich. Ich liebe das, wenn sich die Fäden plötzlich so zusammenspinnen. Sie hätten in eine echte Künstlerfamilie einheiraten können. Aber mit 18 will man natürlich kein Geschäft machen. Ich habe leider nur das Hermetische Café als Mitgift anzubieten, deshalb will mich auch keiner heiraten.

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arboretum - Freitag, 30. September 2005, 14:50
Sind Sie sicher? Oder ist es umgekehrt? Dass also Sie niemanden heiraten wollen und lieber den Hagestolz geben, dem keine gut genug ist der halt mit seinem Café verheiratet ist?

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ladys smock - Samstag, 1. Oktober 2005, 00:29
leider nur???
Sie wissen aber schon, dass Sie im Moment d e r Mann sind mit dem besten Angebot!

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