It Doesn't Matter If You're Black And White



If you were born on October 23-28 [...] your first order of business should be to take steps to take good care of your health. [Q] Die Sterne funken mir durch die Lebensplanung, und Saturn, die bleierne Bremse, kann sich gleich mal gehackt legen. Unangemessene Überraschungen jedenfalls hatte ich genug. Denn eigentlich wollten "wir", in diesen medizin-majestätischen Pluralis will ich das Sondereinsatzkommando aus Arzt und Patient mal locker zusammenfassen, wollten "wir" also endlich mit der Behandlung beginnen. Aber, Uranus, dieser Ü-Ei-Planet, zog ein neues Kaninchen aus dem Zauberhut. Denn nebenher hatte meine Ärztin mit einem Kollegen noch lange über dem mittlerweile auf Bibelformat (gut, Neues Testament) angeschwollenen Stapel Bilder gehockt, und - drei Mediziner, vier Meinungen - eine neue Idee entwickelt. Man denke mal nicht, nur ich hätte Schwierigkeiten, mich festzulegen.

Mein Lieblingswort in den letzten Monaten wurde ja "atypisch". Atypische Symptome, atypische Signale, atypisches Verhalten. Kaum hatte man einen Sinnzusammenhang gemäß ICD oder sonstwie überlieferten apokryphen Diagnosekriterien erstellt, grätschte irgendwas aber so was von atypisch (wahlweise: unsymptomatisch) dazwischen, daß es gestern wie im Film hieß: Alles auf Anfang. Dieser Schatten dort, und meine Ärztin kringelte um dieses längliche Gebilde, sei "atypisch groß". Eine Bemerkung, über die man sich als Mann normalerweise freut, aber da wo es sitzt, ist es wirklich zu nichts nutze, außer mich einzuschränken. Wieder kringelte und zeigte sie auf die großformatigen Schwarzweißausdrucke, die mich mehr und mehr an das Grabtuch von Turin erinnern. Wobei ich denke, dessen wolkiges Geheimnis ist sicher leichter gelöst als die Interpretation meines magnetresonanzdokumentierten Innenlebens.

Nun also, ich hatte mich schon halb an die erste Diagnose gewöhnt, wollte ihr bald auch das "Du" anbieten, eine neue Spur: Ein "seltenes" So-und-so-Syndrom, also "möglicherweise", im Internet nachlesen solle ich mal lieber nicht, aber "das läßt sich alles behandeln!" Nun sind die Zeiten, da ich mir von Frauen alles ergeben erzählen lasse, lange vorbei, so hakte ich nach, verlangte gar nach einer genauen Erklärung. Die Antwort lehrte mich, daß man in einer guten Arzt-Patienten-Beziehung wie in einer Ehe vorgehen sollte: Längst nicht alles will man wirklich wissen.

Betrüblich, denn wie heißt es so schön: "Freude ist nur ein Mangel an Information." Mittlerweile, das bleibt aber unter uns, bin ich ein wenig mürbe geworden. Diese Krankheit benimmt sich zusehends wie eine zickige Frau, der man hier und da im Leben begegnet. Erst heißt es, man sei eigentlich zu alt, dann bleibt man aber doch, dann weiß man wieder nicht, taucht ab (möglicherweise lockt irgendwo ein im Inneren schönerer Patient) oder will dann doch erst mal sichergehen... Man hört sich das eine Weile an, haucht auf seine Fingernägel, hält sie gegen das Licht, putzt die Brillengläser, obwohl sie es gar nicht nötig hätten, bis man irgendwann einfach selbst die Zügel in die Hand nimmt, seinen Hut in die andere und sagt: Adieu, Chérie, war schön mit dir, aber irgendwie auch anstrengend.

Ich meine, es nicht so als seid nur ihr von dieser Geschichte gelangweilt.

The Mercy Seat | 11:23h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
ach annemarie - Freitag, 3. Februar 2012, 11:51
herr kid, rechne ich all das atypicale zusammen, dann scheint es mir schwierig typisches zu finden.
seltene und seltsame erkrankungen verwirren die typischen ärzte und ich finde es gut, daß sich, in ihrem fall, doch mehrere zusamenraufen und gemeinsam überlegen.
langeweile?
aber nicht doch, bitte, es braucht langen atem.
es gibt die müdigkeit des kämpfens; und die hat ihre berechtigung. man kann ja nicht immer nur ein seltsamer/seltener fall sein, man will auch mal wieder derjenige welcher sein....

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saxana - Freitag, 3. Februar 2012, 12:20
Das wäre natürlich toll, wenn Sie wirklich Ihren Hut in die Hand nehmen könnten und sagen könnten "Adieu Cherie". Aber wenn man es mit seinem ätherischen Körper macht, vielleicht hilfts dann auch?!
Wenn ich eine echte Saxana wäre, könnte ich Sie vielleicht gesund zaubern. Ich wünsche Sie einfach gesund.

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kid37 - Freitag, 3. Februar 2012, 15:39
Ich kämpfe immer bis zur letzten Patrone, da darf man mein Beharrungsvermögen nicht unterschätzen. Möglicherweise baut meine Ärztin auch gerade nur eine Drohkulisse auf, damit ich alles andere als Erleichterung empfinde. Wird man sehen.

@Saxana: Danke für das Angebot, aber ich fürchtete als Kaninchen zu enden. Saxana war ja doch mehr die Lehrschwesterzauberin unter den Hexenmeistern. Als Kind war ich ja ein wenig verknallt in die fliegende Hexe. Leider gibt es den Film derzeit nicht auf DVD.

Bei der Suche nach weiteren Ausschnitten, mußte ich aber sehr lachen. Vor Jahren war ich mal verzaubert von einer Frau, die eine frappierende Ähnlichkeit mit Saxana-Darstellerin Petra Cernocká hat. Das fällt mir jetzt erst auf, zumal die Saxana im Film ja eine ganz andere Frisur hat. Sehr lustig. Ist man wirklich so durch Fernseherlebnisse der Kindheit geprägt? Kann nur Flipper mich retten?

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kristof - Freitag, 3. Februar 2012, 13:08
Also ich kann da nichts erkennen auf den Bildern. Steissbein?

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kid37 - Freitag, 3. Februar 2012, 15:25
Gut erkannt, ich feiere ja gerade Einjähriges. Aber mittlerweile reden wir mehr über Eingemachtes. Tolle Idee aber, denn die Fachärzte sehen ja immer nur ihren eigenen Beritt. Die Schwarmintelligenz meiner Kommentatoren aber könnten diese Diagnosefragmente vielleicht zu einer ganzheitlichen Lösung zusammenführen.

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carodame - Montag, 6. Februar 2012, 17:40
Lassen Sie uns fügen, entgegen allen Verdächtigungen, die vervielfältigte Resonanz Ihres Körpers zum Fort- Schritt führen. Kippen Sie die Kiste mit den Bausteinen getrost hier aus, wir puhlen solange darin herum, bis das Gebäude steht. Nach den Räumarbeiten können Sie dann einziehen und es sich in den Schießscharten gemütlich machen.
Auf meinem Kalenderblatt für die ersten beiden Februarwochen: "Wir haben es in der Hand"

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kid37 - Dienstag, 7. Februar 2012, 00:07
Uneindeutig zu sein, empfand ich immer als Schmeichelei. Aber nun scheine ich es mit der obskuren Hermetik etwas überzogen zu haben. 37 Diagnosen schaffen die aber nicht, das wäre nun auch wirklich übertrieben. Ich sollte mich wirklich mal umstülpen und neu zusammenbasteln lassen.

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anousch - Freitag, 3. Februar 2012, 17:43
Ich hege ja eine seltsame Leidenschaft für atypische Symptome, von denen mich einige seit frühester Kindheit begleiten und die mich die vergangenen vier Jahre so unüberwindbar umstellt haben, dass ich ja kaum noch aus dem Haus gekommen bin. Da meine Lichtbilder aber entweder keine (Schädel) oder offensichtlich nur harmlose Flecken (Rippenansatz, Hinweis auf chronische Entzündung mit der ich leben müsse) aufwiesen, bin ich schließlich von der Medizin in die Fänge der Seelenkundler gestoßen worden. Gegen die Symptome konnte bislang keine (Psycho-)Therapie was ausrichten, aber immerhin vieles im Kopf ordnen.
Ich habe ja aus lauter Verzweiflung sogar eine Heilpraktiker-Ausbildung absolviert, was zwar einerseits meiner hypochondrischen Veranlagung immer wieder neuen Zucker gab, mich andererseits aber autonomer, da wissender, gegenüber Ärzten und Diagnosen gemacht hat. Das heißt, ich kann schlau mitreden (mache ich natürlich nie, da ich Ärzten gegenüber nach wie vor wie das Häschen vor der Schlange sitze), und verstehe halbwegs gut, was sie sagen, und vor allem, was sie nicht sagen.
Medizin ist seither eine Obsession, daher langweilen Sie mich kein bisschen. Mir wäre es dennoch tausendmal lieber, Sie würden Ihr lästiges Leiden los. Oder bekämen wenigstens eine sichere Diagnose plus wirkungsvoller Therapie.

Ich denke an Sie und bleibe (für den Fall, dass Sie etwas verzagen im Augenblick) für Sie mit optimistisch!

Ihre A.

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kid37 - Dienstag, 7. Februar 2012, 00:14
Ich hielt mich ja immer für medizinisch grundgebildet, weil ich während des Studiums ein paar Jahre im Krankenhaus gejobbt habe und unter anderem Befunde lesen archivieren mußte. Das ist ja der Königsweg zum Physikum, aber nun merke ich, ich muß da noch mal ein paar weiterführende Studien unternehmen, um den Ärzten Paroli bieten zu können. Zumal ich ja als einziger den Gesamtüberblick halte im Stuhlkreis der versammelten Fachärzte, von denen jeder nur seinen Beritt überblickt. Hätte ich einen Rezeptblock, ich würde mir zum Beispiel erst einmal einen richtigen Urlaub verschreiben.

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cabman - Freitag, 3. Februar 2012, 17:51
Ich bin weder gelangweilt noch ermüdet. Eher ist dort die mir typisch Ungeduld, die darauf drängt, dass es Licht wird in dieser finsteren Angelegenheit. Nicht zuletzt wegen der über Sie kommenden Zermürbtheit, also um Ihretwillen. Ich wünsch Ihnen was!

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kid37 - Montag, 6. Februar 2012, 23:59
Ist doch war. Die sollen sich mal einigen. Immer dieses Hin und Her und Drohkulissen. Ein Schnupfen hätte auch gereicht.

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ana - Freitag, 3. Februar 2012, 20:57
Atypisch für alles. Ein seltenes Syndrom. Möglicherweise wird man der ICD ein neues Krankheitsbild hinzufügen müssen, das Kid37- Syndrom oder die Kid´sche Krankheit. Aber wichtiger als eine klare Diagnose ist allemal eine gute Therapie. Wer heilt hat recht, nicht wer Krankheitsbilder korrekt beschreibt.

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kid37 - Montag, 6. Februar 2012, 23:58
Morbus Kiddo. Ich bin mal gesapnnt. Auch, ob ich noch in die Widerspruchsphase eintauche und einfach "Nö." sage.

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hora sexta - Freitag, 3. Februar 2012, 21:14
Die Fotos sähen sehr kunstvoll aus, wüssten wir es nicht dank Ihrer Berichte besser...

(Ich könnte mit einem Diagnostiker von Gnaden, Radiologe mit unüberschaubarer Praxis voll mit all diesen Ihnen wohl inzwischen unwohl bekannten Geräten und mit - wichtig! - schwerst spezialisiertem Kollegenteam, aufwarten. Falls Sie möchten.)

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kid37 - Montag, 6. Februar 2012, 23:57
Es gab mal einen Künstler, der eingefärbte Schnittpräparate zu abstrakten Gemälden verarbeitet hat. Die Welt in Kongo-Rot-Färbung. Sehr eindrucksvoll.

(Behalte ich im Hinterkopf. Danke.)

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kreuzbube - Samstag, 4. Februar 2012, 19:15
Das mit der Ärztin, das scheint sich zu einer atypischen Art von Stockholm-Syndrom zu entwickeln.

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Lu - Sonntag, 5. Februar 2012, 22:41
Ich erkenne einen Darm, wenn ich ihn sehe.

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kid37 - Montag, 6. Februar 2012, 23:52
Frei nach, ich erkenne ein Arschloch, wenn ich es sehe. Ich könnte nach und nach weitere Bilder online stellen für den großen Kid37-Starschnitt!

Herr Kreuzbube, ich neige tatsächlich zu symbiotischen Medizingemeinschaften. Die letzte einer solchen Beziehung ist knapp überwunden.

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au lait - Montag, 6. Februar 2012, 18:46
Ich hoffe sehr, die Schatten lichten sich und entpuppen sich als lediglich dunkel entwickelte Materie, die ansonsten kein Zusatzleid verheißt. Und beim Möbiusband ewig kreisender Diagnostik wagen sich die Scherenschneider aus dem Gebüsch, die es kunstvoll verwandeln in einen Ausweg zum Guten, auf dass es endlich beginnen kann, mit dem Gesundwerden. Auf dass Du Deine Brille putzen kannst, um durch die Gläser in eine Zukunft blicken zu können, über der sich die Schatten sanft verzogen haben. Auf dass Du "Adieu, chéries" zu all denen sagen kannst, die Dich in Häusern umgeben, in denen Betten auf Rollen durch die Gegend fahren, in denen sie weiße Lederschlappen tragen und das Mittagessen in Mulden von Plastiktabletts wohnt. Auf dass die Zicke sich einkriegt, und sich die rätselhaften Geheimnisse Deiner Gesundheit als düster scheinender entpuppt haben, als ihre Lösung sich darstellt. Ich drück' weiter festest die Daumen!

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kid37 - Montag, 6. Februar 2012, 23:55
Ein bißchen hat es was von den Montagsmalern. Hund, Katze, Maus haben wir schon ausgeschlossen. Jetzt, wo ich nur noch den Publikumsjoker habe, sind wir aber schon nah dran. Also denke ich. Ich schätze, das endet am Ende wie im klassischen Sketch, wenn mit einem Ruck der Schleier weggerrissen wird, wie das Tuch auf dem gedeckten Tisch.

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au lait - Dienstag, 7. Februar 2012, 00:32
Den Sketch sollte diesmal aber jemand spielen, der sich damit auskennt, und der das Tuch reißt, ohne dass danach Scherbenlese nötig ist.

By the way: Was macht Siggi Harreiß eigentlich inzwischen? Oder wie hieß die bei den Montagsmalern früher noch? Ich war da noch Kind.

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