Mittwoch, 22. Februar 2012


Die Borken der Erinnerung

Manchmal, beim frei-flottierenden Rumdenken, wenn einem die Gedanken wie vom Leinenzwang befreite junge Hunde durch die Büsche springen, fallen einen querasssoziierte Synapsenfunken an ("Die wollen nur spielen!") und lenken den Blick auf die Vergangenheit. Was macht eigentlich... leitet sich dann oft eine suchende Erinnerung wie die an verflossene Liebschaften ein. Die Mary, die Susi, die Jane, man denkt sich Och oder Hoffentlich ruft die nie mehr an oder denkt ans Rechnungsbuch und erinnert die offenen Posten.

Ähnlich räumt man auch anderen Vergangenen nach. Ich meine, wo wir schon über Verflossene reden, was macht eigentlich der Borkenkäfer? Einst präsent wie sonst nur eine stürmische Liebschaft, hört man vom ihm genau wie von seinem älteren Bruder Das Waldsterben eigentlich nichts mehr. Hinweggewaschen wie ein Grauschleier, von Mutti vielleicht oder vom sauren Regen, auch so ein vergessenes Phänomen, das schlaflose Nächte uns zu bereiten in den 80ern auf jedes Jugendzimmerdach tröpfelte.

Was bleibt, ist meist nur Rost, malerisch verrotteter Rest. Eine Transformation wie sonst nur im Tierreich, die im Verlassen des Raupenstadiums alte Blechbüchsen in bunte Schmetterlinge verwandeln kann. David Maisel fotografiert so was, es sind Metalldosen, in denen die kremierten Überreste verstorbener Patienten einer psychiatrischen Anstalt aufbewahrt werden. Jahre in der feuchten, sogenannten "Bibliothek" haben den Gefäßen zugesetzt. Häßlicher sind sie nicht geworden.

via ICP Library