Arbeiter & Arbeiter

oh my god my girlfreind got me the best christmas present...
she got me the whole box set of ALL the Beatles' albums...
every single one ... and all i got her was a engagement ring...
god i need to step it up.. ahaha

[Q]

Oft muß man von jungen Menschen hören...

...die Beatles, z. B., seien "überschätzt". Dann recke ich die Arme gen Himmel, rufe Jesse, John & Yoko und doziere über die Bedeutung der Fab Four, unleugbar!, wie sie meinen nostalgischen Kinderwagen in Schwingungen versetzten und diesen wie sonst nur die Entwicklung der populären Musik mit immer neuen Wendungen rasant beschleunigten. Außerdem, so sage ich, haben sie den Teleprompter erfunden, heute von den Bühnen dieser Welt nicht mehr wegzudenken. Und blieben dabei immer menschlich!

So ist das eben, nichts kommt von nichts. Und die Leute sehen immer nur das Beet und nie den Spaten. Wenn das tägliche Love Me Do fertig ist, dann heißt es natürlich, ja, etwas derartiges hätten's wir fein auch schon gekonnt. Eh kloa. Oder sie sagen, ja du, du arbeitest bloß auf der Schiffswerft, da hat man es gut, wir hingegen müssen... Oder sie denken, so ein Lied liegt morgens fertig ans Kopfkissen gepinnt, auf daß man es nur nehmen müsse, auf dem Weg zur Drogenhölle kurz beim Studio halt machen und einsingen - und zack! Welthit.

Aber auch hinter den kleinen Blüten steckt harte Arbeit. Offene Ohren, offene Augen, alles einsaugen, verdauen, fermentieren und dann in die Form zwingen, Bleischürze um (wegen der Strahlung des ungezähmten Materials), mit dicken Gummihandschuhen die schweren Zangen halten, dazu die Dämpfe, diese schlimmen Dämpfe, die einem erst zu Kopf und später tief in die Lungen steigen. Gut, wenn man wenigstens einen hat, der einem den Text hält.

Homestory | 12:07h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
nnier - Donnerstag, 13. Januar 2011, 13:17
Ganz zum Schluss haben sie einem das noch mal gezeigt, dass auch sie nur Arbeiter sind, nach den überirdischen, bunten Jahren (im Himmel, mit Diamanten.)

"Und blieben dabei immer menschlich!", das ist es eben auch - vielleicht war ja bloß die Technik noch nicht so weit und PR noch Handarbeit. Aber für mich wirkt das bis heute nach, auch in McCartneys Selbstinszenierung, wenn er sein großes und doch für immer verunsichertes Ego vorführt.

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kid37 - Donnerstag, 13. Januar 2011, 21:38
Arbeiter im Pelzmantel - ich denke, dann ist man wirklich angekommen. Wer Revolution betreibt, soll schließlich nicht frieren und darf ruhig ein wenig schick aussehen. (Kennen Sie das Intro zu "It happened" auf der "Walking On Thin Ice"-Single? Wo Lennon sagt, anscheinend nach einem Spaziergang nach Hause kommend: "John Lennon, I can't believe it." Und: "It's huge. We can have one room for our coats and one to keep cats in." Stillose Neureiche würden doch alles durcheinanderwerfen und mit kreativem Chaos verwechseln!)

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nnier - Donnerstag, 13. Januar 2011, 22:16
Everybody had a hard year
Mit dem Solowerk dieses Working Class Hero bin ich ja weniger vertraut, eine Lücke, die noch zu schließen ist.

"Die lausigsten Sessions, die es jemals gab" seien das gewesen, hat er mal über diese gefilmte Gruppentherapie gesagt, und dann wollten sie endlich mal was alleine machen und raus aus der Clique.

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kid37 - Donnerstag, 13. Januar 2011, 22:51
Ist ein Stück von Yoko Ono, die Single "Walking On Thin Ice" erhielt auch deshalb viel Aufmerksamkeit, weil darauf die Aufnahmen zu hören sind, die Lennon Stunden vor seinem Tod machte. (Ist aber auch sonst toll, der Song, und sicher eines der zugänglicheren Werke Onos. Zu der Zeit.)

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g a g a - Donnerstag, 13. Januar 2011, 19:45
Genau.

Wobei es sich bei abschätziger Äußerung ohnehin nur um ein laienhaftes Urteil handeln kann. Mir ist noch nie ein ernst zu nehmender Musiker begegnet, egal aus welchem Genre, der vor dem Gesamtwerk der vier nicht den Hut zieht. Bis zum heutigen Tage bleiben ja auch die Beweise aus, dass das in vergleichbarer Qualität und Kontinuität mal eben so herauszuwichsen wäre. Ich habe übrigens noch nie etwas derart Abschätziges gehört. Vielleicht kenne ich auch einfach nur zu viele gute Musiker, die die Zugänglichkeit einer Klangfolge nicht mit Trivialität verwechseln.

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kid37 - Donnerstag, 13. Januar 2011, 21:29
Als Blogger höre ich so was auch oft. "Ich muß noch was schreiben", sage ich und ernte, wenn ich die Frage "wofür?" mit "für ein Blog" beantworte, häufig nur ein "ach so, für so'n Blog". Ich verrate dann natürlich nicht, daß ich die Beatles unter den Blogs bin mir häufig tüchtig Mühe gebe, alles schön von der Vorschrift abzulesen und richtig abzutippen. Aber das sind junge Leute! Man soll - entgegen den Vorurteilen - ruhig öfter mal auf ältere Herren mit Hut hören: They sing well!.

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g a g a - Donnerstag, 13. Januar 2011, 21:51
Wer verstünde das besser als ich, die Yoko Ono unter den Bloggerinnen! Tag für Tag schnipple ich kleine Löcher in Postkarten, damit die anderen durchgucken und den Himmel sehen können. Aber das wirkt ja alles immer so einfach. Ich gründe jetzt lauter Selbsthilfegruppen, die aus mir und jeweils immer noch der einzigen anderen Person auf der Welt bestehen, die dasselbe Problem hat wie ich.

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kid37 - Donnerstag, 13. Januar 2011, 22:44
Ich bin da ganz bei Ihnen, denn ich jedenfalls finde das prima und ganz entzückend!


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vert - Sonntag, 16. Januar 2011, 16:54
Gut, wenn man wenigstens einen hat, der einem den Text hält.
oder die hand.

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burnster - Montag, 24. Januar 2011, 11:30
Das Songwriting der Beatles ist die reinste X-Akte. Man kann die Songs Note für Note nachspielen, man kann die Songwriting-Technik haarklein imitieren und am Ende fehlt immer der magische Moment. Chemie, oder besser Alchemie war das wohl.

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kid37 - Dienstag, 25. Januar 2011, 11:59
Das berühmte Mehr als die Summe der Teile. (Die Songs sind auch unkaputtbar, was jeder merkt, der versucht, "Love Me Do" auf der Melodie von "Yesterday" zu singen.)

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