Ich persönlich glaube ja, daß die freie und Hansestadt Hamburg das schlechteste Radioprogramm dieser Welt hat. Möglicherweise hielte Berlin wie so häufig auch in dieser Hinsicht noch eine Überraschung für mich parat, aber dort war ich schon länger nicht mehr. Jedenfalls nicht zum Radiohören. Weichgespülter aber als im Norddeutschen habe ich es nirgends erlebt. Ich habe GEZahlt, da darf ich auch mal vom Leder ziehen. (Zum Glück gibt es den Deutschlandfunk. Wortbeiträge als letzte Ausfahrt aus Hammerbrooklyn.)
Dann aber fährt man in die Bretagne und kann dort einen Sender hören, der 24 Stunden am Tag alte Punkscheiben, Independent Rock, Dance-Hall-Reggae, Dub, Dark Wave und sogar Industrial (in der Mittagsschleife wohlgemerkt, nicht versteckt in der Nacht) zu einem aufpeitschend-düsteren Potpourri mischt. Ich meine, Küstenfunk! Man macht einen auf leger und nasse Badehose an einsamen Sandstränden und wird mit Adrian Sherwood, Gun Club, Pixies, Sonic Youth, Current 93 oder Queen Adreena (oder waren es doch Daisy Chainsaw?), The Cure, „Nü Ordörr“ oder irgendwelchem Undergroundzeug beschallt, das ich nicht identifizieren konnte. (Kennt übrigens noch jemand E.S.G. aus den frühen 80ern?)
Morgens um 7 ist die Urlaubswelt in La France nicht nur in Ordnung, sondern meldet sich mit den Cramps zu Wort. Dazwischen kommen exquisit-schrummelige 60er-Jahre Ye-Ye-Beat-Scheiben französischer Provenienz oder auch mal ein Stück von den Beatles oder den Doors. Kein Gequatsche dazwischen (sonst die große Domäne des Franzosenfunks), dafür abends redaktionell mit Hingabe betreute Spartenprogramme. Da rotzt dann schon mal zwei Stunden Death Metal durch die Membranen. "Gorrrrrgoroth!" "Berserrrrrker!" "Our Bodies Decomposed" und so ein Dreck. Beim NDR würden die sich bei solchen Vorgaben ja gleich Angsttröpfchen ins Höschen machen. Oder meinetwegen bei NoEnjoyFFNDeltaAlster95Nora. Aber nein, statt mit Axtgitarren oder Stahlgeschredder terrorisiert mich diese elektromagnetische Schundfunk-Bande mit Klingeltönen und jaulendem Top-40-Brei. Und glaubt nicht, daß Freie Stotterkombinat wäre besser. Stockend vorgetragene Proseminarreferate über die Probleme homosexueller Migrantinnen im Maghreb interessieren mich alten Sack doch nicht - auch wenn ich ehrlich überzeugt bin, daß diese Sache ein ganz heißes Eisen ist. Ehrlich: Guglielmo Marconi hat das nicht gewollt! Hört Bretonen jetzt!
(Malheureusement: Die kennen noch kein Internetz. Folglich gibt es keinen Stream und nur den Zwang, dort öfter mal hinzufahren. Und sei es zum Radiohören.)
Nee, in Berlin gibts auch nur noch überspannten Dudelfunk. Es sei denn, Sie mögen Jazz, dann wär das Jazzradio 101,9 vielleicht ganz okay für Sie (ich kann das den ganzen Tag hören). Ist zumindest nicht so hysterisch wie die anderen Sender alle und hat die witzigste Werbung. Freitag + Samstagabend Chillout Groove "The White Room" ist spitze (hat mit Jazz aber nicht mehr viel zu tun). Und dann gibts natürlich noch Freitags abends den "Ocean Club", auf Radio 1 glaub ich, ausgewählte Spezialitäten von Gudrun Gut ...
Wenn Sie jemanden wirklich quälen wollen, sperren Sie ihn nachts in eine Redaktion und zwingen ihn, die ganze Zeit "Radio Paradiso" zu hören. Der ist am nächsten Morgen kirre. (Kurze Zeit, nachdem mir das passiert ist, hab ich den Laden dann verlassen ... ;-) )
So könnte man doch ein, zwei Stunden bequem und abwechslungsreich rumbringen. Schlimmer als dieses "Spiel uns dein Lieblingslied durchs Telefon vor"-Programm bei besagtem Sender kann es nicht werden. Aber ich glaube, Herr. K. möchte nicht angeschrien werden.
Sheena Is A Punkrocker
Via U Sounds.
Und dies via Sweetmaker.
herr kid ihr sendekonzept klingt sehr überzeugend!
Rock-Wrestling mit Axel K. und Kid 37.
Ich bestehe allerdings auf einem Suspensorium.