Sub & Vision




Was ja immer geht, wenn Besuch in der Stadt ist: Hafen zeigen. So zog ich gestern, nachdem ich zum Schichtende mit dem großen Hauptsicherungshebel die Maschinen stillgelegt hatte, mit Lu zur Eröffnung des Subvision-Kunstfestivals. Auf dem bislang unbebauten Strandkai mitten in der Glasstahlbetonwüste Hafencity hat eine kleine Containerstadt Einzug gehalten, die aber keine Asylbewerber oder Wohnungslose behaust, sondern Kunst.

Überragt werden die Containerkonstruktionen von einer riesigen Tafel, die illustre Sponsoren dieses Festivals verzeichnet, der Hauptplatz befindet sich in einer Wagenburg aus Getränkeständen, Bars und Imbißbuden. Der Kunst-Imbiß steht etwas abseits. Man wird den Eindruck nicht los, einer Alibiveranstaltung für die Bewohner dieses künstlich erschaffenen Viertels beizuwohnen, die arm zu nennen, von wahrem Mitleid zeugt. Da ist ja nichts! in dieser Betonwelt, außer gläsernen Balkonen, auf denen man gelhaarige Businesshemdträger beobachten kann, die allesamt aussehen als arbeiteten sie bei einer maroden Landesbank.

Jetzt stehen sie an Häppchentischchen, eine Hand lässig in der Hosentasche, die Chipkarte für die ETW, 102 qm, 2 Balkone, umklammernd, in der anderen eisgekühlt Spritziges, Ziermöhrchenpartner an der Seite, großmännischer Blick aufs Hafenbecken. Kunst sehen sie nicht, das Gedränge um die Container ist groß, die Türen schmal, aus einem Zelt dringt das aus der Zeit gefallene Werk eines Musikunterhalters, bei dem wir darauf wetten, daß er gleich "She's Fresh" von Kool & The Gang spielt, damit ein Fransenslipper wippt. Lu wartet auf "Funky Cold Medina".

Die Kunst, das muß man einräumen, hat es schwer, gegen die imposante Kulisse des Hafens anzustinken. Während die Sonne langsam untergeht (über Bali und Shanghai), sitzt man lieber auf einem gemütlichen Platz, schaut aufs Wasser, lacht über Vergangenes, blickt den auslaufenden Schiffen hinterher in die Zukunft, wickelt sich ein in den letzten Rest der warmen Abendsonne, der milden Luft, genießt die Gegenwart des Augenblicks und malt irgendwelche Zeichen in den Sand. ("Subvision". Hamburg, Hafencity. Bis zum 6. September.)

Flanieren | 13:36h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
ichichich - Donnerstag, 27. August 2009, 13:49
Es gab ja einige Kontroversen, sogar hier in unserer Nachbarschaft: http://subvision.blogger.de/

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kid37 - Donnerstag, 27. August 2009, 14:09
Interessante Einlassungen dort. Man sollte sich wirklich die Sponsorentafel genau anschauen. Dann werden Sinn und Zweck rasch deutlich. Im Flyer ist viel von "Netzwerken" die Rede. Die mag es im Hintergrund geben, zu sehen war gestern nicht viel (Architektkur-Konzepte reizen mich auch nicht so).

Aber die Kulisse ist super!

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jean stubenzweig - Donnerstag, 27. August 2009, 14:16
Das wirkt auf mich eher wie ein künstlicher und nicht künstlerischer Beatmungsversuch einer Anwohnerclientel, die auch ansonsten Kunst mit Wiederverkaufswert assoziiert. Gerade mal ein bißchen lebend eben, aber nicht lebendig.

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jean stubenzweig - Donnerstag, 27. August 2009, 14:19
Soeben die weiteren Kommentare gesehen – es scheint sich zu bestätigen.

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kid37 - Donnerstag, 27. August 2009, 17:08
Jetzt habe ich auch mal Zeit gehabt, ein wenig nachzulesen: Musical and artistic subcultures have gained in importance and influence, but they are being monitored, and instrumentalized [...] - erhellender Hintergrundartikel zum Subvision-Festival.

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curly - Donnerstag, 27. August 2009, 20:06
Oh, zum Kunstimbiss wollte ich auch schon immer mal!

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Lu - Freitag, 28. August 2009, 01:10
die bottiche waren das ziel.
(und die dicken pommes die wegzehrung.)

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kid37 - Freitag, 28. August 2009, 12:53
Der Kunstimbiß bietet auch eine prima Wegzehrung, aber dicke Pommes... Die traun sich was, da werden manche Männer ganz schüchtern.

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