Freundliches draußen sein
Im roten Laubwerk voll Guitarren
Der Mädchen gelbe Haare wehen
Am Zaun, wo Sonnenblumen stehen.
Durch Wolken fährt ein goldener Karren.
(Georg Trakl, "Im roten Laubwerk...". 1913.)
Die Krise zwingt die heitersten Gemüter tiefer in die Baumwolldaunen - Cocooning am heimischen Herd, statt mobil-urbaner Oberstolz-Eß- und Sozialkultur. Nachdem der Herdtrieb nun dazu geführt hat, daß ich locker drei bis sieben Kinder käsebrotsatt machen könnte, müßte ich diesen doch aber auch Auslauf bieten können. Hinaus also treibt es mich in die streng abgezirkelte Grünparzellierung, erstaunlich viele freie Flächen finden sich dort, wo ich endlose Steckrübenfelder sehe. Ein grünwogendes Meer der Möglichkeiten, dort wo derzeit nur Klapperschlangen Heuschrecken rasseln, ich aber mit einem Luftschiff landen könnte.
Die Gegenden heißen "Morgenpracht" (kein Kommentar), "Frühauf" (nichts für mich), "Fortschritt und Schönheit" (bin ich dabei), "Bienenbusch" (muß man aufpassen) und, Knaller, "Wühlmäuse 2000" (sicher mit Turbo). Natürlich bremst die Angst mich vor deutscher Gründlichkeit, den Abwasserkommitees und Gemeinschaftszwangsstunden, den Parzellenbegehungen und Goldenen Zitronen, die man denen verleiht, die aus der Hecke scheren. Vieles habe sich geändert, heißt es, aber vielleicht bin ich noch nicht so weit, vielleicht sollte ich besser ein größeres Boot kaufen, es gibt Blogger mit Motorbootführerschein, die könnten das fahren.
Und doch gibt es wie verwunschene Orte zu entdecken, aufgelassene Geheimdienstzentralen, auf deren Grundstücke man Dipole und Langdrähte spannen könnte zum Detektorradioempfang. Auf denen lange Tische stehen könnten mit Kuchen und Stachelbeerschüsseln und trunkenen Gästen, denen man auf einem flirrenden Elmo La Strada in die Bäume projiziert. Oder Gobbledigook.
Vielen Danke für den Tip, Herr Kid.
Ich suche soetwas, wegen der Selbstverwirklichung, nicht?
Aber mir geht es wie Ihnen: Mir ist dieses zu erwartende "Vereinsleben" ein Graus. Ich kann doch nicht mal Schunkeln und dann finden die vielleicht die Pflanzen, die ich knorke finde, nicht gut. Und dann?
Hui, diese Parzelle ist wirklich schmuck. Ich kenne im Bekanntenkreis beides: Die Familie, die sich jeden Tag freut, wieder einen "kleinen Urlaub" vor der Haustür machen zu können, die sind seit Jahren dabei und haben es sehr gut getroffen. Und den Freund, der seine Parzelle nach jahrelangem Ärger nun abstoßen konnte und täglich erzählt, wie froh er darüber ist. Beide haben bzw. hatten nur begrenzt mit dem Vereinsleben zu tun; da scheint es inzwischen also durchaus auch Nischen für Freigeister zu geben. Und doch bin ich seit Jahren hin- und hergerissen.
Das ist bei mir um die Ecke. Da ich keinen Balkon habe, stelle ich mir vor, da abends zwei Stunden zu sitzen anstatt vor irgendeinem scheiß Monitor. Aber, wie predige ich jedem, der es nicht hören will: Die Leute sehen nur das Beet und nie den Spaten! Man muß dann ja auch den Rasen mähen und Umgraben und... Vereinsmitglieder grüßen.
Ein Ferienhaus im Grünen als Ergänzung zur Stadtwohnung wäre nett. Vielleicht als Gemeinschaftsprojekt.
Parzelle 530?! 37 nicht frei?!
Gibt es denn nix mit Bootsanleger?! Sie brauchen einen Strand.
Allein kriegen Sie so ein Grundstück bestimmt nicht durch den Tüv. Sie sollten sich den Cabarazzo krallen. Den können Sie bestimmt gut als Vermitter 1setzen. Wenn die Parzellenwacht antrabt, dann stellen Sie den 1fach an die Hecke.
[Ich bringe die Schüssel für die Stachelbeeren.]
vielleicht fängt man probehalber erstmal mit einem bloggerschrebergarten an, bevor man es gleich zur -kommune bringt.
freundInnen habe eine parzelle in eimsbüttel und mit etwaigem vereinsleben keine probleme. es existiert nicht.
Die mit Bootsanleger sind sehr schön - lassen sich aber nur militärisch besetzen sind aber schwer zu kriegen. Dabei stünde mir das gut, mit Kapitänskäppi und Fernglas am Ufer zu stehen und die Bewegungen auf dem Wasser zu beobachten.
Zum Diplomaten tauge ich freilich nicht, da träfe Herr Cabman sicher den besseren Ton. ich verberge derweil einen Spaten hinter dem Rücken, falls er überrannt wird.
[Schüsselpositionen werden in meinem Schattenschreberkabinett natürlich unter der Hand vergeben.]
Herr Vert, Kommune ist natürlich intim, das will gelant sein, mit wem man da den ganzen Tag nackt unterm Rasensprenger herumtollen will. Aber man könnte dann irgendwo eine LPG übernehmen. Verein ohne Meierei wäre natürlich super. Keine Ahnung wie das hier bei mir ums Eck so gehandhabt wird. Die Schilder, die da aushängen, klingen teilweise etwas... streng.
Gnihihi - habe nur unapettitliche Bilder zur Schüsselposition im Kopf...
Das ist in solchen Gärten natürlich auch ein Problem. Dixieland sozusagen.
Nun geraten Sie aber in modisches Fahrwasser. Mir wurde zugetragen, daß die Mieten bald die Höhe Eppendorfer Baum rechts Isestraße erreicht haben sollen.
das ist recht moderat. probleme machen mehr die ablösen für die zum teil prunkvollen paläste, die über die jahrzehnte dort gewachsen sind...
Dort an den Kanälen gibt es ja auch ein paar. Und hier bei mir die Grundstücke am Ufer werden auch verkauft, nicht verpachtet. Sonst geht es wohl. Der Abstand für die Lauben, da hat Herr Vert recht, ist zum Teil wirklich prächtig. Aber ich sehe das ja als Balkonersatz, wenn es hier in der Nähe ist, könnte sich das lohnen.
wenn die gesetzgebung sich den bestehenden verhältnissen endlich anpassen täte und man nicht nur die nachteile sondern auch die vorteile des mittlerweile offenkundigen schwellenland-statusses unserer republik geniessen könnte. wenn man also solch eine parzelle hauptwohnsitzlich bewohnen dürfte. dann wär das was.
Mir ist ja immer noch nicht ganz klar, wie das hier in den Rückzugsgebieten sind. Dort leben ja noch ganz viele in gemauerten Häusern, es gibt Briefkästen und offizielle Adressen. Ich vermute, daß die Flüchtlinge aus Hammerbrook und Hamm, die dort nach den Bombennächten untergeschlüpft sind, dort lebenslängliches Wohnrecht genießen. Wäre natürlich schön, man müßte für solche Lockerungen nicht auf ein solches Ereignis warten.
Ich hatte es vorhin schon herausgesucht: Im Nachkriegsbremen erlaubte der damalige Bürgermeister Wilhelm Kaisen die dauerhafte Wohnnutzung, wessenthalben es hier in einigen Kolonien noch sog.
Kaisenhäuser gibt. Mehr zur Geschichte habe ich
hier gefunden; interessant eben deshalb, weil sich so mitten in der Stadt aus ganz verschiedenen Beweggründen zeitweilig auch so etwas wie alternatives Leben entwickeln konnte:
Tatsächlich leben auch Menschen "auf Parzelle", die sich eine Behausung im Stadtgebiet nicht leisten können, die von der Behörde jederzeit in Sozialwohnungen verfrachtet werden und dennoch teilweise nicht einmal die Auflagen für eine derartige Weiterbehandlung erfüllen würden. Ansonsten: Stadtmüde, Familien, die mit ihren Kindern nicht unbedingt in Ritterhude und dennoch mit großem Garten wohnen wollen, Menschen, die ihr Leben auf weniger luxuriöse, vielleicht kreativere, Art und Weise gestalten wollen. Schließlich die Alten, die ihr Leben lang im Kaisenhaus gewohnt haben und es womöglich schätzen würden, ließe man sie auch die letzten Lebensjahre mit Blick auf den Garten verbringen anstatt in irgendwelchen Altenverwahrungsanstalten.
normalerweise verbietet es mindestens die satzung des vereins. und da passen die nachbarn auf, ganz sicher.
Hier gibt es einen weiteren
Hinweis. Ganz wie ich vermutete. Eines dieser brachliegenden, gemauerten Häuser wurde nämlich abgerissen. Da kommen jetzt Lauben hin. Hm.
Bedenken Sie bitte: Es gibt ein Bundeskleingartengesetz! Es gibt Satzungen und Gartenordnungen, in denen oft eine Mindestnutzfläche für Obst- und Gemüseanbau festgeschrieben ist (i.d.R. ein Drittel)! Man wird Ihnen den Betrieb eines Transistorradios ab Samstag 12:30 untersagen und Sie zu Arbeitsleistungen für das alljährliche Gartenfest verpflichten! Sie werden zum Anlegen eines Komposthaufens gezwungen, ein Wasserklosett wird man Ihnen hingegen verbieten!
(Ich meine ja nur.)
Auf jeden Fall hat mir eines meiner vielen Schwiegerkinder oder sonstigen gut informierten auch geistigen Verwandtschaften erzählt (ich benötige gar keine Medien), daß der Regierende da seit einiger Zeit irgendwas zu drehen versucht an diesem Schrebergartengesetz, jedenfalls innerhalb Hamburgs und auschließlich im Zusammenhang mit den Grundstücken. Das mit den Ablösen ist wohl eine Randerscheinung, die damit allerdings nichts zu tun hat. Auf jeden Fall muß die Nachfrage gerade unter jüngeren Menschen enorm angestiegen sein in den letzten Jahren.
Und die Umgehung dieses Schrebergartengesetzes scheint einigen recht gut zu gelingen. Aber genaues weiß ich nicht.
das betreiben eines transistorradios könnte außerdem (ob mit oder ohne tippgeber aus der neuen nachbarschaft) den besuch eines freundlichen gez-mitarbeiters nach sich ziehen.
ichweißichweißichweiß! Da benennen Sie ja meine Zweifel. Obwohl ich gegen ein Drittel Kartoffeln und Rüben nichts habe. Und meine Johannis- und Stachelbeerbüsche sind ja auch Obst und Gemüse. Und Arbeit im Festkomitee ist ja wie für mich gemacht. Mit solchen >a href="http://www.dailymotion.com/video/x1e61_marilyn-manson-man-that-you-fear_music">Gemeinschaften kenne ich mich aus.
Herr Stubenzweig, hier gegenüber hatte die Regierungspartei Interesse, die Kleingärten in Baugrund umzuwandeln, schön am Wasser gelegen - angeblich hat sich die Sparkasse schon angrenzende Firmengelände unter den Nagel gerissen. Die Krise hat das hoffentlich ausgebremst.
Herr Sakana, echt gez? Ich dachte, so mobil darf ich hören? Und wenn mein MP3-Player Radio hat? Nicht, daß man in diesem Verordnungsgestrüpp Logik erwarten darf... Am besten, man macht dort nur selbst Musik. Gemafrei, versteht sich.
meine eltern mußten für ihr sölarbetriebenes autoradio in der laube neulich nachzahlen …
dem nachbarn war das haus abgebrannt und im fahrwasser der versicherung kamen die geier (ich weiß nicht, ob's was damit zu tun hatte, fiel nur zeitlich zusammen).
Vielleicht besser gleich was in Schweden suchen, wie
Mek. Dort, wo die Frauen auf der Waschmaschine Hymnen singen.
Werter Herr Kid!
Zuerst dachte ich mir schon, es ginge Ihnen ebenso, und Sie planen Ihr Heim und Herd auf die suburbane Scholle zu verlegen, wie es mein Ansinnen ist. Aber beim genaueren Lesen erkannte ich dann eher die durch Parzellierung kleinere Variante, die nur zum wochenendlichen Natur-Gelage zu reichen scheint. Dahin scheint ja auch wieder ein
Trend zu gehen. Und falls Sie noch ein entsprechendes Dach über dem Kopf suchen, dann könnte es sowohl
Hütte als auch Palast sein.
Ansonsten plane ich ja eher die von Herrn Vert angesprochene Kommune, gerne auch mit und ohne Blogger.
Finanzierung beiseite, wäre meine Vorstellung Stadtwohnung + Häuschen im Grünen. Dann könnte ich hier Drehbücher schreiben - oder auch dort! - und wenn die Sonne scheint, die Kleider abwerfen. Obwohl - was rede ich? Eigentlich suche ich einen dunklen, tränensicheren Keller für den gelegentlichen Rückzug von der kummervollen Welt. Aber gern im Grünen!
So ein extendierter Balkon müßte auch wirklich gleich hier um die Ecke liegen. Erst durch die halbe Stadt fahren würde ja schon wie ein Hobby anmuten. Dafür habe ich keine Zeit.