Freitag, 24. Januar 2014


Jeeeeees's, save me!

Offensichtliche Erkenntnis: Nur Polly kommt mit so einer Klamotte durch. Weshalb sie auch ruhig den ganzen, schlangenumwundenen Weg gehen kann, ohne Schaden zu nehmen.

Für die eigenen Wege, sollte man dereinst blind über eine schwankende Planke laufen müssen, sollte man rechtzeitig Sicherheitsleinen spannen. Was ich denn machen könnte, denke ich, ist, also falls alle Stricke reißen sollten, also dann könnte ich zum Beispiel Kartenleger im EsoTV werden. Ich würde dann im Fernsehen sitzen, ein wenig mit einem Packen Karten spielen, sie hin- und herschieben, durchmischen, Hm hm hm murmeln und dann ausschließlich Dinge sagen wie Hoffnung ist Opium fürs Volk oder Nein, da kommt keiner mehr oder auch einfach, in der "Blitzrunde": Die Antwort ist Nein.

In einem eigenen Shop dann vielleicht geweihte Duftkerzen oder nutzlosen Krempel verkaufen. Vielleicht gemeinsam mit diesem Österreicher, der über seine schwarze Kollegin sagt, sie sei a schoan "eine süße Schokomaus". (Na ja, Negerkuß darf man ja nicht mehr sagen.) Charme verkauft! Da gibt es nichts. Anders wiederum der schwarze Kollege, der gestenreich und überhaupt nicht selbstgefällig erklärt, wie man "mit einer gewissen Strenge" selbst die verhaltensauffällige Blondine zum Erfolg führt. Der hat's raus, denkt man, dankbar für die beinahe beitragsneutrale Lehrstunde in Sozialverhalten.

Welche Mühe kostete es sonst, so viel intensivierte Menschenkunde zu erleben? Man müßte Gemeinschaft suchen, gar Freundschaften schließen oder wenigstens ein Blog betreiben. Mühsam. Jeeeeees's, save me! rufe ich entrückt, während ich weiter die Wäsche zusammenlege. Denn das ist das schöne an diesen Sendungen. So wie mein Tag verläuft (morgens früh die Milch von der Straße holen, danach den ganzen Tag Daumen drehen, spät aber erst heimkehren, von Katastrophenasche und Serienmörderblut bedeckt), ist es prima, daß es auch am verlaufeneren Abend noch Bügel-TV gibt. Eine grünpürierte Köstlichkeit.

>>> Geräusch des Tages: PJ Harvey, Taut


 


Montag, 20. Januar 2014


Dinge zwischen W und Y

Wahrheit, die liegt häufig draußen, auf Parkplätzen bei Nacht oder abends auf fernen Sendern. Also nicht, daß einer noch sagt, ich würde auf Dingen herumreiten und zwar endlos oder immer wieder. Ich kann nichts dafür, empfehle aber doch dem ein oder anderen, sich die nächsten Montage frei zu halten. Ab heute nämlich wiederholt der digitale, frei empfangbare Kultursender Pro7Maxx (liegt genau zwischen 3sat und Arte) paketweise die ersten vier Staffeln dieser US-amerikanischen Agenten-Romcom, die das Fernsehen vor 20 Jahren verändert hat. Und mich auch. Und zwar nachhaltig. Beide jetzt.

Von wegen Ach-so-90er! Wer wissen will, wie es letzten Endes zu Serien wie Breaking Bad kam oder besser noch, was es heißt in einer guten Freundschaft, meinetwegen Liebesbeziehung, den Partner ins Krankenhaus zu fahren, schaut noch mal genau hin. Sonst passiert ja erstmal nichts. Da gehen zwei in ein dunkles, verwinkeltes Haus oder ein geheimes Geheimlabor und am Ende liegt einer im Krankenhaus. (Außerdem kann man studieren, wie sowohl Brillengläser wie auch Mobiltelefone immer kleiner werden. Unheimlich!)

Wie im richtigen Leben eben. Kaum blinzelt man oder stellt das Mobiltelefon aus, schon ist wieder einer weg. Wie die nette Frau M. aus dem Penny bei mir ums Eck. Die nette Frau M. nämlich, eine mit Kirschen und Würfeln und allerlei Zierrat schwertätowierte sehr junge Rock'n'Roll-Frau saß dort immer an der Kasse oder füllte das Flaschenregal oder die Brotbackmaschine und sorgte für Umsatz. Wenn sie so mein Bund Sellerie, die Literpackung Milch und zwei Joghurts über den Scanner zog, dachte ich bei mir manches Mal Komm Baby, klemm die Kasse unterm Arm und steig zu mirin den Wagen. Wir fahren einfach weg.. Laut sagen traute ich mich das aber aus Schüchternheit nicht, denn in ihrem Blick las ich etwas freundlich Mitleidiges, so als wollte sie sagen Ich mag ja Metall, das hat was. Aber ich steig doch nicht in so einen dämlichen Einkaufswagen! Fahr einen dunkel blubbernden V8er vor die Filiale, und wir reden noch einmal über den Plan. All das lag in dem wochenendverhangenen Blick der mit allerlei Zierrat schwertätowierten Frau M. Aber nun ist sie verschwunden, nicht mehr dort in der Filiale, vielleicht in ein Auto gestiegen. Ich gehe mittlerweile zu Sky.

>>> Dokumentation Inside the X-Files

Super 8 | von kid37 um 15:20h | 17 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Dienstag, 14. Januar 2014


Eyemazing



Seit beinahe elf Jahren gibt es das superschöne, leider aber auch superteure Eyemazing Magazine, das viermal im Jahr besondere, verstörende, besonders verstörende, auf jeden Fall ungewöhnliche Kunstfotografie zeigt. Der voluminöse Sonderband (knapp 550 Seiten) gibt einen sehr hübschen Überblick über die bisherigen Veröffentlichungen, sticht dabei mit Opulenz ins Auge, liegt aber auch gewichtig auf dem Bauch, wenn man damit auf dem Sofa kuscheln will. In der Mehrzahl sind es Schwarzweiß-Aufnahmen, sepiagetonter, osteuropäischer Morbidcharme beispielsweise, bekanntere Namen wie der schräge, eigenbrötlerische Miroslav Tichý, aber auch eine Vielzahl weniger durchrezensierte Nischenkünstler. Kuratiert werden Auswahl und Magazin von Eyemazing Susan, also Susan Zadeh aus Amsterdam. Eine Übersicht über einen Großteil der Cover gibt es hier, wo man in schneller Abfolge die inhaltliche Entwicklung von der frühen, noch deutlich werblicher orientierten Farbfotografie hin zum entrückteren Fokus auf Kunstfotografie anschauen kann. Beruhigend, daß das Magazin zuletzt so beunruhigend geworden ist.

Eine Idee, die man haben kann. Leider muß man das auch leben, was bedeutet, viel mit Menschen zu tun zu haben, die gerne laut über eigene Erfolge reden, kleine Finger abspreizen oder umständliche und verwickelte Geschichten über die Reparatur von Bulthaup-Küchen oder alten englischen Sportwagen erzählen. Kurz: Mir fehlte es nicht an Eifer, aber an Geduld, das Ganze hübsch einzuwickeln und mit verkaufsfördernder Sozialvaseline einzuschmieren. Sonst besäße ich ja ein Weltreich oder wenigstens einen alten englischen Sportwagen.


 


Donnerstag, 9. Januar 2014


Nachrichten aus der Sonderzone



On 9 September 2010, Burley interrupted Labour MP Chris Bryant during an interview regarding developments in the News of the World phone hacking affair with the words, "No, no, no, you can't say that, sir... No, no, no, no, I have to interrupt you, do you have evidence for that?... Pretty strong claim if you don't!" When Bryant responded that the evidence for his statement was clearly included in the parliamentary debate that Burley was actually covering in that section of the programme, she replied, "So you are in a position to have listened to the debate and read the report and as a result you are content to say that on telly.?" Bryant responded, "I have just said that. You seem to be a bit dim, if you don't mind me saying so." [Q]

Soll keiner sagen, so eine kleine Auseinandersetzung wie zwischen Gabka und Slomriel (oder war es umgekehrt?) gebe es nur in unseren Nachrichtensendungen. "You seem to be a bit dim, if you don't mind me saying so", ist schon jetzt ein Satz fürs nächste Reiseportfolio. Ich fürchte, man findet die ein oder andere Gelegenheit für eine nonchalante Anwendung. "Es macht Ihnen doch sicher nichts aus, wenn ich das Quatsch nenne", klingt gleich ganz anders und mundgerechter als ein gepoltertes Basta!

"You peed on me but it's OK!" Die wohl romantischste Silvestergeschichte trudelte via einem populären Kurznachrichtendienst bei mir ein. Skurril, aber natürlich auch ein bißchen traurig. Menschlich war, glaube ich, das Wort. Dinge passieren immer so plötzlich. Ungewollte Abgänge zum Beispiel, um ein wenig im Bild zu bleiben. Man dreht sich um, zack, ist das Gegenüber verschwunden. Die Frau, die einem eben noch Ehe und Hof versprochen hat, sagt "Lassen Sie uns mal diesen Quatsch beenden" und liegt in den Armen eines anderen, der gute Freund, der später mal die Maschinen abschalten sollte, meint, wer will, kann es auch alleine!

Dann steht man da, allein in der feuchten Nacht, eine Zigarette in der Hand, und fühlt sich, genau: angepißt. In der bürgerrechtsfreien Sonderzone ist das derzeit praktischer. Da ruft man, wenn einer stiften geht, halten Sie den oder die mal auf! Und schon stürzen sich geübte Quarzsandhände auf den Flüchtigen, ziehen Öhrchen und stellen ihn als handliches Paket in der Packstation zu. Man fühlt sich und seine zarten Gefühle beschützt. Dennoch bleibt die Hoffnung, der kleine Brechmittelkönig, der die Stadt regiert, würde sagen: "Lassen Sie uns diesen Quatsch beenden." Meinetwegen soßenverfeinert mit einem kleinen Nachschlag: "Wenn es Ihnen nichts ausmacht".


 


Sonntag, 5. Januar 2014


Am Tag danach



Am Tag danach verlassene Nester. Am Tag danach die Hartherzigkeit der Kollegen. Eine fachliche Diskussion über eine US-amerikanische Liebesdramaserie, der man vorwirft, irgendwas mit einer Verschwörung zu tun zu haben (als hätten das nicht alle tragischen Liebesgeschichten) und zudem tief in den Neunzigern verwurzelt zu sein. Man warte nur noch auf eine ICD-Nummer für "persistierende nostalgische Verklärung", dann könne man mir auch weitere Differentialdiagnosen stellen. Ich sage "Pff", hebe zu Belehrungen an, weiß aber, daß ich nach dem nächsten Umzug als "Spooky Kid" wohl ein Büro unterhalb der Wasserlinie beziehen muß. Verlassene Nester.

Auch sei die Bildqualität doch recht veraltet, ich antworte, aber man sehe doch nur mit dem Herzen... gut, das sage ich natürlich nicht, sonst drückt man mich womöglich bereits beim nächsten Toilettenbesuch unter die Wasserlinie. Vielleicht stellt man mir auch aus einem gewissen Argwohn heraus Scul eine Kollegin zur Seite, die meine Arbeit überwachen soll. Das kann passieren, ich habe so etwas schon einmal irgendwo im Fernsehen gesehen.

Ich werde das, wie früher auch andere schönen Dinge, vorsichtshalber unter der Bettdecke verfolgen. Ein Notebook, Milch, Kekse und ich. Eine Dienstpistole vielleicht, man weiß ja nie. Draußen wurde zuletzt viel geschossen. Merkwürdige Lichter am Himmel auch. Alle sagten wie abgesprochen "Aah" oder auch "Ooh", ein Feuerwerk und Jahreswechsel, und da wußte ich schon, das kann nur eine Verschwörung sein.

Wie zur Ablenkung aber letzte Stellen gestrichen im Bad. Meditative Freude gefunden im Abschrauben von Haken, an denen der Bademantel hängt. Meditative Freude gefunden im Wiederanschrauben von Haken, an denen der Bademantel hängt. Ein Lied gesummt, kleine Schritte, weiter Runterschalten, Stapel sortieren. Das Welträtsel muß warten.


 


Mittwoch, 1. Januar 2014


So, hätten wir das also auch geschafft



Frohes neues Jahr! Ihr könnt euch ja jetzt mal überlegen, was ihr anders gestalten wollt. So im Umgang miteinander, mit sich selbst, dem Bankkonto oder der Gesundheit. Mal wieder Bitte und Danke sagen vielleicht, im Bus oder der U-Bahn durchrutschen an die Wand und nicht außen den Platz blockieren, der Nachbarin ein paar Blumen schenken, nicht nur, wenn der Mann nicht da ist. Die Leibwäsche täglich wechseln, abends mal 'ne Mohrrübe essen, nicht so viel auf Displays gucken, sondern sich gegenseitig in die Augen.

Ich geh jetzt Bett.


 


Dienstag, 31. Dezember 2013


Pneumatische Liebe



Jetzt, wo ihr alle in rote Unterwäsche gekleidet seid (wegen des Zaubers der Silvesternacht), gilt es, letzte lose Gedankenfäden eines Jahres zu einem glücklichen Ende zu führen. Habt ihr euch nämlich nicht auch oft gefragt, frage ich mich, wo die Roboter eigentlich herkommen? Einem Artikel im Cabinet-Magazin folgend - ich dachte, an Weihnachten wenigstens ein bißchen in den Archiven zu blättern - stieß ich auf den Animationsfilm (womöglich aber auch eine Doku oder einfach ein metallisch-oxidierter Prono) von Michael Sullivan aus New York.

Der hockt seit einigen Jahren zwar rasurapparatelos, dafür aber mit einer Vielzahl anderer obskuren Maschinen und einer alten Kamera in seiner Atelierbude und bastelt aus alten Barbiekens vom Flohmarkt kleine, ordinär lebensechte Robotniks. Und filmt dann, wie die sich aus Langeweile und elektrischem Trieb wie die Tiere benehmen.

Hättet ihr, ein wenig Bastelfreude vorausgesetzt, auch selbst drauf kommen können.

>>> RoboMike