
Mittwoch, 6. Juni 2012
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Freitag, 1. Juni 2012
Also, die Geschichte geht so. Da ist diese Tochter, 14 oder 15, die nervt den halben Tag. Tochter steppt oder "cloggt", ich kenne mich mit den Feinheiten nicht aus, jedenfalls trägt sie keine Gummistiefel, es kann also nichts Irisches sein. Sie nervt also rum, sie ist 14 oder 15, meine Güte, und am Ende sagt der Vater, gut, damit Ruhe ist. Und er legt ein paar alte Spanplatten raus in den Hinterhof und kann nun gemeinsam mit der Mutter und dem Esel und dem Hund und dem Huhn und auch der Katze von der Terrasse aus zusehen, wie Tochter zu Hits wie "Folsom Prison Blues" oder "Mad World" oder Love Song von The Cure oder zu Siouxsie and the Banshees oder Oingo Boingo steppt oder cloggt, ich kenne mich mit den Feinheiten nicht aus. Vater hat natürlich keine Ruhe, den ganzen Tag das Geklöppel im Hinterhof und nun muß er auch noch die Kamera halten, weil die Tochter ein Internetstar geworden ist und regelmäßig bei der Firma Youtube auftritt. Es sind nämlich oft die Hinterhöfe, in denen wahre Kunst gemacht wird. (Oder Garagenauffahrten, wir erinnern uns an Groovy Girl, wo man als Vater wahrscheinlich auch denkt, Himmel, da tanzt meine bekloppte Tochter mit ihrer dämlichen Strickmütze wieder in der Garagenauffahrt, hoffentlich sehen es die Nachbarn nicht - und ist heimlich natürlich doch stolz.)
Dieser Beitrag ist für Isa, die ja nicht nur vom steppenden Fach ist und ihr Blog gerade so hübsch aufgefrischt hat.
>>> Rockerclogger, All Shook Up.

Mittwoch, 30. Mai 2012
Hamburger sollen bitte nicht weiter über das "drohende Clubsterben" lamentieren. Den Verfall der Live-Kultur, dem Wegfall kleiner Bühnen. Leute, dann müßt ihr aber auch mal hingehen, müßt ihr. So blieb es an mir, sich gestern vielfach bei den Damen und dem Herrn Künstlern zu entschuldigen, die extra aus Frankreich sich mit ihrem kleinen Schiff auf den Weg machten, um vor gestandenen Hanseaten ihre lieblich versponnen Sirenenweisen zu singen.
Kurzzeitig fürchtete ich, daß Konzert von Ödland fände vor nur zwei zahlenden Zuschauern statt, glücklicherweise kamen aber doch noch eine Handvoll weiterer Leute die ich mit Peitschenhieben in den Laden trieb, die einen unvergeßlichen Abend erlebten. Der Rest von euch, Guten Morgen!, kann sich das dann nächstes Jahr auf Kampnagel anschauen, aber nicht mehr im beschaulichen Wohnzimmer der Astra Stube. So blieb Zeit für ausführliche Plauderei mit der Band. Sängerin Alizée spricht hervorragend Deutsch, meine charmante Begleitung überraschte mich mit ihrem ausgezeichneten Französisch, ich tat gewohnt weltklug und so entsponn sich eine muntere Unterhaltung über le dies und la das, nach deren Ende ich mehr wußte als vorher. Auch das habt ihr verpaßt.
Der kammermusikalische Vortrag war entzückend, um Lorenzo Papaces Klavierspiel, das den Laden sozusagen zusammenhielt, wanderten Geigenklänge, diverse Spielzeuginstrumente, eine Schreibmaschine und eine singende Säge - und eben der stoisch-dramatische Gesang von Alizée Bingöllü ("Wir lieben Umlaute"). Einen ungefähren Eindruck gibt es hier. Gestern war es aber noch toller, schließlich war ich dabei.
Anschließend ließ ich mir wie ein nervöser kleiner Junge von der Band meine CD vollmalen. Ich war aber ganz locker dabei.
Hier noch mal alle Tourdaten. Berlin und Wuppertal zum Beispiel stehen noch aus. Macht euch nicht unglücklich, geht lieber alle hin.

Dienstag, 29. Mai 2012
Heute dann nur 32 Km, aber die fuhren sich dafür wie von selbst. Diesmal quer durch ein anderes Naturschutzgebiet, rumpelige Feldwege, dann über die Brücke zum Olympiastützpunkt, Füße ins Wasser halten, Kanuten beobachten, Bauchplatscher, vom Liegetuch nebenan rollt Adele herüber. Was fehlt, ist ein Picknickkorb.
Ein bißchen träge in der Sonne liegen. Eine Schwimmerin macht Übungen. Als ich jünger war, habe ich sportliche Frauen durchaus auch mit einem erotischen Interesse betrachtet. Jetzt von der Ersatzbank aus ist es mehr der Neid auf diese verdammt unbekümmerte Gesundheit. Was die alles wie selbstverständlich machen können. Neues Ziel: wieder so in Form kommen. Den Sommer in der Stadt bändigen.
Abends ein paar Gedanken verfertigen, im neuen Buch von Miranda July blättern. Auf dem Kanal ziehen zwei Entenfamilien ihre Kreise. Die eine hat drei bereits etwas älteren Nachwuchs, die andere sechs Küken, die wie am Faden aufgereiht zwischen Mutter und Vater eilig übers Wasser paddeln.
Ein einfaches Essen. Aus dem geöffneten Küchenfenster nebenan weht heiterer Fado herüber. Amália Rodrigues. Irgendwas von Einsamkeit.

Montag, 28. Mai 2012
Pfingsten, ein Fest für Geist und Bewegung, Davonstehlungs- und Selbstverfolgungsfahrten. Das Wetter verbietet den Übergangsmantel, man preise Vitamin D als neues Salz auf der Haut, setze sich also der Sonne aus, eine bleiche Winterklage auf zwei Rädern. Die alten Strecken allerdings verströmen langsam einen Geruch von Langeweile, wie abgestandene Sonnenmilch, die übrig blieb von einem zu lange zurückliegenden Urlaub.
Also einfach mal weiterfahren, immer weiterfahren, mal kurz den Rückweg vergessen, mal kurz unbekümmert tun, sollen die mich doch auflesen oder liegen lassen, ich bin jetzt Doom-Rock-Radler, ich zerdehne die Zeit in eine ganz andere Dimension. Mit lufterfrischten Reifen und derartigem philosophischen Unterbau geht's gewundene Deichstraßen an verwitterten Häuschen und Gärtnereien entlang, ich setze mir immer neue Etappenziele, die Sonne summt, das Tretlager läuft erstaunlich ruhig, nach Südosten weist die Nadel, bis nach 25 Km dann das Zollenspieker Fährhaus den Schlußpunkt markiert. Wieder einen weißen Fleck auf meiner Umgebungskarte ausgemalt.
Eine Motorradgruppe wartet auf die Fähre über die Elbe Richtung Winsen, ich setze mich in den Biergarten und trinke zum ersten Mal in meinem getränkeverseuchten Leben ein "Alster" (das ist "Radler" für euch da unten). Irgendwie dachte ich, warum auch immer, das sei Bier mit Wasser verdünnt, aber Himmel, das ist ja Limo drin! Bäh! Das kann man doch nicht trinken, wieso sagt mir das keiner? Der Inder neulich hatte mich ja schon vorgewarnt, aber daß ihr mich tatsächlich so ins offene Messer laufen laßt, hätte ich nicht erwartet. Unbekümmert wie ich war, hatte ich mir gleich ein Großes geben lassen, was in meiner sozialen Umgebung sicher zu nur noch mehr Gelächter führen wird. Ich lasse mir aber nichts anmerken, denn neben mir saß ein ganz in Orange gekleideter Pirat, und ich will mir nicht meine frei geäußerten Emotionen stehlen lassen. (Gibt es überhaupt ein emotionales Eigentum?)
Wie in einer Moselschänke sitzt man dort etwas erhöht, kann hinunter aufs Wasser und die Boote schauen, manchmal zieht ein Binnenschiff vorbei oder eine Erinnerung, ein halbverkokelter Traum, dann muß ich aber aufpassen, daß mir beim Notizbuchkritzeln nicht die Bleistiftmine zerbricht. Zurück dann über einen anderen Weg, links Naturschutzgebiet, rechts auch Naturschutzgebiet, es sieht eigentlich aus wie immer, wie das halt so ist hier im Norddeutschen. Wohin du auch fährst, es sieht aus wie immer, man sagt am besten "och jo" und gibt sich einfach weiter unbeeindruckt. Unten am Sperrwerk ist die Villa nun weggerissen. Das alte Spiel, erst vernachlässigen und dann erkennen, das alles unrettbar verloren ist. Kenne ich, ist mir auch schon passiert. Wat fott es, es fott, sagt man im Rheinischen, man kann Jammern oder es besser lassen.
Wie beim plörrig-süßen Alster richtig gerechnet, steht am Ende 52 auf dem Tacho. Das ist nach den deprimierenden Erfahrungen von vor ein paar Wochen ein ziemlich guter Wert. Man weiß ja nicht, was später ist. 52 Km, das ist ganz gut. Das muß ich mal festhalten. Wenn man mal jammert, kann man zurückblicken und sagen, Mensch, 2012 war aber auch das Jahr, als du noch 52 schafftest. Erinnert mich daran.

Sonntag, 27. Mai 2012
Was war das früher™ immer nett, wenn in Blogs der Schlager-Grand-Prix live kommentiert wurde. Bissig, witzig, manchmal auch bißchen gemein. Aber immer fair. Vermutlich findet das nun bei diesem Twitter statt, vielleicht aber auch gar nicht mehr.
Die Idee ist mittlerweile bei den Großmedien eingezogen. Spiegel Online kommentiert live, aber irgendwie auch viel zu ernst, der Unterhaltungspreis hingegen geht an den österreichischen Standard, der mit Schmäh und sanfter (Selbst-)Ironie den angemessenen Ton für diese Kreischgymnastik findet. Man vergleiche auch die unterschiedliche Bewertung des deutschen Beitrags.
Hübsch auch die Live-Fotobeweise aus der Redaktion und bösen Spitzen. Mein Favorit: "Christine Lagarde hat sicher nicht für Griechenland angerufen." - "Sie sucht aber immer noch die richtige Durchwahl für Afrika."

Mittwoch, 23. Mai 2012
Auf der Suche nach Wahrheit und meinem alten Selbst schaue ich derzeit noch einmal alle Folgen von Akte-X (dazu später mehr). Wir erinnern uns, dieses romantische Drama aus den 90er Jahren über die vollzugsverhinderte Liebe zweier Agenten des FBI, die vor lauter Arbeit im Bereich des Paranormalen kaum zum Kuscheln kommen.
Man weiß bekanntlich aus Studien ("Beunruhigende Studie enthüllt: Studienergebnisse können beunruhigen!" Ellen DeGeneres), daß die Bindung von Paaren um so stärker ist, je größer und gefährlicher die Abenteuer und Gefahren sind, die sie gemeinsam überstanden haben. Viele beherzigen das, nur manche vergessen das gemeinsam dabei, und stellen die Studie fälschlich in Frage.
Mulder und Scully jedenfalls haben viel mitgemacht, man zählt es am Ende gar nicht mehr, wie oft sie sich wechselseitig in Krankenhäusern besuchen oder angeschossen, vergiftet, infiziert, verbrannt oder auch einfach bloß sehr müde aus rauchenden Trümmern, unheimlichen Erdlöchern oder streng geheimen Hochsicherheitslaboren ziehen mußten. Normaler Elternalltag, würde man sagen, und insofern eine gute Übung für höhere Familienaufgaben. Um etwas anderes ging es in dieser Serie nicht.
