Montag, 4. August 2008


Das glücklose Kind

Während draußen, dort hinter der Scheibe, das hanseatische Wetter in unentschiedenem Taumel zwischen Sommervergnüglichkeit und Herbsttrübsal gaukelt, hilft eine moralische Erzählung ohne Moral das innere Gleichgewicht auf Null zu justieren. In anderen Worten: Einer meiner absoluten Lieblings-Lieblingsgeschichten eines meiner Lieblings-Lieblingsautoren gibt es hier zu sehen.

Einen schönen Start in die Woche wünsche ich.


 


Freitag, 1. August 2008


Makulatur



Beim Augena rzt

Hm, sagt er. Und noch einmal Hm. Wir behalten das im Auge.


 


Mittwoch, 30. Juli 2008


Merz/Bow #12

Wenn Dreijährige sich wichtig vor einem aufbauen, dabei ein Schüppchen mühsam hinter dem Rücken verborgen halten und mit empörter Stimme eine sogenannte Behauptung aufstellen, etwa in der Art, sie hätten aber niemals nie nicht im Sandkasten gespielt - dann gibt es einen ganz einfachen Trick. Man kann sie einfach umdrehen, an den Füßen fassen, hochheben, kopfüber hängen lassen und Zeuge werden, wie Sand, pfundweise, eimerweise Sand, aus Hosentaschen, Ritzen, Aufschlägen, Nacken und Pullover rieselt, strömt, rinnt und sich zu einem hellbraunen feinkörnigen Kegel auf dem Boden erhebt, in den mit knirschendem Plumpsen das Schüppchen fällt. Dann kann man das kichernde Kind zurück auf die Füße stellen, es kräht etwas von 'ustig und kratzt sich, und man sagt, dabei auf den Sandhaufen deutend: "Siehst du, das nennt man einen Tatsachenbeweis."

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Der Nachteil: Es funktioniert nur mit Dreijährigen.

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Das mit der Hitze und dem Jubel stimmt. Ich war damals im Stadion.

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Zoë Bell ist Skorpion, kommt aus Neuseeland und kann verschiedene Dinge sehr gut. Auch gefährliche. Ich wette, sie backt verdammt guten Kuchen.

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Loyalität ist eine Charaktereigenschaft, die jedes Heim regendicht macht. Sei Candle In The Wind, aber niemals Fähnchen.

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Wetter geht immer. Vor allem, wenn so heiß, so drückend, so feucht ist. Man trägt nicht viel, und alles klebt. Ich möchte nicht sagen, wo. Man kann Außer Atem kommen. Manchmal hilft ein Gang in eines dieser klimatisierten Bekleidungshäuser. Die gute Nachricht: Die Herbstmode ist da.

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Ich wünschte, die grüne Fee käme und stellte mir einen weiteren Wunsch frei.

MerzBow | von kid37 um 15:58h | 34 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Dienstag, 29. Juli 2008


Fracksausen

In der wie ein gutherziger Landesfürst verehrten, hosenbundlockeren Reihe Mit toten Tieren durch das Jahr möchte ich nun das Augenmerk auf diejenigen Verflossenen richten, die man am wenigsten vergißt: die mit den exotischen Namen. Eudyptula minor ist es, der Zwergpinguin, der hier eine letzte Parade ohne Showtreppe feiert. Das gesellige Wappentier eines alternativen Betriebssystems gilt zurecht als einer der bestangezogenen Vertreter von Funk und Fauna, parkettsicher und stets vorzeigbar. Doch dieser Geselle blieb alleine am Strand, vergessen vielleicht von seinen Freunden, die lieber ohne ihn zum Steptanz wollten. Vielleicht hatte er auch keine, vielleicht war er auch einfach nur... alt. Oder traurig. Es ist ja soviel Kummer in der Welt.

Das Reisemitbringsel, verdanke ich übrigens dem geschätzten Kollegen Comicneurotiker, der hier 1, 2, 3 von seiner bunten Reise durchs pittoreske Neuseeland berichtet.


 


Montag, 28. Juli 2008


Rocken, Ringen, Raufereien



Es gibt Tage, die sind so heiß, da kennt Schweiß keine Richtung mehr und will auch von Erdanziehungskraft nichts wissen. Und die Nächte erst! Derart vorgeglüht fand das turbulenzerprobte Tag Team der Neigungsgruppe Kummer & Trunk sich wie von Magnetenhand gezogen im Hafenklang wieder, bereit für das Rock & Wrestling 2008. Seit mich Herr Axel K. damals auf diese ebenso exquisite wie feinsinnige Kulturveranstaltung aufmerksam machte, die Frauenherzen höher und Männermuskeln stärker schlagen läßt, weiß ich, daß das Leben sich nirgendwo so ehrlich und gerecht präsentiert wie im improvisierten Wrestlingring entspannt verranzter Kellerclubs.

So bekam dann im Laufe des Abends der sich selbst feiernde Bumble Bee ebenso eins auf die Glitzerflügel wie der selbstgerechte Texas-Cop, dem der Pope of St. Pauli gehörig die blaufleckigen Leviten las. Allesamt völlig zurecht übrigens. Halbnackte Männer (und Frauen) zeigten Einsatz für Moral und Ehre, angefeuert von einer enthemmten, aber immer fairen Menge, die nicht nach Schönheit, sondern wahrer Arbeit schrie.

Auch wenn am Ende Macho-Mann Captain Penis vom charmanten Nummerngirl die Testikel neugeordnet bekam - mein Favorit bleibt Loony Lobster, zumal er mit einem bekannten Schlager der B-52's das beste Auftrittslied hat.

Lauter, heiserer, trunkener - das diesjährige sauerstoffreduzierte Schlachtfest war wieder eine Herausforderung an Mensch und Material. Wohl dem, der auf Bieratmung umstellen kann! Aber seltener geht eine Nacht, in der schwitzende Leiber aneinanderklatschen, beglückter und schneller auch vorbei.

>>> Video vom letzten Jahr
>>> Kurzer Clip von 2008

Bilder in den Kommentaren.

Radau | von kid37 um 10:22h | 27 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Samstag, 26. Juli 2008


...

Hicks.

(Ich habe Dinge gesehen.)


 


Mittwoch, 23. Juli 2008


Maison de rêve

Eigentlich dachte ich immer daran, meine Wohnung nach und nach so einzurichten wie im Video zu Closer. Nichts Aufdringliches, gedeckte Farben, mechanische Wunderträume und ein kleiner Hauch Gemütlichkeit. Bei Apartment Therapy, sonst immer eine hilfreiche Konsultationsquelle, hieß man mich einen hoffnungslosen Fall, andererseits will man im Leben ja nicht alles selber machen.

Nun hat Kelly ein Haus in Brüssel entdeckt, das mir wohl gefallen würde: Das Maison Autriqe ist in mehrerer Hinsicht ein Traum. Ausreichend Platz für eine kleine Addams-Familie, einen bullernden Ofen, in dem ein Kuchen backt, Krempel Schätze auf dem Dachboden, verborgene Winkel und viele gute Gedanken, die vielleicht nur ein wenig abgestaubt werden müßten. So wie ich.

>>> Maison Autriqe


 



Graumilch

Mercy. Als der Zug sich der großen Stadt nähert, Duffy in meinem Ohr etwas von zerbrochenen Träumen summt, verdunkelt sich der Himmel, kriechen schwere Wolken langsam über den Horizont. Die Regentropfen verwischen am Fenster, schlieren vom Fahrtwind gedrückt über die Scheibe, flüstern in eine Richtung, säuseln und locken, doch ich folge einer anderen Bahn.




Stepping Stone. Wie alles verschwand, nachließ, zurückwich. Die Fotos, die Zettel, schließlich die Zeit, die Mühe, das Wir. Wie Wörter keine Sätze mehr bildeten. Und wie man sich aber alles zurückerobern muß, wie man zulassen muß, daß es zurückwächst, man selber nämlich, heißt das, Stück für Stück. Das Verlorene, freimütig Verschenkte und Gestohlene. Wie es plötzlich ein Vorteil ist, die Stadt nicht zu kennen, ihre Nacht nicht und kaum ihre Tage. Ihre Orte. Weil wenigstens sie nun frei von Erinnerung sind.



Hanging On Too Long. Sind sie aber nicht. Der Stadtplan ist gespickt mit glitzernden Klingen, es heißt, man habe einen Koffer in der Stadt. In der Suicide Pension, fahlgelbes Licht mitten im Niemandsland zwischen Notaufnahme und Notstandsgebiet, sitze ich tief nachts oder früh, wer will darüber richten, an einem sehr kleinen Tisch, öffne ein Care-Paket, esse Kuchen. "Zuhause ist, wo du willkommen bist." Und nicht nur Gast. Viel später klappe ich das Messer zu.




Serious. Mit melancholischer Bescheidenheit und leicht katergedämpfter Ruhe lande ich am nächsten Tag erst bei Araki, später dann ausgerechnet und jenseits jeglicher Absicht in einem Café, in dem der Kreis sich schließt. Es sind die richtigen Fragen, die ernsthaften Sätze, das Gefühl, nicht vergessen zu sein. Ich sage, du hast da etwas leicht Irritierendes auf deiner Jacke. Und bin hingerissen.




Rockferry. Als ich später die Pflaster am Tisch eines Restaurants abnehme, strömen Grimm und Erinnerung zwischen zerbrochenen Biergläsern in mäandernden Bächen über den Tisch. Man schüttelt den Kopf, sucht einen Pfad, ich zeichne derweil eine Karte neu. Wir bestellen eine Runde Getränke. Sie heißen "Heitere Aussicht".

Auf der Straße wummert Musik, Menschen wagen zu lachen, wir beobachten die Lichter, sichern Terrain, dann schmuggelt man mich auf eine dieser Parties. Es ist Fashion Week. Junge Menschen, sehr jung, sehr dünn, tanzen zu Devine im Elektroclashmix. Auf der Treppe kommt mir ein bekannter deutscher Schauspieler entgegen, hüpft an mir vorbei, die sind immer so klein, sie strahlen deshalb doppelt so breit. Das Haus, wie entkernt, ist gefüllt mit synthetischem Schweiß und neonfarbenen Lichtern.




Warwick Avenue. Wenn man Antworten sucht - nun, da ist die Tür. Am Sonntag bricht wieder die Sonne durch, und ich gehe in den Park, der noch Spuren trägt. Ich laufe über die Wege, in festeren Schritten, markiere die Pfade neu. Es tut mir so leid, denke ich. Ich mußte alles töten, damit ich... was eigentlich. Das Wegegewirr nun, die neue Karte - es sieht immer noch nicht, noch lange nicht aus wie Kansas. Nein.

Manches eben kann man nur glauben. Und man darf eins nicht vergessen: Was immer sie dir auch erzählen - du kannst immer nach Hause zurück.