Montag, 5. Mai 2008


Und ganz ohne Bananenfisch



Ein perfekter Tag, herrliches Wetter lockt die Neigungsgruppe Elbe & Aussicht hinaus an den Fluß. Unternehmungen müssen ja nicht spektakulär sein, was nutzen Klang, Schall und Rauch, es gibt andere Qualitäten, für die man sich bloß Zeit nehmen muß. Die Sonne genießen. Mit der Fähre geht es hinaus, an den Docks vorbei und dem übermütigem Schiffsverkehr. Unten am Strand lauter Sonnenrebellen, niemand hält sich hier ans Grillverbot. Man wird dereinst Fragen standhalten müssen: Seymour hatte möglicherweise sechs Zehen, wir aber sind friedlich, treten stets sachte, bleiben beschuht und in gestreifter Uniform. Zu sagen gibt es ja nicht viel, wenn man zusammen schweigen kann. Sonnenwarme Ruhe, sich wieder gemocht fühlen, die Affen tanzen heute ohne Helios. Wir aber wollen der eigenen Müdigkeit voranlaufen, auf eine andere Erschöpftheit zu. Steine, die im Wasser liegen, hautentspannte Tagträume, der eigene Hunger braucht schließlich kein Fernsehprogramm.





Im Karoeck einfach sitzen. Schaumlos, traumlos, im letzten Hauch der Abendsonne. Perfekte Stunden. Ich erzähle von der See, ich erzähle von den anderen Tagen. Dem Blut auf dem Boden und Sonnenbrillen, die wie ein Herz geformt sind. Von schweren Motoren und leichten Mädchen und wie die Mosaikstücke in immer neuen Mustern zusammenfallen. Wenn man es nur wagt. Wie man nie dort bleiben darf, wo man nicht gewollt ist. Wie mich die Kunst lehrte, daß Herzen sehr weit sein dürfen, aber niemals verräterisch.

Still für mich mache ich mir eine Notiz, an solchen Tagen wieder Salinger zu lesen, emotionale Strömungslehre am großen Fluß. Anschließend aber, die Muse ruft, erst noch zu Kunst & Trunk beim famosen Herrn Krüger.



Der zeigt derzeit die Ausstellung "Aus dem Orchester nächtlicher, gleichsam erhöhter Räume hervortretende Balkone über dem leeren" von Lily Wittenburg. Filigrane Zeichnungen, hingetuschter asiatischer Einfluß , die Abszenz des Individuums, Fragmente einer flüchtigen Erinnerung: Lily Wittenburgs Arbeiten verbreiten eine zarte Atmosphäre, halten eine fragile Stimmung derart im Gleichgewicht, daß man nur leise aufzutreten wagt.

(Lily Wittenburg. "Aus dem Orchester nächtlicher, gleichsam erhöhter Räume hervortretende Balkone über dem leeren". Feinkunst Krüger, Hamburg. Noch bis zum 24.5.2008)


 


Freitag, 2. Mai 2008


Wie Gesichter in der Nacht

© Robert Gregory GriffethDarauf kann man ruhig regelmäßig hinweisen: Robert Gregory Griffeth, immer noch einer meiner Lieblingsfotografen, präsentiert einige neue Bilder auf seiner Webseite. Dunkle Gestalten aus noch dunkleren Träumen, viele staubige Zimmer in einem Haus voller Fragen. Dunkelkammerarbeiten - eine aussterbende Kunst, die mich daran erinnern, wie es war, als die Hände nach Fixierer rochen, und man tief in der Nacht, Zeit und Raum vergessend, aus einem rotbeleuchteten Raum kroch. An den Wänden das, was man soeben als erster und zum allerersten Mal gesehen hatte. (In glänzender Schönheit, die Flecken und Kratzer meist erst am Morgen danach dem kritischen Blick offenbarte. Den Zauber der Nacht durchbrach.)

Wer aufmerksam schaut, wird auch in der Linkliste einiges Interessantes entdecken. Wir müssen alle an uns glauben.


 


Freitag, 2. Mai 2008


Heraus zum ersten Mai



Demotag in Hamburg, Schwarz gegen Grün, Schwarz gegen Braun, alle gegen alle. Am 1. Mai dann angenehm sonnige Ruhe zwischen Marktstraße und Schanze. Verborgene Winkel schauen, kleine Läden, die Veränderung, das Geschriebene an der Wand. Bis einer heult. Oder die Mutti was sagt.



Man kann über so vieles sauer werden. Oder es lassen. Eine Fliege in die Suppe werfen oder als Strick um den Hals tragen. Man darf sich nur nicht in der Sonne stehen, lieber gemeinsam sitzen, bei einem Kaffee. So wie heute, als verliebte Paare an den Tischen sitzen, sie fährt ihm sachte durchs Haar, er erklärt die Weltformel und hat für einen Moment keinen Blick für ihr Lachen, das zu mir herüberblitzt.



Am Ende des Tages, so sagte der Vater, muß man wieder zusammensitzen können. Ich atme milde Luft, versuche, schlaflose Nächte zu vergessen, den ungerechten Zorn und den gerechten auch. Am Ende eines langen Tages, einer Wanderung durch Trümmerland, merke ich, wie ein Teil der Ruhe zurückkehrt.



Am Abend also mein nächstes Bekenntnis zum Spießer, das letzte Wort zum Nachtgebet: Ich gebe alles zu. Heute habe ich einen Rauchmelder installiert.


 



...

Als wären nie die eigenen Messer scharf.

| von kid37 um 05:42h | | Link

 


Mittwoch, 30. April 2008


Winde dein buntes Band...



Aaaah, heute morgen, als ich an meinem Basilikum schnüffelte, einen tiefen, bewußtseinsverachtenden Zug tat, wurde mir klar: Es muß endlich Frühling sein. Heute abend, im Mondenschein, werden Hamburger Jungfern in weißen Kleidchen über die Alsterwiesen tanzen und bunte Bänder zu sanfter Musik um aufgestellte Maibäume winden. Ich werde mich zu den anderen Burschen gesellen, ein angegorenes Getränk in der Hand, wie etwas, das der Wind angeweht hat, und im Kopf ein wenig mitsummen. Und im Herzen natürlich auch.


 


Dienstag, 29. April 2008


Heart Shaped Box

Ich weiß gar nicht, womit man mein Herz mehr gewinnt: mit verlockender Backware (herzig) oder einer verlock'n'Lock-Dose (praktisch). Soll ja nicht heißen, es gäbe keine schönen Momente.

Bald lockt auch wieder die Picknickzeit. Ich weiß noch, vor Jahren, als wir rausfuhren an die See, die Tasche mit leckeren Dingen gepackt, die Sonne aufsaugten, ein Eis aßen, uns gegenseitig fotografierten und den Zauber der staubigen Ecken entdeckten.

"Ist das ein Experiment?" fragt sie lachend, und zeigt auf die verschrumpelten Äpfel in meiner Küche. Und mir scheint, als seien die beiden verdorrten Stücke Obst zwei Vergessene. Wie verdurstete Schiffbrüchige, die in meiner Schale treiben, wie auf einem Ozean, von dem man nie dachte, daß es auch dort einmal stürmt. Ein existentielles Drama - und das mitten in meiner Küche!

"Nein, kein Experiment", sage ich. Fotodeko, alles nur Fotodeko. Das Leben sollte als Inszenierung betrachtet werden. Und manchmal, und ich werfe dabei die Äpfel, keiner schöner als der andere, in den metallenen Eimer, geht man vor dem letzten Akt. Und ich erinnere mich an diese Dose, da sind die Dinge wasserdicht bewahrt. Seenotration: Die Muffins duften köstlich - von mir aus jeden Tag. Vielen Dank.


 


Montag, 28. April 2008


Lady Lazarus

Die Fotografin und Filmemacherin Janieta Eyre lebt in Toronto und fasziniert mit Witz, surrealen Ideen und einer ganz wunderbar verstörenden Ruhe. Ihre manipulierten Zwillingsbilder sind keine technischen Feuerwerke - Eyre erzählt lieber kleine abgründige Geschichten, stoisch, befremdend, anrührend und immer sehr humorvoll, alles ohne eine Miene zu verziehen. Ein wenig weht der Geist von Cindy Sherman durch die Sets. Ach - und Ringelstrümpfe sind auch dabei.


 


Sonntag, 27. April 2008


Was lustiges, was trauriges, was böses




Drei Texte, lustig, traurig, böse - sozusagen die Kid'sche Palette, aber ganz ohne Zuckerguß. Was auf meine Blätter tropft, ist Schweiß und keine Tränen, die Sonne schickt einen einzigen kräftigen Strahl durchs Fenster der Baderanstalt - das ist dann wohl der Zuspruch, der mir von ferne zugesagt war. Toll war's - und als ich Mek zum Bahnhof bringe, sage ich, ich müsse mal wieder mehr raus. Nach A und B, das wird ja jetzt wohl gehen.

Überhaupt: Es tat gut, liebe Menschen nach teils langer Zeit wiederzusehen. Wichtig auch. Die Lu hat sogar einen Kochversuch, Käsebrot del mare an Basilikum und Reis, im hermetischen Café überstanden - ich wachse noch über mich hinaus. Ach ja: Und gelacht habe ich auch.