Dienstag, 6. März 2007


Kool Killer

Ach. Nun ist der Mann, der sagte, Blogs beschrieben nicht mehr die Wirklichkeit, sondern haben diese längst schon ersetzt (oder so ähnlich), gestorben, wie der Spiegel vermeldet.

Jean Baudrillard (1929-2007) hat sich übrigens auch als Fotograf einen Namen gemacht. Ein Bilderkritiker und ein Bildermacher eben.


 


Dienstag, 6. März 2007


Sweet Candy

Edie, Edie, Edie,
Is a sweet candy

(5.6.7.8's, "Edie Is A Sweet Candy")




Trailer sind oft so dicht und schnell und zugespitzt geschnitten, daß der lange richtige Film Mühe hat, den Erwartungen, die solche Vorversionen auslösen, noch gerecht zu werden. Bei Factory Girl werde ich aber das ernüchternde Gefühl nicht los, daß eine noch größere Enttäuschung bevorsteht. Wenn schon der Trailer so lustlos und steril wirkt. Artifiziell müßte man sagen - wäre das im Universum Warhola nicht schon wieder ein Kompliment.

>>> Webseite der 5.6.7.8's

Super 8 | von kid37 um 00:00h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Sonntag, 4. März 2007


Im Bloghaus allein kann ich nicht wohnen

Dieser Tagebucheintrag wird Ihnen präsentiert von: *** FLIESEN MÜLLER - DENN FLIESEN MÜLLER HAT JEDE FLIESE! ***

Dem Klabunde hätte man heutzutage gleich Bescheid gegeben, mal schön diese affig moralisierenden, altmodisch spaßbefreiten Forderungen im Schrank zu lassen, wo andere Menschen doch bloß Fun und Gewinn haben möchten. Aber wenn es heißt, Blogs seien "Kultur" - und Kultur ist für mich ein Grundgut wie Wohnen auch - dann ist es schon eine grundsätzliche Frage, welche Art von Kultur man da genau meint und wie man mit ihr umzugehen gedenkt. Ich nehme es mittlerweile hin, wenn Ausstellungen und Festivals deutlich sichtbar gesponsert werden, weil anderenfalls die Mittel nicht verfügbar wären. Immerhin sind aber die Produktionsmittel des Bloggers so günstig und einfach zu handhaben wie nie - mehr als ein wenig Zeit braucht es eigentlich nicht, um sich einen Platz, einen Ort zu schaffen, dort schalten, schreiben und walten zu können, wie man mag.

Natürlich muß jeder für sich selber sehen, wie er diese Chance nutzt. So viele wollen schließlich ihr Hobby zu Geld machen. Und der Bogen von Bannerwerbung zu bezahlten Beiträgen ist sehr weit und jeweils neu zu bewerten.

Es wäre aber schade, wenn private Blogs eines Tages so nervig daherkämen wie billige Prospekte, die man mir samstags unter der Tür durchschiebt. Aber vielleicht ist es dann auch durch mit dieser Geschichte, dieser Kultur. Man schaltet halt nicht mehr ein, so wie man den Fernseher wegen der ganzen Astro-, Homeshopping- und Gewinnspielscheiße nicht mehr einschaltet. Vielleicht geht man dann einfach mehr raus, trifft sich mit Menschen, liest wieder ein Buch oder gründet eine Band. Da ist man ja sehr frei.

Da ich Wohnen aber muß, und die Ansichten des Herrn Klabunde nicht sonderlich hoch im Kurs stehen und auch kein Vermieter sagt: "Blogger? Tolle Sache, so einen brauche ich im Haus, wollen Sie nicht mietgünstig bei mir wohnen?", bin ich ehrlich gezwungen, meinen eventuell bevorstehenden Umzug mit fremden Mitteln zu finanzieren. Ich habe zweckgebunden einige dufte Firmen aus diesem Bereich angeschrieben und lasse mir nun mein Tun und Handeln an diesem Ort sponsern. Super diskret natürlich.

Habt ihr eigentlich schon mal über neue Fliesen nachgedacht?


 


Freitag, 2. März 2007


Sanftes Töten



Von manchen Erkenntnissen glaubt man ja, sie seien auf dem neueren Mist retroagrarisch-esoterischer Sonnenblumenkulte geboren und erst im Nachhinein von einer naturwissenschaftlichen Empirie möglicherweise nur widerwillig bestätigt worden. Was Großmutter aber noch wußte - ohne CSI und Genforschung - ist dann eben das verblüffende Wissen der Erfahrungswissenschaft, deren Existenz von den Faktenhubern dieser Welt ja gerne in Abrede gestellt wird.

Frei nach dem Motto, Wat der Buer nit kennt, dat frit er nit, könnte man im Umkehrschluß anschließen: Der Bauer weiß wohl, daß Fleisch nicht schmeckt, wenn man die Tiere vorher terrorisiert hat. Dies nur auf dem Einkaufszettel solcher rohherzigen Leute notiert, die morgen wieder nach dem Frischgeschredderten aus der Kühltheke greifen. Der Schnipsel stammt übrigens aus einem ganz wunderbaren Nachschlagewerk, welches ich immer wieder gern für die allerunmöglichsten Dinge zu Rate ziehe, die dort dann recht amerikanisch-pragmatisch erklärt werden:

The Scientific American Cyclopedia of Formulas. New York, 1925.


 


Donnerstag, 1. März 2007


Ja, Baby, du und ich

Wir können nicht den ganzen Tag Chianti trinken.
Oder uns Flausen aus dem Kopf rausziehen.
Nein, Baby, das Leben ist keine Kuschelsteppdecke.
Man muß zusammenstehen in harten Zeiten.

Ja, Baby, du und ich.
Wir lachen einfach den Hypotheken ins Gesicht!
Baby, rück doch einfach näher noch an mich.
Gemeinsam meistern wir die Steuerpflicht.

Wenn die Heizung bullert und die Rechnung ist bezahlt,
kann ein Regenbogen auch nicht schöner sein.
Oh Baby, mit dir geh' ich bis zur Nachttankstelle.
Denn eine wie dich gibt es nicht im Sonderangebot.

Ja, Baby, du und ich...

Ich habe gehört, mit Schlagertexten könne man eine Menge Geld verdienen. Ich glaube, wie für so viele Dinge, Elektro- und Gasgeräteinstallation z.B., habe ich auch für diesen Bereich eine gewisse natürliche Begabung.


 


Mittwoch, 28. Februar 2007


Heilige Parabel!

Die FAZ belehrt mich über die Existenz einer Wiki-Seite zu Thomas Pynchon.

Auf Pynchonwiki gibt es zu bislang drei seiner Romane (Gravity's Rainbow, Mason & Dixon, Against The Day) seitenbezogene Annotationen, Erläuterungen und Interpretationshilfen. Dazu kommen Indices für Orte und Personen und weitere inhaltliche und editorische Anmerkungen. Man hofft, die Informationsflut ruft keine Entropie hervor. Oder gerade doch.


 


Dienstag, 27. Februar 2007


Gut aufgehoben

Dorothea Ottermann, "Überwachung und Identität"

Wenn man so ein Wochenende damit verbracht hat, auf rutschigen Gummistiefeln über lehmverschmierte Holzbohlen zu wanken ("Der Boden wird noch gemacht, das sieht später ganz toll aus!") und mit der Helmlampe dunkle Wohnlöcher zu erhellen ("Morgens haben Sie hier ganz zauberhaftes Licht!"), steht einem der Sinn mit Recht nach dem Guten, Schönen und Erhabenen.

Die Diplomausstellung an der HfbK ist für diese Vermittlungsinhalte ein lohnendes Ziel und bietet zudem die Gelegenheit, mit jungen Menschen in Kontakt zu kommen. Allgemein fand ich die Malklassen dieses Jahr ein wenig nun ja, teilweise machten die Fotografien, traditionell in Hamburg immer eher schwach besetzt, mehr her. Moki hatte einen schönen Raum, die zahlreichen Videoinstallateure in der Nachbarschaft hingegen habe ich allerdings nur aus dem Augenwinkel zur Kenntnis genommen. Dafür fehlt mir die Geduld.

Waschbecken 2, HfbK 2007Waschbecken 1, HfbK 2007Neben vielen tollen Waschbeckeninstallationen, oft ja der Höhepunkt solcher Akademierundgänge, habe ich aber das Werk von Dorothea Ottermann für mich entdeckt.

Wie ein zum Ausstellungsleben erwachtes Found Magazine präsentiert die Künstlerin unter dem Titel "Überwachung und Identität" eine fantastische Sammlung von gefundenen Notizen, Listen, Fotos, "Ich kaufe ihr Auto"-Karten und anderen Mitteilungszeugnissen als wohl- und neugeordnetes Zettellabyrinth. Ein beachtliches Konvulut und bloß innerhalb eines Jahres gesammelt, wie die Künstlerin mir erzählte. Säuberlich nach Kategorien in Ordnern sortiert und als eine Art Bibliothek schriftlicher Selbstvergewisserung (Notizen an mich selbst, Einkaufslisten) und Fremdmitteilung ("Kümmer dich um DSL!"/"Kann jemand meine Tüten mit nach unten nehmen?") geordnet, entstand eine soziografische Studie, eine Landkarte aus "Ich war hier!"-Kommunikation, die auch viel mit Blogs gemeinsam hat. Oder den manischen Zeitungsschnippsel-Zimmerauskleidungen und Textsammlungen von Serienmördern im Film. Ganz wie man will. Für mich eine sehr witzige, sehr spannende und irgendwo auch traurige Re-Organisation und Re-Dekoration von banalem Alltag, die mir gut gefallen hat.