Mittwoch, 5. Oktober 2005


Merz/Bow #1

I should have noticed the beauty,
And not how it hurt,
Wet like a cherry,
In a bloodbath of birth.

(The Faint, "Birth")

Das schwarze Papier ist alle. Nun muß ich bunte Post-its kleben.

*

Vertrauen is something like a Turm aus Bauklötze im Småland.

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Deutlich sprechen. You say tomato. I say, fuck off.

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"Erwachsen zu sein ist wie einen Tacho bis 210 zu haben und nur 60 zu fahren".

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Älter werden heißt auch, nicht mehr in jeder Kneipe eine Lieblingsbarfrau zu haben. Jetzt habe ich nur noch in jedem Supermarkt eine Lieblingskassierin.

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Geschichte wiederholt sich tatsächlich. Einmal als Tragödie, einmal als Komödie. Erst New York, New York, dann What's Up, Doc?.

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Das trunkene Schiff.

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Bei den Nightmare before Christmas-Action-Figuren nicht wissen, ob ich lieber Sally oder mein Alter Ego, den bösen Dr. Finklestein, nehmen soll.

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Folgen des Absinth-Abusus oder eine seltene Hormonkrankheit. Plötzlich sehe ich auf dem Mittelstreifen Blumen blühen, und die Frauen sehen so schön aus. Ich zwinkere ihnen allen zu.

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Staub ins Auge bekommen. Ich bleibe bei Sally.

MerzBow | von kid37 um 17:27h | 15 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Dienstag, 4. Oktober 2005


Zieht blank, wenn ihr Männer seid!

So, wer schon immer mal dem Wiener Aktionismus auf die Sprünge helfen wollte, erhält jetzt seine Chance. Frau Ginger hat eine mannstolle Aktion initiiert und benötigt dafür herrschaftliche Unterstützung.

Eine gute Gelegenheit für Blogger, mal nicht über Worst BJs und ähnliches zu lamentieren, sondern auch selbst einmal Flagge zu zeigen.

Geschnitten oder am Stück ist wohl herzlich egal, nur dezent sollte es sein. Und Photoshop-Spielereien und andere Verlängerungshilfen sind sicherlich überflüssig.

(Ich kann das Foto erst nach Dienstschluß machen, Frau Ginger. Mein Kollege schaut schon ganz irritiert.)


 


Montag, 3. Oktober 2005


Das Kabinett



Den Tag des deutschen Flohmarkts beging ich mich der Sehr Schönen Frau™, die mir wieder spektakuläre Geschichten erzählte, eisenhart zudem. Ein Blog hat sie aber immer noch nicht. Da sind mir zuviele Bekloppte unterwegs, sagte sie, und ich wußte in dem Moment wirklich nichts zu erwidern, was dieses Argument hätte entkräften können.

Warten wir also ab. Weil wir ein paar Bücher fanden, die jemand weggeworfen hatte, kauften wir weiter nichts. (Gabriele Wohmann, die habe ich ja schon lange nicht mehr gelesen.) Kein Konsum am Einheitstag! Nur stille Einkehr im Warenwirtschaftscafé.

Die Fingerpüppchen oben sind übrigens auch Deutschland. Vor allem der Teufel, Superman und die Krankenschwester. Ich glaube, dieses Trio wird uns demnächst regieren - ich habe da nämlich schon meine Finger drin! Zudem wird bereits allerorten eifrig gestrickt, denn gerade Handarbeit soll sich wieder lohnen. So liest man die Welt auf dem Flohmarkt. Und wäre meine Wohnung nicht so klein, ich besäße eine voll funktionsfähige Zahnarztapparatur aus den 50er Jahren. Muß ich halt so allen auf die Nerven gehen.


 


Montag, 3. Oktober 2005


Dem Trunke

Wir, in unserm Alter, wollen wissen,
Daß der Weg nun wieder rückwärts führt. -
Glücklich wer den freien Drang noch spürt,
Das Getrunkne über Bord zu pissen.

(Joachim Ringelnatz, "Kopf hoch, mein Freund!" 1935.)

MußmehrRock'n'Roll, sag' ich. Zuviel pomadige Ruhe oder bloßes Troll. Briefe zerschneiden und neu, alles neu, zusammensetzen. Meindein Sinn und Deinsein Sinn. Am Ende der Prozente, neige, neige ich den Kopf. Durchs Glas betrachtet, zieht Buchstabensuppe den unscharfschweifenden Nachhall. Machma , du JesusMaryChain. Issaber bißchen wie MachtBefreiungUngeheureEnergie, lall ich. Machma Rev'lution, ich sach Come on, Baby, gib mir Fender.

Am Tag, an dem ich eine Rickenbacker kaufe, wird ein Ruck durch dieses Blog gehen. Denn ich bin Rockland. Prost.

Radau | von kid37 um 00:55h | 13 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 



Liebe Werbepsychologen, 5

Als ich heute morgen mit eisernem Besen mein Haus-und-Hof durchfegte, fiel mir dieses verblüffende Werbematerial in die Finger. "Gesund" und sehr "stilvoll" präsentiert sich eine überaus reichhaltige Menükarte von Gäng Panäng Tofu bis zum Yam Nua (scharf) und schlichtem Soundso-Fleisch auf Szechuan-Art. Eine echte kleine Rundreise also, wie im Text versprochen.

Krieg? Da nehme ich Red Nog Gaijotgte für 6 Euro. Terror? Wie wäre es mit Mongobohnen-Salat für 2 Euro, gefolgt von gerösteter Ente süß-sauer (9 Euro)? Wirtschaftskrise? Da hilft die Getränkekarte: Tshing Tao Bier, Flasche nur 2 Euro. Wer mag, darf auch Pflaumenwein ordern, ohne Stiel, sehr saftig, 7 Euro die Flasche.

Und Arbeitslosigkeit? Vielleicht das Zweimal gebratene Schweinefleisch (7 Euro)? Oder ist das zu sehr altes System? Neue Ideen braucht das Land. Die Fastenspeise Chop Suey ist mit 6 Euro nicht ganz Hartz-IV-tauglich, aber den Mund macht es schon wässrig.

Mit leerem Magen wird man nur unsicher. Frau Modeste, die mich unermüdlich immer wieder auf die Vorzüge der asiatischen Küche aufmerksam macht, hat recht. Nichts hält so sehr Leib, Magen und Gedanken zusammen und löst so viele Probleme wie eine gute Mahlzeit. Eine heiße Badewanne vielleicht, wenn man eine Frau ist.

Endlich Werbung, die hilft, und das sehr konkret. Ich bin begeistert.


 


Freitag, 30. September 2005


Die Mitte

Heute morgen saß ich ungefähr eine Stunde vor diesem Foto*. Ich hatte eigentlich eine Verabredung mit der Corpse Bride und eine weitere mit meinem Chef. Aber dann holte ich mir noch einen Kaffee und saß eine weitere Stunde vor dem Bild.

Ein alter Gedanke sagt - und das habe ich von Gilberto Gil, dem Mann, der dem schönen Mädchen von Ipanema dieses großartige Lied gewidmet hat- die perfekte Mitte sei dort, wo zwei Extreme gleichzeitig möglich sind. Wo die Dinge in sich fallen, Bewegung zwischen den Polen möglich ist und alles seinen Platz findet. Eine Struktur wie die gezeigte mag da übertrieben wirken, pedantisch vielleicht. Aber dann dachte ich, es hat auch so etwas Zen-haftes, Beruhigtes. Das Ikebana der Partykultur, vielleicht.

Man kann sich vielfältigste Arrangements im Leben vorstellen. Manchmal ist das Aufeinanderprallen des scheinbar Unvereinbaren ein Schlüssel für eine neue Dimension. Weil man erkennt, daß alles plötzlich seine Ordnung erhält. Eine Mitte. Der Punkt, an dem alles zur Ruhe kommt.

Über den "Zustand des Nichts" meinte Gilberto Gil weiter: Am Ende ist nur Licht. Und Dunkelheit. Der Dialog zwischen Licht und Dunkelheit, in einer Sprache, die nicht mehr unsere ist. Vielleicht ist das der Punkt, an dem man endlich fähig ist, nicht mehr fähig zu sein. (Die Zeit, 28.7.2005)

(*Anmerkung: Das Foto ist durch ein Skript gegen Deeplinking geschützt. Ich kann nur auf die komplette Seite linken. Da sind aber noch weitere Bilder drauf, die ich nicht meine. Wir machen das jetzt so: Hier kann man die Seite klicken und das obere Foto betrachten. Die Bilder darunter hält man am besten mit einem Aktendeckel zu. Müßt Ihr mir versprechen. Da liegt nämlich eine Frau in einem extrem unaufgeräumten Bett, was ich aus ästhetischen Gesichtspunkten nicht gutheißen kann. Ach so: Not safe for work!)


 


Donnerstag, 29. September 2005


Man sieht es mir an

Es ist soweit, der Herbst ist da. Trübes Wetter, kühler Regen - auf der Straße weideten zwei Krähen ein totgefahrenes Kaninchen aus (leider wurden sie von einem Auto verscheucht, ehe ich ein Foto machen konnte) - die Zeichen sind deutlich: Meine liebste Zeit ist gekommen.

Offenbar strahle ich etwas aus, denn als ich heute mit meinem Keine Macht für Niemand-T-Shirt die Treppe herunterhüpfte herunterwankte, plapperte mich leutselig ein brillantinegegeltes Grinsemännchen von der Seite an. (Ich dachte noch, ist denn schon Halloween?)

"Sie sind bestimmt Hansenet-Kunde", meinte Gel-Boy.
"Ja", sag ich. "Aber rundum zufrieden bin ich nicht."
Triumphierend präsentierte daraufhin der wohlgelaunte Dynamic-Man seinen magentafarbenen Ausweis.
"Ich bin von der Telekom!"
"Tja", meine ich freundlich. "Der Verein wiederum ist ja der Grund, weshalb ich lieber Hansenet-Kunde bin."

Grinsemann hatte aber mittlerweile einen anderen schlaftrunkenen Nachbarn am Wickel und beachtete mich nicht weiter - also ganz mit der aufmerksamen Zuvorkommenheit, die man vom Rosa Riesen gewohnt ist.

Nachdenklich wurde ich aber doch. Woher wußte er, daß ich daheim das Foto eines blonden Mädchens an der Wand hängen habe?


 


Dienstag, 27. September 2005


Fische, Frauen, Flamme

Am Wochenende dozierte ich noch über die geheimen Schönheitsrezepte der aztekischen Frauen, natürlich vor ungläubigem Publikum. Der kleine Film
(35 MB), der auch aus meiner alten russischen 8mm-Kamera hätte springen können, führt ein wenig näher an dieses mythendurchtränkte Thema heran.
Freudianer und Kunstinteressierte wissen: Wenn nackte Frauenkörper sich in Fische verwandeln und Feuer aus weitgeöffneten Mündern schießt, dann ist Surrealisten-Zeit!

Ich hingegen schredder nun in meinen expressionistischen Supermarkt und lasse mich von inanimierten Objekten ansprechen. Pathetische Milch des Nachmittags! Stürzende Dosen und rollende Rettiche! Verludertes Mahl im fahlen Licht der Kühlgeräte! Pfandmarke nicht vergessen. Bis dann.

(via Miss Wurzeltod)