Sonntag, 27. Januar 2019


Sonntag in der Zisterne



Ich lese gerade Ally Kleins Carter, weit bin ich noch nicht, aber ich mag den Flow, den Sound, wie man früher sagte. Manche sind davon ja genervt, aber sie bietet auch immer Stille an, als Kontrapunkt zum Gequatsche, mit dem wiederum viele nur wenig Probleme haben, in das man oft unwillkürlich (und leider nicht: stillschweigend!) verfällt. Das bietet sie an, wie damals in diesem Präsentationsvideo für Klagenfurt.

Ich also mag den Flow, den Sound, die Sprache also von Carter, die kahlen Fensterscheiben in frisch bezogenen Wohnungen in abweisenden Städten, das sich Zurechtfinden und Zurechttasten und Einformen. Es ist also auch das Buch einer Stadteroberung, einer Welteroberung einer Ich-Eroberung, aber das ist nur Behauptung, denn ich bin wirklich noch nicht weit gekommen.

Ich hätte einen anderen Namen gewählt, das schon. Um in Klagenfurt etwas zu werden, hätte es ein osteuropäischer, ein russischer Name sein müssen. Oder Klotz. Mein Debütroman wird ja einfach Klotz heißen. Aber was weiß ich schon, ich bin noch am Anfang und vielleicht klärt sich vieles auf. Ich mochte Ally Kleins Blog, als sie noch eins hatte. Vielleicht hat sie noch eins, was weiß ich schon. Irgendwoanders halt, das ist ja alles auch schon Jahre her. Viele haben ihre Blogs woanders, und ein paar wenige führen gar keine Blogs mehr.

Ich war mal auf einer Lesung von ihr, das ist auch wieder Jahre her, 2006 war das, so habe ich es gerade nachgelesen. Muß man sich mal vorstellen, da gab es schon Internet. Jedenfalls hatte sie da schon diesen Flow, diesen Sound, wie man früher sagte, und ich fand das gut.

Eher nebenbei wiederum höre ich ein Album des Bassisten Jherek Bischoff. Cistern, das ich der Einfachkeit halber auch Klotz genannt hätte, wurde tatsächlich teilweise in einer stillgelegten Zisterne aufgenommen. Dort gibt es einen sehr außergewöhnlichen Halleffekt, der die Klänge, den Sound, wie man früher sagte, auftürmt und ineinanderballt, also -hallt. Dort ist aber auch die Luft zum Atmen knapp, weshalb Bischoff dort nicht mit orchestraler Besetzung aufnehmen konnte und den Rest im Studio dazumischte. Mir ist ein wenig zu viel Phillip Glass hineingeraten, "sirupartig" stand in einer Kritik und eine gewisse Gefälligkeit in einzelnen Motiven hört man deutlich. Hier gibt es Video. Auf dem hingegen wirklich sehr schön gestalteten Klappcover befindet sich eine lange Dankesliste (das Ganze war ursprünglich ein Kickstarterprojekt), was mich immer sehr rührt. Wie oft werden Leute bei solchen Projekten einfach vergessen. Stillschweigend. So daß man am Ende nur eine Halluzination ist, ein Wesen. Wie Carter vielleicht.

(Ally Klein. Carter. Graz/Wien: Literaturverlag Droschl, 2018.)