Mittwoch, 27. April 2011


Ostern ohne Feuer



Also folgendes, man denke sich das so in der Kurzversion: Herr Kid versucht, Frau Gaga Obstblüten mitzubringen und kommt auf den Hund. Nachdem es zuletzt nämlich nicht mit dem Übersetzen ins Alte Land geklappt hat, unternahm ich es nun, weiter östlich den Stadt- und den Weltkreis zu befahren und der Frau Gaga die blaue Blume der Ostbaumblüte zu fnden. Das Spadenland ist da allerdings nicht so ergiebig, der Rhythmus aus Deiche, Felder, Deiche, Felder wird dort eher von dem ein oder anderen Windrad synkopisch durchbrochen, denn von einem Apfelbaum.

Dafür schießt ein kleiner aufgebrachter Hund aus einem Wohnmobil, dem Radler nach der Wade schnappend, verfolgt von einem Rentner mit hochrotem Kopf. Warum, schreit er, man nicht anhalten würde. Und, noch nie in freier Wildbahn, sondern immer nur im schlechten Sketch gehört, auf meinen Protest und Vorhalt setzt er tatsächlich nach mit: Der wolle "doch nur spielen". Allein dafür lohnt es sich ja schon, ab und an wenigstens die heimische Bibliothek und Dunkelkammer zu verlassen und auf Menschen in der sogenannten Realität zu treffen. Demnächst, ich bin fast sicher, werde ich irgendwo unten am Deich auf eine Mario-Barth-Type stoßen (haha, "stoßen"!), der mir was von einer gewissen "Uschi" erzählen will. Hömma.

Zuerst aber betrat ein weiterer Hunderentner die Bühne und behauptete, ich hätte den Hund ja "selbst herangepfiffen". Was für ein gut erzogener Hund, denkt man still bei sich und mit augenrollendem Blick zum Himmel, läuft in Radfahrer, läßt sich von Fremden heranpfeifen... innerlich aber habe ich mich in solchen Momenten längst zurückgelehnt, weil ich denke, daß ist jetzt ein absurdes Theaterstück, schreib mal schnell die Dialoge mit, gleich erzählt jemand was von Nashörnern, die auf einen gewissen G. warten. Pfiffe also. Tinnitus vielleicht oder ausgedehntes Sitzen in der Sonne, ohne Obstbäume fehlt es dort eben auch an Schatten.

Ringsum zudem eine Badeseestimmung: eine ins Endlose geparkte Autokarawane, Ostermotorräder, auf dem Uferstreifen Decke an Decke an Decke. Der Mitmensch als seine eigene soziale Plastik am Wegesrand, aber ohne weitere Wärme.



Mit der schwimmenden Tanzdiele durch den nächtlichen Hafen, andere Eindrücke, andere Spacken. Durch einen Studenten, Ende 20, Typ Sauberbravgeleckt, letzteres aber nur von der hütenden Mutter und einem spuckegetränkten Taschentuch, spricht sein eigener Vater, Typ BenzvorderTür. Die Freundin deutet ans Ufer, fragt, ob es Hausboote seien, er antwortet wie fest ins verengte Weltbild gemeißelt: "Das sind so Spinner." In Fahrt gebracht, moniert er die angeblich "katastrophalen hygienischen Zustände an Bord" und kommentiert die hier und da im Hafen untergebrachte Aktionskunst mit "entartet". Zum Glück macht seine Freundin eine spitze Bemerkung, so daß bald Ruhe eintritt, während ich schon denke, noch ein Wort, Junge, und du gehst über Bord. Ist Hamburg hier, das geht ganz schnell.

Die Ufer sind dunkel, nur vereinzelt schlackern kleine Feuer durch die Nacht. Mich hält die Reling fest und die Sehnsucht über Wasser.

>>> Vamos!