Sonntag, 8. August 2004


Bomb The Twist



Willst du was erleben, mußt du eine Reise tun. Am Wochenende lockten mich daher drei heiße Japanerinnen und die formidable Miss Monolog ins schöne Wuppertal. Und meine Mutter natürlich auch. Hallo, Mutter!

Stau und Stress strandeten mich bereits an der Autobahnausfahrt Oberbarmen, was mir - dem Mann, der kein Taxi fährt - um 2.00 Uhr nachts während eines interessanten Fußmarsches die landschaftlichen Beschaulichkeiten des Gewerbegebiets Nächstebreck näherbrachte. Das Wetter war aber danach, und außerdem fahren dort keine Taxis. Mütterchen Kid hatte auch weder etwas gegen nächtlich Anrufe noch gegen eine spontane Herrichtung einer Schlafstelle. Danke, Mütterchen Kid! Eben deshalb konnte ich den Lockungen des nahegelegenen Etap-Hotels mit verächtlichem Schnauben widerstehen und mich ganz geographischen Begriffen wie "Hottenstein", "Im Hölken" und "Vor der Beule" widmen. Man merkt, man ist im Bergischen. Dort, wo das Wasser weich ist und die Kerle nahe am selbigen gebaut haben.

In der ehemals schwerst mythenverwebten Tanzdiele mit der zerrupften Ente, dem U-Club, machten nämlich am Samstag die 5,6,7,8's ihr markerschütterndes "Woo Hoo". Kill Bill und die Folgen hatten schwersttätowiertes Rock'n'Roll- Jungvolk aus der bizarrsten Heimatstadt Deutschlands aus Schwebebahn und Wupperhöhlen gelockt, die alle einen Blick auf die Teenage Cavewomen from Tokyo werfen wollten. Nervös hielt ich nach einer Dame im gelben Trainingsanzug Ausschau und war mehr als angetan, als Miss Monolog in 18-ern und Mini-Raubtiertäschchen mir ohne gezücktes Katana entgegentrat. Selten ist einem alten Mann wie mir noch das Glück beschert, angesagte Rockschuppen in attraktiver Begleitung aufzusuchen, aber nun war ich mal King for a Day. (Ich also gleich Kaffee ausgegeben und Heldengeschichten erzählt. Kam bestimmt super an.)

Ein wenig uncharmant mußte ich dann aber während des Auftritts werden. Denn ich hege seit Jahrzehnten ein Faible für aufgedrehte Japanerinnen. Die müssen noch nicht einmal Schuluniformen tragen. Das zum einen. Dann waren die noch zu Dritt. Kurz gesagt: Meine Blicke blieben dann doch für die Dauer eines Rock'n'Trashigen Konzerts immer wieder auf der Bühne kleben.

Apropos kleben und feucht: Es hat überhaupt nichts Anzügliches, wenn ich berichte, daß einem in der nach kurzer Zeit nur noch mit dem R'n'R-Stilett zu schneidenden Luft schon vor der Veranstaltung das ausgeschwitzte und von anderen herumgespritzte bergische Hopfenwasser rauf- und runterlief. Zum Glück spielten nicht King Kurt, dann wäre auch noch Mehl dazugekommen.

Die drei durchgeknallt-sympathischen Japan-Air-Stewardessen legten irgendwann nach Mitternacht einen ziemlich mitreißenden Rockstomper-Auftritt hin. Aufgetürmte 60s-Style-Frisuren, Macho-Rocker-Gesten, Hintern- und Hüftgewiggel, trockene Bassläufe und angeschrilltes Wimmerhaken-Halbresonzgitarrengejaule hatte die Menge bald durchgekocht. Exaltierte junge Frauen rockten enthemmt in klitschnassen T-Shirts mit ihren sekundären Geschlechtsmerkmalen am Bühnenrand. Entrockt. Tits, hits, hair - and arms in the air. Und immer wieder: "Woo Hoo".

"Bomb The Twist" (umjubelt), "Harlem Shuffle" (im Rekordtempo), "Green Onions" (MG-style), "The 5,6,7,8s" (hymnisch)... zwei Zugaben - arigato - sayonara.

Anschließend verschleppte ich Miss Monolog ins Café du Congo. Dort war noch Nachtausschank, bis am Fujijama die Sonne aufging. Musik war eher buena nachtschwärmer fado-style, aber das ist ja das Nette in solchen angeranzten Cafés. Dort und gegenüber habe ich einen guten Teil meiner Jugend verschwendet. Dahin gehe ich immer wieder gern. Und erzähle Heldengeschichten.

Radau | von kid37 um 22:49h | 26 mal Zuspruch | Kondolieren | Link