Im Süden meines Hauses, jenseits des Kanals liegt das Tierheim. Nachts höre ich dort die Kampfhunde bellen, die gerne ein wenig Spielen möchten. Zur anderen Seite hin, wiederum meinem Haus gegenüber, befindet sich die Berufsschule für Krankenschwester. Die bellen lungern immer in der Mittagspause vor der Tür, weil sie gern ein wenig Rauchen möchten. Wenn ich mir die freundlichen jungen Damen so betrachte, die sich dort mit Teer einölen, stelle ich mir vor, wie es wäre, ein paar von ihnen abhängig zu machen. Von mir natürlich, denn vom Nikotin sind sie es ja bereits.
Dann kämen mittags zwei oder drei von ihnen durchs Stiegenhaus geschlichen, die vier Etagen hoch bis zu meinem Dachgeschoß, um mir ein Süppchen zu kochen. Ich klagte dann ein wenig über ein Zwicken hier oder ein Zwacken dort. Vielleicht gäbe ich auch vor, etwas am Kopf zu haben, mich dünkt, daß wär wohl das Überzeugendste. Ich legte dann ein wenig berufsbegleitende Musik auf, während wir Brot und Suppe schmausten. Sonic Youth vielleicht oder Leonard Cohens "Sisters of Mercy".
Abends, nach Schulschluß, schleppte ich die herzensguten Dinger zu
Feinkunst Krüger und zeigte ihnen Poster und Grafiken von anderen jungen Krachmachern. Aber nur bis zum 21.5.
(Feinkunst Krüger, "ART OF MODERN ROCK - THE POSTER EXPLOSION".
Poster und Grafiken von Derek Hess, Jay Ryan, Lindsey Kuhn, Chuck Sperry und Ron Donovan. Vom 30.4. bis 21.5.2005)
aber das wollt ich garnicht sagen, öh... musiktipp - johnny cash: "hurt". der mann weiß wovon er redet.
vor Rothaarigen, Krankenschwestern und Friseusen ;-)
..hab ich mal irgendwo gelesen..
Herr Fabe, "Hurt" steht doch seit über einem Jahr unverrückt auf der Injektionsliste. Ich denke nämlich auch, daß JC wußte, wovon er da sang (womöglich mehr noch als der Autor des Liedes...).
Aber Sonic Youth ist großartig. Ich habe mich gestern durch acht Alben am Stück durchgehört. Hurt allerdings würde ich mir im Orginal von Nine Inch Nails anhören.
Zu "Hurt" gab es hier im Haus bereits eine Diskussion, die ich (wie immer) in meinem Sinne entschieden habe. Der Text paßt doch nicht zu einem 30jährigen. Ein Beweis mehr, daß in Wahrheit JC dieses Lied geschrieben und aus reiner Ironie "Reznor" druntergeschrieben hat.
Hm, na gut. Vielleicht sollte ich den Blick wirklich mehr gen Süden richten - aufs Tierheim. Und mir in der Kampfhundabteilung einen Gefährten suchen.
Ich möchte auch nicht so viel Loben, sondern lieber gleich Seligsprechen. Ich muß sonst immer an Mielke denken. "Aber ich liebe euch doch, alle!"
Übrigens habe ich tatsächlich zwei Krankenschwestern unter meinen Leserinnen (also zwei, von denen ich es weiß). Die sind supernett, nicht immer zufrieden mit mir und dem Angebot hier im Café, und haben es garantiert faustdick hinter den Ohren.
Meinen Lesern sei überhaupt gesagt: Ich liebe euch doch, alle!
( schwenk auf hausherr )
Sie dürfen aber gerne das letzte Wort behalten. Griesgrämig trifft den Tenor dieses Blogs ja sehr gut.
Man könnte dann aber auch denken, dass der andere diese Worte nicht wertzuschätzen weiß. Und sich dann fragen, ob unter diesen Umständen der Empfänger so viel Aufmerksamkeit wert ist oder ob es ohnehin vergebliche (Liebes)müh ist. Mir gehen jedenfalls in der Situation solche Gedanken durch den Kopf, und dann lass ich das mit dem Briefe schreiben.
Die Selbsthilfegruppe trifft sich übrigens hier, Frau Gaga.
meine sind zwischen den zeilen. und das, was ich weglasse.
Ein merkwürdiger Mix also aus Mißachtung und Zuneigung, Distanz und Nähe - eine Verwirrungs- und Verunsicherungsstrategie, die wohl eine Ursache meiner empfundenen Abhängigkeit war.
Glücklicherweise sind dies zunehmend nur noch Erinnerungsblitze aus dem Nebel der Vergangenheit. Man reiht es ein ins Menschenkabinett und sortiert es unter "lehrreiche Erfahrungen". Leider.
In Ihrem Fall ist jedoch diese Verwirrungs- und Verunsicherungsstrategie perfekt aufgegangen - schade. Ich hätte Ihnen schönere Erlebnisse gewünscht, schon allein wegen der vielen Briefe. (Denn ich weiß auch um die ungeschriebenen oder nie abgeschickten Briefe, Frau Gaga. Manchmal wünschte ich, ich wüsste darüber weniger. Sondern hätte diese Briefe tatsächlich bekommen.)
"Verzeihen" ist eine andere Sache. Ich höre leider im Nachhinein von großem Stolz und großer Kneipenprahlerei auf Dinge, die maßgeblich zum Scheitern beigetragen haben. Absurd? Ja. Schmerzhaft? Auch. Aber dann eben auch zunehmend bedeutungsloser. Schade auch.
Wie lange will man das mitmachen, dieses "Ich hasse dich, verlass mich nicht"?
Ich habe im letzten Herbst mit anderen Menschen erlebt, wie man Fehler auch ganz anders bereinigen kann. Im gegenseitigen ehrlichen Bemühen und nicht in erzwungenen Abmachungen, die nur bei Schönwetter gelten. Seither denke ich, daß es ein gewisses "normales" soziales Miteinander tatsächlich noch gibt. Gelernt.
Das ist die Botschaft. Eine andere gibt es nicht.
(Wow, 500 Tage Pathos ;-))
P.S. Manchmal habe ich übrigens fast den Eindruck, Sie halten mich für ziemlich vergesslich.
Man muß sich selbst verzeihen, so viel Energie aufgewendet zu haben. Oder vielmehr, dafür etwas erwartet zu haben. Wie so oft, ist es ein Ringen mit sich selbst. Aber das heißt auch, ich werde gewinnen ;-)
Sind wir nicht eher noch in der Vorstufe, also mit dem beschäftigt, was in einer Selbsthilfegruppe aufgearbeitet werden soll?
Ich sehe uns eher an D.s längstem Tresen mit Coctails in der Hand und dem allgemeinen Geschwätz etwas hinzufügen. So gesehen schlürfe ich jetzt einen "Prince of Wales" in der Newton Bar.
Das ist sicher die Ausnahme. Mir hat die Kommunikation aus "sicherer" sozialer Distanz sehr geholfen, bestimmte Dinge besser zu erkennen oder zumindestens neu und "objektiver" zu bewerten. Ich habe auch einige Menschen kennengelernt, die ebenfalls bestimmte Erfahrungen als Angehörige oder selbst Betroffene gemacht haben. Auch deren Hinweise und Einblicke waren sehr stabilisierend für mich in einer schwierigen Phase. Doch, es gibt tatsächlich positive Dinge im Blogleben.
Nun aber zurück zu den Getränken. Ach nein, zu Bett. ;-)