Montag, 2. Februar 2004


Seltsam

Stimme am Telefon. Selbst nicht erkannt werden. Wer?
Tant pis, c'est moi..
Vorsichtshalber nenne ich meinen vollen Namen.

Und es stimmt. Egal, wie schlimm es ist, Kinder verbinden.
Wenn man welche hat, heißt das.
Das war selbst bei meinen Eltern so.

Nach mehr als zehn Jahren trafen sie sich auf der Intensivstation. Interessant übrigens. Nie an Geburtstagen.

Update: Ist schon ok. Wer ist nicht verwirrt. Gute Besserung.

Homestory | von kid37 um 10:48h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Samstag, 31. Januar 2004


Radioaktiv

Vor ein paar Tagen musste ich etwas sehr privates hören. Kaum würde ich einen Raum betreten, hieß es, würde sich meine Traurigkeit wie eine radioaktive Wolke über alles legen.
Dabei bin ich ein total witziger Partylöwe, ehrlich.
Es muß daran liegen, daß ich manchmal seltsame Lieder in der Endlosschleife höre. Wie Françoise Hardy und ihr "Tous les Garçons et les Filles".
Oder überhaupt irgendwas von der "frühen" Françoise Hardy.
"If her songs are melancholy at times, it is a melancholy without pretension, for much of her beauty lies in her sadness and her honesty and her innocence."
(Liner notes zu Françoise Hardy "Greatest Recordings")

Dazu lese ich Françoise D'Eaubonne. Die sich selbst betrügen, 1960. Der Roman der Rimbaud-Kennerin ist nach dem Film "Les Tricheurs" (1959) von Marcel Carné mit dem jungen J.P. Belmondo entstanden. Das Buch zum Film. Junge Nihilisten in St. Germain de Près. Auf diese gleichgültige Art düster.
Morbide. Hoffnungslos.
Desparat, heißt das, glaube ich.

Zeit, eine Party zu bewölken. "Je ne suis là pour personne" (Françoise Hardy)...


 


Donnerstag, 29. Januar 2004


Heute war ich aber gerührt

Ja genau. Indianer Nah-am-Wasser-gebaut war gerührt. Die Schnittchen-Affäre geht in eine neue Runde. Dieser Versuch war ja schon sehr herzerwärmend, ging aber zu diesem Zeitpunkt in die falsche Richtung. Andere Frauen hingegen zagen und wägen und wissen nicht, was sie tun sollen.
Das ist nicht gut, sage ich allen da draußen.

Nein, genau SO muss man es machen, meine Damen! Männliches Gegreine und Suppenkaspertum einfach lächelnd beiseite schieben und zur Tat schreiten. Das nenne ich vollendete Gastfreundschaft. Aber etwas anderes würde man von Menschen, die solch schöne Küchen bewohnen, auch nicht erwarten. Danke!


 


Donnerstag, 29. Januar 2004


Der Arbeiter arbeitet

Heute habe ich wieder den ganzen Tag in der Gartenzwergfabrik gearbeitet. Wenn ich den kleinen Kerlen so die Zipfelmützen rotpinsel, dann singe ich ihnen gerne alte Kampflieder vor. Hannes Wader oder auch das Lied vom "Kleinen Trompeter". Und dann, gegen Abend, erzähle ich ihnen von der Weltrevolution, während die Farbe auf ihrem Kopf langsam trocknet. Natürlich kann man erst am nächsten Tag sehen, ob man gut gearbeitet hat. Dann, wenn die Farbe völlig durchgetrocknet ist. Gute Arbeit erfüllt und befriedigt. Aber doch erfüllt mich häufig ein Gefühl der Trauer, wenn ich dann abends das Werksgelände verlasse, nicht ohne meiner kleinen Befreiungsarmee aus Rotgartenzwergisten salutiert zu haben.

Ich weiß, daß die Chancen schlecht stehen. Meine Armee wird zersplittert werden. Einzeln oder in zu kleinen Partisanengruppen werden sie hinter triste und für sie unüberwindliche Jägerzäune verbracht werden. Wir werden nie eine Revolution starten. Aber manchmal, in stillen Nächten, hoffe ich, daß sie wenigstens von ihr träumen werden. Und vielleicht ein leises Lied hören. Von Hannes Wader. Oder das vom "Kleinen Trompeter". Denn der hält die Wacht.


 


Dienstag, 27. Januar 2004


So ne Knarre wie Léon...

... der Profi sie daheim hat, würde mir wahrscheinlich die Schulter auskugeln.
"I shot a man in Reno, just to watch him die", kann natürlich auch nur Johnny Cash ungestraft sagen. Und auch erst nur, seit wir selbst auf unserer Seite des Zauns wissen, wieviel Humor der Kerl besaß.

Nein, die edlere Waffe ist doch der Füllfederhalter. Und das Notizbuch. "Beschreib mich, beschreib mich", ruft es, angeregt durch einen Beitrag des verrückten Hutmachers . Los, wir zeigen jetzt alle unsere Wummen.

Meins ist kein ehrfurchtgebietendes Powertool vom Kaliber .357, nein, nicht einmal eine Beretta unter den Notizbüchern, meins ist ein schnörkelloses 9mm-Buch. Eine nur leicht aufgebohrte Chinakladde ohne viel Glamour. Aber diese erfüllt präzise ihren Zweck, leidet nicht unter Ladehemmung wie manch überzüchtetes Exemplar - und hat nur 2,95 nach altem Geld gekostet. Es faßt Fotos und Karten im Format 10x15 cm... und jede Menge Einkaufslisten und Gedanken. Und ein kleines Bild auf dem Frontcover macht sie unverwechselbar.

So, da habt ihr!


 


Samstag, 24. Januar 2004


Die grüne Fee

Ich habe beschlossen, daß meine Wände nunmehr "Absinthgrün" gestrichen sind. Das klingt definitiv angesagter als "irische Nationalfarben" oder "Signallampengrün". Es paßt schon, denn hier steht grad "Absenta Tunel" auf dem Tisch. Nach der Wiener Analyseliste ist das Zeug ja nur Augenwischerei. Grüngefärbter "Küstennebel", wie man hier in Hamburg sagen würde. An "Mata Hari" kommt der Thujon-Gehalt jedenfalls nicht ran. Selbst das wegen seines Labels so beliebte "Tabu" knallt wohl mehr. Die Geschmacks- und Farbstoffe sind bei "Tunel" künstlich. Der bittere Geschmack suggeriert zwar Wermut, wird wohl aber ebenfalls eher aus dem Chemiebaukasten stammen. Er färbt sich leicht trüb, ich glaube aber nicht, daß wirklich viel Anis dadrin ist. Aber für 20 Euro die Flasche darf man dieser mallorcinischen Spezialiät nicht allzuviel abverlangen.


 


Mittwoch, 21. Januar 2004


Draußen auf Kaution

Das Gefühl, auf Bewährung entlassen zu sein.

Aber die Auflagen nicht zu kennen.

Homestory | von kid37 um 02:28h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Freitag, 16. Januar 2004


Heim, süßes Heim

"It all began, when they took me from my home and took me to death row"
(Nick Cave, "The Mercy Seat")


Wenn ich abends nach Hause in meinen geilen Stadtteil komme, geißel ich mich gerne für - sagen wir mal - eine halbe Stunde. Es peitscht mir all die Schande, die ich den ganzen Tag produziert habe, vom Körper, beruhigt meine katholische Seele, und für die Durchblutung ist es auch noch von Vorteil.


Dermaßen gestählt, kann ich mir die Tagespost vornehmen. Und siehe da, heute war endlich das angekommen: Soll noch mal jemand behaupten, es gäbe zu wenig Erotik in diesem Blog. Dieses exquisite kleine Werk aus der formidablen Edition Nautilus ist sozusagen "bibergeil", wie das darin enthaltene, bitterböse Gedicht gleichen Namens von Edgar Firn suggeriert. Auch Groszs "Zotendichter" fand seinen Weg in diese geradezu aufpeitschende (s.o.) Anthologie.
Ich habe heute zudem zwei CDs gekauft (jawohl GEKAUFT, ihr gierigen kleinen mp3-Vampire!), es wäre aber nahezu pointenlos zu erzählen, von welchem Künstler. In Erwartung einer kleinen house-warming Party ist auch genügend Trunk und Schokolade gebunkert. Klingt nach einem gemütlichen Abend.
Klingt, als gäbe es morgen wieder eine Menge zu geißeln.


 


Freitag, 16. Januar 2004


Jungfrauen am Telefon

Nun kam der Wind auf, mild tastend, voll von Stimmen der Vergangenheit, vom Geflüster uralter Geranien, vom Geseufze der noch vor den hartnäckigsten Sehnsüchten erlebten Enttäuschungen.

Gabriel Garcia Marquez. Hundert Jahre Einsamkeit, 1967.

Halbabendliches Telefongespräch. Eine alte Freundin. Astrologisch versiert. Sternzeichen Jungfrau. "Das ist das Zeichen der Analyse." Tatsache. Nicht das der Intrige? "Ja, das ist der Schatten." Ok, laß uns über Schatten reden.

-Mich beschäftigt das Problem der Funktionaltheorie, Malinowksi, du weißt.
-Oh, Malinowski.
-Er sagt, anders als beim Tier gäbe es beim Menschen keine bestimmte Zeit der Brunst. "Das heißt, daß der Mann jederzeit zum Geschlechtsakt in der Lage ist und die Frau jederzeit fähig, sich ihm hinzugeben - Umstände, die, wie wir wissen, die menschlichen Beziehungen nicht vereinfachen."
-Das hat Malinowksi gesagt?
-Ja. Und er spricht über Kultur und Tabu, und er meint:
"Die Kultur übt aber nicht nur einen rein negativen Einfluß auf den Geschlechtstrieb aus. In jeder Gemeinschaft finden wir außer Verboten und Beschränkungen auch Anreize zur Partnerwerbung und sexuellem Interesse."
-Dieser Malinowski hat's voll drauf.
-Voll krass, würden jüngere Menschen sagen. Er erwähnt Festlichkeiten wie Tanz und so. "Solche Zeiten schaffen natürlich mit Hilfe der verschiedenen Stimulantien, künstlerischen Betätigung und der allgemeinen festlichen Stimmung Anreize zur Partnerwerbung."
-Karneval der Kultur? Oder was meint er?
-Fett, ich meine korrekt, ich meine, ja so was in der Art. Und ich dachte, Kunst diente der Sublimierung!
-Quatsch. Es geht doch immer nur ums ficken!
-Ist das nicht etwas platt?
-Du meinst, ich verallgemeinere?
-Du verallgemeinerst doch immer.
-Das ist jetzt aber auch verallgemeinernd.
-Ok, richtig. Ich meine, es ist ja nicht wie bei dem alten Roadie-Spruch: "If it moves, fuck it. If it doesn't move, put it on a truck."
-Nein. Ich meine ja auch auf einer tiefenpsychologischen Ebene. Dann reduziert sich halt alles.
-Hm, Du meinst tiefenpsychologisch reduziert sich gutes Essen auf McDonalds?
-Für den, der nur ans Ficken denkt, wahrscheinlich schon. Er wird es selbst nicht so sehen, weil er eine höhere Meinung von sich aufrecht erhalten will. Wahrscheinlich nimmt er ein gutes Buch mit, wenn er zu McDonalds geht.
-Das ist doch aber wieder Sublimierung?!?
-Oder ein Schwanzersatz.
-Ihr astrologischen Jungfrauen seid immer so direkt in eurer Ausdrucksweise.
-Man kann nicht immer rumeiern, haha, wenn du verstehst...
-Haha. Willkommen in Kalau. Manchmal versteht man ein Thema besser, wenn man es umkreist. Das Mäandrieren, Tasten, drumherum laufen. Stell Dir vor, jemand verlange von, sagen wir Garcia Marquez, komm mal auf den Punkt!
-Ha. Bei Marquez. Geil.
-Malinowski hat noch Interessantes über jugendliche Rivalitätskämpfe, Vatermord und so weiter...
-Na ja.
-Er spricht über das Fluchen. "Jede Form von Beschimpfung oder unflätiger Sprache enthält Aufforderungen, beladen mit starken emotionalen Möglichkeiten."
-Werd konkret.
-Aber voll fett, Alde: Also du sagst zwar, friß Staub! Leck mich! oder Stirb! aber das ist nur die Aufforderung, mit der du den anderen möglichst weit erniedrigen willst. Du Lügner! Je nach Kulturkreis: Je nachdem, welches Tabu herrscht. Fick deine Mutter! Du Idiot! Du Arschloch!
-Redest du mit mir?
-Äh, 'tschuldige, es ging gerade mit mir durch. Nein, ich dachte an jemand anderen.
-Ah ja. Was ist eigentlich mit Sonntag?
-Sonntag? Ja, ist ok.
-Vorher noch mal telefonieren oder sollen wir direkt was ausmachen?
-Wir telefonieren.
-Ha, rumeiern! Na ok, dann gute Nacht.
-Ja, schlaf gut.

(Zitate: Bronislaw Malinowski. Geschlecht und Verdrängung in primitiven Gesellschaften. 1962)


 


Samstag, 10. Januar 2004


So stelle ich mir die Fanpost vor

Ok, ok, ich weiß, es ist infantil. Und neu ist es auch nicht. Aber nun hatte ich weiter unten schon so laut drum gebettelt, da hat diese nette Frau halt ein Einsehen gehabt.

Vielen Dank, das hat meine Laune gleich wieder angehoben. Weiter so!