Eimsbush City Limits

© Dm BobWeiter geht's, der grimme Schnitter scheint den November verschlafen zu haben und nun in einem schinderischen Endspurt zum Jahresende hin alles (auf-)holen zu wollen. Kommen wir deshalb zu Ike Turner. Es ist schon ein paar Jahre her, da kaufte ich in einer kleinen Hamburger Galerie, vom Meister selbst sozusagen, dieses famose Musikerporträt. Es war nicht für mich, sondern als Geschenk gedacht, dennoch gab ich es, wie es sich für Geschenke, die von Herzen kommen, nur unter Schmerzen her, so lieb hatte ich es während unserer kurzen Bekanntschaft gewonnen. Die Beschenkte indes kannte ich bereits länger, lange sogar, und sah das Bild deshalb in guten Händen - aber dennoch, warum sollte ich es hier nicht zugeben, leicht fiel es mir nicht.

Ähnlich wie ich, es mag am Sternzeichen liegen wie man behauptet, ist Ike Turner nicht durch besonderen sozialen Liebreiz oder parkettgepflegte Galanterie bekannt geworden. An ihn erinnert man sich eher wegen grandioser Songs, die aber alle außerhalb der 80er-Jahre entstanden sind, weshalb sie sich hier nie zitiert finden. Der Mann soll ein Problem mit starkem Tee gehabt haben, weshalb er ihn seltener trank als beispielsweise Alkohol. Der Mann soll auch ein Problem mit Frauen gehabt haben, schon allein, weil er von ihnen nicht loskam und zu Grobheiten neigte. Im Grunde wird er ein herzensguter Mensch gewesen sein, dem nur sein - auf dem Gemälde mit verewigter - Skorpion böses Gift injiziert hatte.

Mit Gattin Tina gelangen ihm immergrüne Partykracher, und zu seiner Musik wurden mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mehr Kinder gezeugt als selbst ihm es gelang. Aber das nur nebenbei. Man muß sich das explosive Duo ein wenig so vorstellen, als würden Pete Doherty und Amy Winehouse gemeinsam richtig Gas geben. Sensible Menschen in einem rüpelhaften Geschäft. Der sensible Kontakt zu besagtem Bild und der Beschenkten, der immerhin fast solange währte wie die Ehe von Ike und Tina, ist mir, es mag an meinem Sternzeichen liegen, auch abhanden gekommen. Dem Wert des Bildes hat es nicht geschadet. Mittlerweile hat sich der Preis verdoppelt, allerdings in Euro, während ich einst in Mark zahlte. Nun dürfte speziell dieses Werk noch einmal zulegen. Geschenke, die von Herzen kommen - unbezahlbar. Na ja. Ike Turner. Auch schon tot. River Deep - Mountain High.


>>> Webseite von DM Bob und seiner kleinen Galerie in Hamburg.
Kauft alles auf.

Radau | 12:43h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
derherold - Freitag, 14. Dezember 2007, 14:35
Wenn Sie demnächst wieder Bilder verschenken, denken Sie bitte auch an mich - sonst fühle ich mich übergangen.

Kann es im übrigen sein, daß Tina T. die 80iger nahezu komplett verschlafen und erst wieder in den 90igern einfachen, an Hitparaden sich orientierenden Menschen wie mir auffiel ?

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mark793 - Freitag, 14. Dezember 2007, 14:45
Nein,
definitiv nicht. 84 zum Beispiel war Tina Turner ziemlich präsent mit der Scheibe "Private Dancer", von der mehrere Single-Auskopplungen in den Charts waren. Nicht viel später kam der Mad-Max-Donnerkuppel-Soundtrack.

Ist aber "in unseren Kreisen" nicht sehr angesagt gewesen, die Bombast-Hits gut zu finden...

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kid37 - Freitag, 14. Dezember 2007, 16:56
Herr Herold, zu der Beschenkten bestand einst eine, wie sagt man, in jeder Hinsicht intime Beziehung. Sind Sie sicher? Die nächsten Bilder schenke ich mir aber so oder so erstmal selbst. Steht alles auf dem Jahresplan 2008: Urlaub machen, abends mal ausgehen, sich die Welt bebildern, eine Grillwurst braten.

Stimmt, Mark. "Laß uns zusammenbleiben", die 80er waren das Tina-Jahrzehnt. Also unter anderem.

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derherold - Freitag, 14. Dezember 2007, 17:19
@793, jetzt wo Sie es sagen, fällt es mir auch auf...
... Turners Cover-Version von Robert Palmers Addicted...war ja auch (noch) 80iger.

Okay, die 80iger waren ja auch irgendwie die (Hoch-)Zeit homosexueller Sänger ... da ist mir eine Frau irgendwie nicht so aufgefallen.

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rollinger - Freitag, 14. Dezember 2007, 14:51
Das da immer wieder auf seine Fights mit Tina hingewiesen wird. Irgendwann muß das ja auch mal gut sein.
Heute wäre er ein Gangsta Rappa mit goldener 9mm im Handschuhfach und alle fänden ihn nur halb so toll, weil er nicht von Vergewaltigungen rappen würde.
Also was ich von Hr. Turner an Musik gehört hatte, fand ich immer sehr angenehm.

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kid37 - Freitag, 14. Dezember 2007, 16:59
Ist nicht unbedingt so meine (musikalische) Welt, aber der Typ hat definitiv gerockt. Wie heißt es: Andere Typen benehmen sich auch scheiße - schreiben aber trotzdem keine Superhits. Das hatte er denen voraus. Und die Ikettes.

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ulrich s. - Freitag, 14. Dezember 2007, 16:55
Oh je. Das Bild hätte ich nicht und niemals aus den Händen gegeben - Freundschaft hin Freundschaft her. Über Ike las ich gestern einen herrlichen Artikel "Trip zum Nasenkönig" auf spiegel.de, der mich köstlich amüsierte. Welch seltsame Welt dort im tiefen Tal von Ike T.: EinesTages

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kid37 - Freitag, 14. Dezember 2007, 17:05
Tja, um ein gängiges Mißverständnis auszuräumen: Ich kann auch nett sein! Das Bild ist schon ein Hammer, aber wie heißt es im Rheinland: "Wat fott es, es fott." Danke für den Link (ich pack den mal hübsch ein). Viel Vitamin B12 und Calcium, löblich!

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stubenhocker - Samstag, 15. Dezember 2007, 01:13
Wenn man hier so mitliest, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, es sei auf jeden Fall besser, sich nicht mit Frauen gemeinsam auf die Bühne zu stellen. Das zeitigt offenbar verheerende Langzeitwirkungen. Und auch Lennon ist ja schon tot!

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kid37 - Samstag, 15. Dezember 2007, 01:31
Oha, eine veritable These, die näherer Untersuchung bedarf. Wie es der düstere Zufall will, lasse ich mich gerade in einem anderen Browserfenster von den frühen B-52's exaltieren. Deren Gitarrist Ricky Wilson... nun, auch schon tot. Und viel zu früh. 32. Der spielte auch gleich neben zwei Frauen. Vielleicht ist das wie auf U-Booten?

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neo-bazi - Samstag, 15. Dezember 2007, 03:41
Ich habe Sie bestohlen.

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kid37 - Samstag, 15. Dezember 2007, 22:33
Nur zu. Vielleicht noch DM Bob als Urheber erwähnen,
bevor einer schreit ;-)

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neo-bazi - Sonntag, 16. Dezember 2007, 00:43
done. tks

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gheist - Samstag, 15. Dezember 2007, 04:48
Auf dem Joni Mitchell Tribute Album von H. Hancock singt Tina eine unglaublich schoene Version von Edith & the Kingpin.
Die Stimmung ist bittersweet: "The big man arrives...disco dancers greet him..."
Es ist beinah so, wo ich jetzt darueber nachdenke, als ob sie ueber Ike singt.

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kid37 - Samstag, 15. Dezember 2007, 22:35
Vielleicht ist das so. Eine Reverenz über viele Grenzen hinweg: räumlich, zeitlich - und letztes Endes auch über die einer gewesenen Liebe. Die wahre soll angeblich eh nie sterben.

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creezy - Samstag, 15. Dezember 2007, 16:31
Gut. Nachdem ich mich Hals über Kopf in diesen Nachruf verliebt habe, möchte ich blogtestamentarisch festlegen auch einen von Dir geschrieben zu bekommen.

Und wehe Du hälst nicht so lange durch wie ich!

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derherold - Samstag, 15. Dezember 2007, 17:09
Den kann man doch vorher schreiben ... müßte halt nur (einmal im Jahr ?) aktualisiert werden.

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kid37 - Samstag, 15. Dezember 2007, 22:39
Das, werte Creezy, ist jetzt ein Ansporn! Es ist jetzt aber der dritte Nachruf innerhalb einer Woche, es wäre also nett, wenn jetzt mal ein bißchen Pause ist. Denn anders, als Herr Herold suggeriert, ziehe ich nix aus der Schublade. Da stürzt man sich rein, frisch & betroffen, sagt "Mensch!" und sucht nach einer Erinnerung. Ich kenne die Zukunft schießlich nicht und wage mich erst langam in die Gegenwart. Aber in der Vergangenheit macht mir keiner etwas vor.

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mark793 - Samstag, 15. Dezember 2007, 22:56
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft -
alles eins in Yog Sothot, zumindest wenn man in der Nachrufredaktion der BBC arbeitet. Der Legende nach sind dort Heerscharen von Redakteuren damit beschäftigt, die vorab geschrieben Nachrufe auf prominente Zeitgenossen immer möglichst up to date zu halten. Ich könnte mir vorstellen, dass da bei der Arbeit ein gewisser Überdruss an bestimmten Personen entsteht, die man immer wieder aus dem Archiv ziehen muss. Müsste ich beispielsweise immer wieder das CV von Pete Doherty aktualisieren, würde ich bestimmt drei Kreuze machen vor Erleichterung, wenn der junge Mann endlich einen standesgemäßen Abgang hinlegt.

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