Damals als ich liebestrunken, täppisch tapsend, ein wandelnder Dummjungenstreich, nur eins suchte: deine Aufmerksamkeit. Ja, damals, das waren diese schweren Jahre, zwischen NICHTS und ALLEM, zwischen Schrei und Schande und dem irrlichternden Gefühl, rettest du mich, bin ich dein Verderben oder sind wir alle längst bekehrt?
Ich habe meine Kunststücke gezeigt, habe Teller gefangen und einen Schmetterling. Und wo, bitte, wo warst du denn? Am morgen gingen wir Bienen suchen. Ich sagte, komm, tanz für mich und machte einen kleinen Zaubertrick. Sibol. Damals, ich erinnere mich, im Jardin du Luxembourg oder nahe der Carnaby Street oder in einem Vorortzug nach Bandol. Geschichten für drei Romane und ebensoviele Verheißungen. Die alte Dame im Zug, die mir Bonbons gab und eine halbe Tüte Pfirsiche, weil wir halb verhungert aussahen und diese Aura hatten, die sie um uns sah. Die Bonbons gab sie nur mir, weil sie in mein Gesicht schaute und das, was die Zukunft war. Visage d'un... Aber wen, bitteschön, wen kümmert das nach all den Teufelsjahren noch?
Im Jardin du Luxembourg blieb ich einfach sitzen, weil die Sonne mich blendete und mein Frühstück, als dieses Mädchen vor mir auftauchte, ein Kopftuch verdeckte ihr Haar, und der Franzose an ihrem Arm verstand nicht, was sie sprach. Wohin, woher, und ob ich nicht... Irgendwann wußte ich, wohin sie mit mir gehen wollte, Gare du Nord oder l'Est oder d'Austerlitz. Heute habe ich es vergessen. Denn ist die Unschuld lang verloren, öffnet sich so bald keine Tür. Damals hätte ich mein Leben ändern können, hätte ich, ja, hätte ich bereits eines gehabt. Aber nein, ich saß, ich staunte, so wie später dann im nächsten Jahr, in London, als... nein, ach, das ist verflogen wie ein Luftballon. Look at the balloon!, rief sie, und ich sah in den Himmel und sehe noch heute ihr Gesicht.
Heute bleibt mir manchmal dasselbe Naive, der direkte Impuls. So einer schöner Heizkörper denke ich, stehe wackelnd auf einem Stuhl und nehme dabei noch ein Glas. Während andere Ringen, werde ich mich selber Wringen. Mal bitter nötig, das Innere nach außen stülpen, den Quatsch abwischen, den schlechten Geruch. Das sind die Kellerjahre, dumpf und muffig röcheln sie noch lange nach. Um mich herum stelle ich Schalen auf von frisch gemahlenem Kaffee.
Um mich herum.
Um mich.
Um.
Hätte. Vielleicht. Aber dann wärest du heute nicht der, der du bist. Dann wärest du ein anderer. Noch immer du, aber eben doch nicht.
Wringen indes ist okay, wenn die Hände dann auch wieder loslassen können. Das Innere und alle die Hätte und Wenn und Aber. Die Welt dreht sich weiter und es ist ihr egal, ob wir uns mitdrehen. Unsere Aufgabe ist es zu denken: "Jetzt erst recht!"
Ja, schon. Man kann kleben. Einmal. Zweimal. Höchstens. Dann ist es Zeit für andere, neue (oder gebrauchte, weil gebrauchte ja auch so von tragischer Melancholie umgeben sind) Teller. Und Schmetterlinge.
sagte sie und alles was ich sah, waren Sterne, die nicht mir leuchteten, denn ein anderer, den, den ich selten sah, doch stets als ein Rauschen im Hirngewinde mit mir trug, wärmte ihre Gedanken an einem regnerischen Tag in der Portobello Road.
Vielen Dank Herr Kid. Sehr schöne Geschichte, die mich mehr berührt, als Sie glauben mögen.
Zwischen all diesen Bahnhöfen zutiefst begriffen. Es ball-lanciert hier eben die Wörter ein schon früher Sprach-Equilibrist.