Wenn man so ein Wochenende damit verbracht hat, auf rutschigen Gummistiefeln über lehmverschmierte Holzbohlen zu wanken ("Der Boden wird noch gemacht, das sieht später ganz toll aus!") und mit der Helmlampe dunkle Wohnlöcher zu erhellen ("Morgens haben Sie hier ganz zauberhaftes Licht!"), steht einem der Sinn mit Recht nach dem Guten, Schönen und Erhabenen.
Die Diplomausstellung an der HfbK ist für diese Vermittlungsinhalte ein lohnendes Ziel und bietet zudem die Gelegenheit, mit jungen Menschen in Kontakt zu kommen. Allgemein fand ich die Malklassen dieses Jahr ein wenig nun ja, teilweise machten die Fotografien, traditionell in Hamburg immer eher schwach besetzt, mehr her. Moki hatte einen schönen Raum, die zahlreichen Videoinstallateure in der Nachbarschaft hingegen habe ich allerdings nur aus dem Augenwinkel zur Kenntnis genommen. Dafür fehlt mir die Geduld.
Neben vielen tollen Waschbeckeninstallationen, oft ja der Höhepunkt solcher Akademierundgänge, habe ich aber das Werk von Dorothea Ottermann für mich entdeckt.
Wie ein zum Ausstellungsleben erwachtes Found Magazine präsentiert die Künstlerin unter dem Titel "Überwachung und Identität" eine fantastische Sammlung von gefundenen Notizen, Listen, Fotos, "Ich kaufe ihr Auto"-Karten und anderen Mitteilungszeugnissen als wohl- und neugeordnetes Zettellabyrinth. Ein beachtliches Konvulut und bloß innerhalb eines Jahres gesammelt, wie die Künstlerin mir erzählte. Säuberlich nach Kategorien in Ordnern sortiert und als eine Art Bibliothek schriftlicher Selbstvergewisserung (Notizen an mich selbst, Einkaufslisten) und Fremdmitteilung ("Kümmer dich um DSL!"/"Kann jemand meine Tüten mit nach unten nehmen?") geordnet, entstand eine soziografische Studie, eine Landkarte aus "Ich war hier!"-Kommunikation, die auch viel mit Blogs gemeinsam hat. Oder den manischen Zeitungsschnippsel-Zimmerauskleidungen und Textsammlungen von Serienmördern im Film. Ganz wie man will. Für mich eine sehr witzige, sehr spannende und irgendwo auch traurige Re-Organisation und Re-Dekoration von banalem Alltag, die mir gut gefallen hat.
:)
Post it ..
( musste ich jetzt los werden )
(siehe amazon, Stichwort: Sören Bernhardt )
Die Post-its haben mich ein wenig an Paul Auster erinnert, wie er Manhattan literarisch kartographiert. Ich bin ja jetzt Wanderer entlang des Hamburger Immobilienleerstands. Eine wundersame Welt hölzern-rustikaler Herd-Spüle-Kombinationen, keramischer und keimkultureller Badezimmerfauna und -flora sowie allerhand fantasievoller Wanddekoration.
Gestern eine noch bewohnte Wohnung gesehen ("Diese Möbel können Sie übernehmen") und mich gefragt, wie können diese Menschen dieses preßspanfurnierte Hochglanzgrauen ertragen? Wieder einmal die Erkenntnis gewonnen, den Menschen als überlebensfähiger zu betrachten als ich dachte - und mir ein Beispiel an dieser mit Heldenmut und Todesverachtung gepaarten Bedürfnislosigkeit genommen.
Noch fehlen religöse Wahnvorstelungen..aber wie?
Ich kenn das von Erst-besuchern bei mir.
Entweder ein :
HUCH,
oder ein
BOAH!
Aber jeder nach seiner Facon.
:)