Die Dummheit manchmal. Die eigene natürlich vorneweg. Der Typ, der mir eine dreschen wollte, immer nur virtuell natürlich, wir sind ja im windbeuteligen Metaphernland, drischt auf einen anderen ein. In fast exakt denselben Worten und mit den psychologischen Untergriffen, die er bei mir versuchte. Wie ein mühsam einstudierter und nun immer und immer wiederholter Judogriff. Kurz Schwierigkeiten verspürt, die Verblüffung aus dem Mundwinkel zu krümeln. Der meinte es noch nicht mal persönlich! Der macht das immer so! Kurz einen Hauch von Empörung verspürt (wären diese Empörungsblogger nicht so absolutely yesteryear). So wenig bin ich also wert.
Dann wieder Dylan gehört und ein bißchen mitgesungen, hätte man vor Jahren auch nicht gemacht, weil der Mann so yesterJahrhundert war. You say you're lookin' for someone/Who will promise never to part,/Someone to close his eyes for you,/Someone to close his heart,/Someone who will die for you an' more,/But it ain't me, babe... was für ein Glück, aus dieser Nummer raus zu sein. Die meinte das ernst, ich aber auch.
Das langsame Abschiednehmen. Nicht wie Henry Maske mit dem Time to say dingsda und dann doch aber wieder und vielleicht. Ich kündige mir selbst und ziehe in einen Baucontainer. Möglicherweise ist diese Stadt auch einfach "durch". Ich bin sicher eh mehr so ein Typ für die Provinz oder ganz was anderes. Alles verschenken vielleicht, die Bilder, den Plunder, die Geräte, drei, vier Paar schöne Schuhe behalten, den Koffer mit den Manuskripten, ein paar Träume auch, und dann far, far away wie es in der C&A-Reklame bei Slade heißt.
Das Gefühl haben, irgendwann doch eine entscheidende Abzweigung übersehen zu haben. Und nun immer kämpfen, nun immer gezwungen sein, der Stimme aus dem Navigationsgerät zuhören zu müssen, wie sie ruft, Jetzt abbiegen, immer wieder, wie ein Adler, der jeden Abend angeflogen kommt, um ein Stück meiner Leber zu fressen.
Laß uns über Bewegungslosigkeit reden. Natürlich bin ich nicht an Felsen geschmiedet, das wäre ja vermessen. Wer sollte so böse zu mir sein? Niemand außer mir selbst. Dann bliebe der Gedanke, ein paar Dummheiten eben nicht gemacht zu haben. Und das entsprechend zu bedauern. Zu Heiraten, weil die Sonne schien. Kinder in fremden Ländern gezeugt zu haben, weil man die Sprache nicht verstand und das Fuchteln der Väter und Brüder im Rückfenster für fröhliches Winken hielt.
Nicht immer und immer wieder laut wie Dylan Honey, I want you gesungen zu haben, im Morgengrauen nach einer sehr langen Nacht, wenn die ersten Strahlen der Sonne über leere Flaschen und vergessene Unterwäsche streift. Überhaupt, die Nacht so lange vergessen zu haben, weil man immer früher und öfter müde wird. Vor der Zeit.
Vor der Zeit auch den eigenen Tod zu besingen, während andere ihre Bäume pflanzen, ganze Wälder gar, in denen man höchstens als alter Mensch noch wandern kann, ein welker Gast, der staunend das Wachstum begafft, wehmütig natürlich auch. Ergriffen vielleicht von der eigenen Dummheit. Dem Trägen, der ewigen Entschuldigung. Dem Vorschieben von Krankheit, Armut, Nicht-Wissen- und Nicht-Glauben-Wollen.
Und die ach-so-oft zitierten Zeilen, das natürlich wahre Everyone I know goes away/In the end immer viel zu früh gesungen, als vorausgelebtes und nicht ausgelebtes Leben, das das Ende kennt, ohne den Anfang je gewagt zu haben.
Als letzte Lösung natürlich auch die letzte Lösung haben. Vielleicht Gründe vorschieben. Wie Ausschlag, der nicht heilen will. Das Stirnrunzeln der Ärzte, die Ungerechtigkeit auf irgendeinem kleinen Amt. Die Feigheit auch, wenn man liest, was andere buckeln, Tag für Tag. Sich schäbig fühlen, weil man das einfache nicht begreift. Etwas passiert hier gerade, und du weißt nicht, was es ist, nicht wahr, Mr. Jones?
Dann Schuld verteilen. Die Menschen, die nicht folgen wollten, wenn man goldene Tore aufgesperrt, diamantene Versprechen verteilt, sich selbst abgewandt hatte von den plumpen Spielen, dem Blut, den gefühligen Erpressungen. Und sei es nur, weil man einst selbst als ungeschlagener Champion diese Sportart verlassen hat. Einst. Wie alt war ich da? Da muß ich rechnen, aber ich bin sicher, Alexander hatte da schon ganze Völker unterworfen und die halbe Welt erobert.
Meine Mutter sagt, Die Flucht, das schaue ich mir nicht an. Ich war ein kleines Kind und ich habe schlimme Dinge gesehen, aber ich habe den Krieg "in schöner Erinnerung", das lasse ich mir nicht nehmen. Kindliche Abenteuer, Wars that I have seen. Die Brüder, eine dieser Anekdoten, verbummelten die Abfahrt, stahlen ein Ruderboot und ruderten der Fähre hinterher, die längst schon abgelegt hatte, um über die Ostsee zu entkommen. Aufgefischt, mußten sie antreten vor dem Kapitän, zum Rapport. Die sieben Kinder kamen alle an, aber ich viel später, ich habe Mutwilligkeit in der Ostsee gehaßt.
Im Vergleich dazu, was, bitte schön, ist das bißchen Blut, der angerostete Traum, den man, nicht man, also ich, vor sich herschiebt, hochhält, kläglich, wie eine verblichene Fahne, auf der nur noch das Wasserzeichen "Gescheitert" deutlich sichtbar hervorsticht? Wass'n ditte? Nüschte nix. Die eigenen Kriege, ach bitte, mach mir halt den Prozeß, wir schenkten uns doch nichts, und später dann, das wird dich nicht trösten, hat dich eine andere gerächt. Jetzt abbiegen, rief sie, ich blieb aber still, wie festgeschweißt, denn ich kannte den Weg ja schon.
Ihr lest hier alle schon viel zu lange mit. Das ist das Problem. Morgen kaufe ich Zigaretten. Heimlich werde ich Vitriol auskippen und zusehen, wie sich das Blog langsam von hinten auflöst. Stück für Stück. Dann wird endlich eine Ruhe sein.
Leave at your own chosen speed.
Prometheus ist kein Schwätzer und das Leben ist schön !
Und zum Frühlingsbeginn wechselt der Nuttenturm ebenfalls den Besitzer :-) Na und?
Lösen sie ihr Blog ruhig in Vitriol auf, Herr Kid, sie werden uns trotzdem nicht los, nicht in unseren Köpfen.
Solche Schätze bleiben.
So schade auch ist, wenn solch großartige Orte sich auflösen...
Aber eigentlich ist alles nur eine Frage der Perspektive...
*(einfach mal 'ne Käsestulle mit wahlweise Kaffee oder Wein zuschiebend)* ... dann hat der Magen etwas zu tun, der Kopf muß nicht grübeln und lecker ist es auch noch ....
[...!...]
Genauso wie Abbiegen oder Mitleser. Das sind alles keine Probleme, die macht man sich immer schön selber draus.
Ungebeten um Rat rufe ich dennoch: Kopf hoch / Arm hoch / Glas leicht neigen!
heute mal gnadenlos selberverlinkt. ;)
Sie werden zur rechten Zeit eine schnuckelige neue Wohnung finden, genau wie die hier.
Machen Sie mir bloss keinen Kummer. Sie sind doch ein Indianer!
"beyond" (Kompass) gestoßen...und auf die Tatsache, dass sie noch im selben Jahr plötzlich verstarb...das war sehr erschütternd - und hat meine Unruhe leider verstärkt.
Ihr Text hat mich sehr tief berührt.
Ich kenn' sie vielleicht noch nicht gut genug,
Sie machen doch hier keinen wirklichen "Abgang" jetzt, oder?
"Letzte Lösung", "Auflösung" "endliche Ruhe"?
Dieser Blog ist mir innerhalb weniger Tage so kostbar geworden, also...
sorry, falls ich mich hier gerade lächerlich mache...
...und dafür mache ich mich dann auch gerne lächerlich
Ich habe noch ein Zelt im Keller und eine Luftmatratze. Jetzt suche ich eigentlich nur noch wen in Hamburg, der mir ein-, zweimal im Monat Kuchen backt, dann wird alles gut. Heute abend bin ich mal runter zum Hafen, um ein bißchen Luft an die Gelenke und frische Gedanken in den Kopf zu lassen, und habe mir dort noch mal das schicke Hausboot angeschaut.
Ich war neben der Flennerei hier natürlich nicht untätig, was jetzt aber nicht heißen soll, daß dies hier keine Arbeit sei! (Beachten Sie bitte meine Broschüre Jammern: Das nennt ihr Arbeit?) Zwei, drei Alternativen kristallisieren sich heraus - und: wat kütt, dat kütt.
Ich verstehe den Unwillen, meine innere Turbulenzen zu verstehen. Aber wer sich jemals diese überteuerten, lütt und dunkel geschnittenen Buden auf dem maklerverseuchten Hamburger Wohnungsmarkt anschauen mußte, rückt mir schon ein wenig näher. Ich bin leider auch aus dem Alter heraus, in dem alle Sachen in einen Kombi passen. Und da ich in den nächsten zwei, drei Jahren sicher eh umgezogen wäre, steht mir der Sinn nach allem anderen als einer Übergangslösung. Übergangslösung ist in jeder Beziehung passé, das Leben ist generell zu kurz für Übergangslösungen. (Notieren Sie sich das bitte.)
@ Neobazi: Ich dachte, Ihre Braut sei die See. ;-)
@ Frau Fishy, aus dieser Perspektive habe ich die besichtigten Wohnungen gar nicht gesehen. Aber Sie haben recht, so könnte es gehen.
@ Saxana: Liebe Dank! Ich drucke mir das aus und halte es einem Vermieter unter die Nase, sollte er mich nach Referenzen fragen. Vielleicht kann ich die Eigentümerzeitung betexten.
@ Stilhäschen: Meine Mitleser sind kein Problem, das sind ja alles tiptoppe Menschen. Ich dachte eher daran, welche Probleme langjährige Mitleser mittlerweile haben müssen, immer wieder diese Leidensschleifen hier mitzudrehen.
Und Frau Stella und Herr oder Frau Dorn: Das wollen wir an dieser Stelle mal nicht vertiefen. Ich habe da zwar eine Haltung und Meinung zu, aber das paßt jetzt hier nicht. Diese Abzweigung kenne ich auch, aber das ist wohl was für die Tage, wenn der Rentenbescheid kommt. Außerdem schwebt mir eher ein Abgang wie bei Helmut Newton am Steuer eines Buckelvolvos vor - aber bislang habe ich ja kein Auto.
Man ist bei vielen Entscheidungen ja allein oder besser: auf sich selbst zurückgeworfen. Und vielleicht stimmt das mit der Häutung. Ist ja nie schön, wenn man Fasson und Fassade verliert. Oder einem das Verdrängte und die vertrödelte Wahrheit unter die Nase gerieben wird. Aber dann sagte Bob Dylan: "You're invisible now, you got no secrets to conceal."
Nun, heute würden wir sagen: Ein Weblog mit Kommentaren.
II. Hier kann man sich gedanklich ein Zitat aus "Simple twist of fate" oder "Tangled up in blue" vorstellen. Konnte mich nicht entscheiden. Wie immer.
III. Schön, dass du Zigaretten kaufst. Du solltest mal eine rauchen. Mein Reden.