Ankomme Freitag, den 13., dein Vollmond

Und sie schlugen meine Blutangst tot,
Wie Himmelsbrand blühte das Morgenrot,
Und mein Blaß schneite von ihren Wangen.

(Else Lasker-Schüler,
"Es war eine Ebbe in meinem Blut". 1902.)

Der Vollmond macht mich schon jetzt rappelig. Heute den ganzen Tag mein Zimmer umgeräumt (das eine), weil ich dachte, ich müßte mal mein Zimmer umräumen. Klein- und Mittelmöbel von hier nach da und dort nach links verschoben, Teppiche gerückt, Staubnester entdeckt und mit Namen versehen ("Meer der einsamen Erdnuß", "Land des verlorenen Weinkorkens"), Kabel ("Strippen") gezogen, mit dem Kopf gewackelt (bedächtig), zurücksortiert, Krise bekommen (More Belastbarkeit, Baby!), gleich darauf Mut zum Neuen, Heftchen gefunden, erstmal langgelegt (Chaiselongue), geblättert & festgelesen.

Zwischendurch Wein geholt (Bordeaux, 75 Cent mehr ab diesem Jahr, neuer Luxus!), an dieses gedacht und an jenes auch, Geduld geübt. Zu einem Lied mitgesungen, (It was really nothing), ein Bild umgehängt, ein anderes endlich geradegerückt. Unruhe, alle Fenster aufgerissen, Heizungsluft gegen feuchte Kühle getauscht. Never, never, never stop. Festgestellt, die TÜV-Plakette vom Deckenhaken ist abgelaufen. Kurze Panik bekommen, dann Hoffnung. Brauche ich nicht mehr. Erstmal.

Ein Tag, um über Vorhersagen nachzudenken. Zum Beispiel beim Möbelrücken (Metapher, Metapher!) oder Haareschneiden. Selbsterfüllende Prophezeiungen niederschreiben, kleine Zettel unter die Fußmatte schieben. Schlüssel bei der Nachbarin abgeben (alle Fälle, alle Fälle!), ein Kleinmöbel zurückstellen, beschließen, schlaflos zu bleiben (Herr Kid, wieso sind Sie eigentlich nicht mehr somnambul?) und Untersuchungen in nächster Nähe anzustellen. Mit gerade einmal 37einhalb ein Bauchansatz, ich muß kämpfen. Immer kämpfen.

Homestory | 03:39h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
kid37 - Freitag, 13. Januar 2006, 04:21
Säen. Ernten.
Das Radio anmachen und Harvest Moon hören. We could dream this night away.

45. Ich esse jetzt besser was.

(Mal wieder mehr Smiths hören. There is a light that never goes out. Der Himmel sieht bedeckt aus. Please let me get what I want. Schokolade, stimmt schon.)

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casino - Freitag, 13. Januar 2006, 10:02
45 is far from home, übrigends sogar weiter als der Mond: Herr Messier hat 1771 unter der Zahl 45 die Plejaden verzeichnet, mit Alkyone in ihrer Mitte, immerhin Tochter des Windes. Weil das immer so schnell geht (das hab ich mal vor der Schokolade herausgefunden).

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kid37 - Freitag, 13. Januar 2006, 17:18
Ein Wunschnebel womöglich. Kurz überlegte ich, ob bei 42 vielleicht deshalb die Antwort aller Antworten wartet, weil dann Synapsen neu verdrahtet werden. Aber das Risiko war mir zu hoch; auf die 37 zu warten, sogar noch mehr. Man ist in solchen Momenten ja auch nicht recht bei sich. Schokolade scheint zudem ein Reizthema zu sein, in diesen Tagen. Ausgeglichenheit, unabhängig vom Mond, das soll sein das Ziel.

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casino - Freitag, 13. Januar 2006, 17:52
Gut, dass du mit dem Warten aufhören konntest, das hält einen nämlich. Ich habe einmal bis 18 gewartet, am Kap Arkona, oben auf dem Kreidefelsen hinter einem schönen Mann auf einer California, die Fahrt da hinauf war sehr meta, das weiß ich noch. Seitdem der Verdacht, dass meine Synapsen womöglich gar nicht mehr drahten und ich es bloss nicht merke.

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kid37 - Freitag, 13. Januar 2006, 19:38
18? Dafür wäre ich zu bang. Vielleicht liegt es auch an der rauhen Umgebung von Rügen, dahin hatte ich auch einmal eine Fahrt mit erhellenden Momenten. Aus düsterem Anlaß.

Diese Zustände, zwischen Delirieren und Hin-/Aushalten besitzen ja ein gewisses gefährliches Faszinosum. Vielleicht, weil man die Befriedigung kennt, wenn man langsam wieder hochzählen kann. Extremsportler kennen womöglich etwas ähnliches.
Über den Zustand meiner Synapsen sollte ich mich öffentlich besser nicht äußern, ich vermeine schon, das dreckige Lachen in den angebunden Sendeanstalten zu hören.

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casino - Samstag, 14. Januar 2006, 10:08
Ja, man wartet ja nicht mit der Reaktion, sondern mit der Erkenntnisgewinnung. Alles scheint im Lot, nur irgendwas in einem wird immer pergamentiger und kleiner, und erst kurz vorm Windhauch, der einen dann umblasen würde, da bemerkt mans dann.

Zum Faszinosum: ich hatte mal einen ganzen Film lang großartige Zustände, in jeder von vielen Filmminuten so osmotische Hinreißungen. Dummerweise war es Groundhog day, kann man sich ja nicht aussuchen. Die privaten Achttausender, genau, da wollt ich gar nicht runter so schnell. Bis heute sitzt der Film mir in den Knochen und ist mir nah wie meine Oma, seitdem pass ich auf.

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yetused - Montag, 16. Januar 2006, 22:55
("Strippen")

Na, dat hätt isch gern mal gesehen!

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