Spannen und Ausspannen



Über 90 Prozent aller Stummfilme sind verloren. Ab und an taucht mal einer auf, manchmal ganze Konvolute aus alten Kinos oder in Kisten, die man in Alaska im Permafrost vergraben hatte. Oft sind es nur Fragmente, so wie bei diesem Fund eines Films, der wahrscheinlich Anfang der 20er-Jahre entstanden ist und wohl nur hinter vorgehaltener Hand vorgeführt wurde. Auch damals schon waren Städter von großer Sommerhitze geplagt, lagen ermattet und leicht bekleidet auf dem Diwan, starrten schwitzend an die Decke und warteten auf den Eismann. (Nicht der von Schöller, der mit den Blöcken für den Kühlschrank.)

Derzeit herrscht hingegen eine angenehme Maikühle, die Glutsommermonate dürfen sich meinem Wohlbefinden zu Gefallen auch ruhig Zeit lassen. Regen, Hagel, schnurrige Gewitter, die das Haar besonders gut legen, zwischendurch ein wenig Sonne - gibt es eigentlich eine schönere Art ins Frühjahr zu gehen? Ich denke, nein. Ich entspanne in meiner Dachkammer und mache dabei Waldbaden. Hier auf dieser Seite kann man Tonaufnahmen aus Wäldern aller Welt anhören, dem Zirpen und Blätterrauschen nachsinnen - in schwüler Dschungelhitze oder auch gemäßigter Regionen, Wanderungen per Mausklick. Dabei von Dachkammern und Eisverkäufer:innen träumen.

Augenzucker | 23:27h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
kuena - Dienstag, 18. Mai 2021, 18:20
Wie schon Hitchcock (Das Fenster zum Hof) sagte: "Sind wir nicht alle Spanner?"

Wenn man alleine ist schon zu lang, guckt man sich gern auch mal schmutzige Filmchen an. (Klasse ihr Film!) Ein Polizist (Künstler!) an einem Saiteninstrument ist auch dabei. Der Song passt, nach meiner Ansicht, in diese Zeit und auf Ihren Blog.

Spannen Sie schön weiter aus, der Sommer kommt bestimmt, und schon an diesem WE, uiuiui, Außengastro! Da gibt?s sicher Eis.

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kid37 - Dienstag, 18. Mai 2021, 18:49
Ich muß mich bedanken. Einese sehr gute Wahl. Dieses Lied bringt die Situation wunderbar auf den Punk(t). Statt Außengastro suche ich weiter nach innerer Ruhe hier in der Karzer-Haft und lasse Katastrophen und Regenwolken an mir vorüberziehen.

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kuena - Dienstag, 18. Mai 2021, 19:52
Ich habe zu danken, dafür, dass Sie gerade so produktiv sind.

Topic Beuys: Im SZ Magazin Nr.: 18 vom 07. Mai wird Lothar Schirmer (Verleger, Kunstsammler [Weggefährte]) wie folgt zitiert: "Er war sehr geduldig. Er hatte mal als Kameramann für den Sielmann gearbeitet, sie müssen stundenlang vor dem Bau des Spechts gelegen haben. Zeit verstreichen lassen als Methode der Arbeit." Sie sind auf dem richtigen Weg, weiter so.

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kid37 - Mittwoch, 19. Mai 2021, 15:47
"Zeit verstreichen lassen als Methode der Arbeit". Da bin ich aber so was von auf dem richtigen Weg! Vielen Dank. Das lasse ich mir vorne aufs Unterhemd sticken.

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fidibus - Dienstag, 18. Mai 2021, 19:10
Hübscher Film! (Trotz des schrecklichen Hitzethemas. ;-))

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kid37 - Dienstag, 18. Mai 2021, 19:25
Das ist wie so eine Tennessee-Williams-Stück. Voller Drama und unerträglicher Hitze. Schade, daß nur ein Fragment gefunden wurde. Jetzt muß man sich alles weitere auch noch selbst ausdenken!

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kuena - Dienstag, 18. Mai 2021, 19:52
Ja, ob der Johann wohl noch angerufen hat?

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manhartsberg - Mittwoch, 19. Mai 2021, 00:47
Selbstverständlich hat er, fällt ob des Stilbruches aber wohl unter Kontaktschuld.

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kid37 - Mittwoch, 19. Mai 2021, 15:51
Das ist unheimlich. Hier weben sich spinnwebfeine Drähte quer durch die geistige Landschaft, das einem Schaudern mag. Als hätte man das vor 100 Jahren bereits gekannt. (Oder überhaupt gekannt.) Vielleicht stammt dieser Film ja aus Österreich, da gab es doch damals Saturn-Film als einschlägige Produktionsfirma. Vielleicht kann man hier eine filmwissenschaftliche Promotion zu diesem Thema anstoßen. Oder eine Séance zwecks Kontaktaufnahme abhalten.

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gaga - Montag, 24. Mai 2021, 01:10
Ein unermessliches Glück, dass hier einer der wenigen Streifen auf Nitratfilm gerettet und in das neue Zeitalter gehoben werden konnte...!!! Ein ganz großer Schatz!

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kid37 - Mittwoch, 26. Mai 2021, 21:05
Das ist der Vorteil der Dauer-Lockdowns. Da finden Leute Zeit, auf ihre Speicher zu klettern und aus Staub, Gerümpel und alten Schwalbennestern den ein oder anderen Schatz zu bergen. Die Historie dankt!

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