They were there to read all day



Hier kann man sich reinkukscheln. Das ist wie bei mir zu Hause: Da heißt es auch, daß diese Typen nicht nur komische Brillen trugen, sondern auch verärgert waren, wenn wirklich ein Kunde kam. Die waren selbst nur da, um zu lesen. Das verstehe ich gut. In meinen persönlichen, hermetischen New Yorker Buchladen lasse ich deshalb auch nur ungern jemanden herein, höchstens mal nachts, wenn ein Notfall vorliegt (drei Mal klingeln, besser vorher anrufen).

Die Doku habe ich selbst noch nicht sehen können, so viel sei eingeräumt. Aber das klingt natürlich ungeheuer charmant, diese New Yorker Literatiwelt, die Buchhandlungen und Antiquariate als Ruheoase für verschrobene Charaktere und Pyramidenkönigskammer für ungeheure Entdeckungen. Heute sagen einem junge Leute frech ins Gesicht, man könne sich ein elektronisches Lesegerät anschaffen, um all den "Kram" bei sich zu tragen. Die kennen das eben nicht, wenn man heimlich unterm Torbogen stand, um altes Papier zu schnüffeln und dann berauscht nach Hause wankte! Die haben alles flat und vorverdaut - Bücher, Filme und Musik.

Die Sammler sterben aus, heißt es. Buchhändler seien die ornamental hermits der Großstädte! Fatalgerede. Very irritating.

The Booksellers. Regie:D. W. Young. (USA, 2019)

Ex Libris | 13:34h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
fidibus - Dienstag, 4. August 2020, 01:31
Als Wanderarbeiterin halte ich das von Ihnen verachtete Kramaufbewahrungsgerät ja für eine grandiose Erfindung. - Bin trotzdem auf den Film gespannt.

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kid37 - Dienstag, 4. August 2020, 01:57
Ich bestreite nicht den praktische Nutzen. Aber Erotik versprühen diese Gerätschaften ja nun nicht. Mir ist das auch alles zu fluide - gedruckt ist gedruckt. Digital kann über Nacht der halbe Text geändert werden, ohne daß man es merkt. Am besten also man druckt sich das aus.

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fidibus - Dienstag, 4. August 2020, 02:23
Argwöhne ja, dass auch in meinen Papierbüchern nächtens kleine Wichtel unterwegs sind und Buchstaben rumschubsen. Habe beim erneuten Lesen häufig den Eindruck, dass da jemand heimlich Texte umgeschrieben hat.

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kid37 - Dienstag, 4. August 2020, 02:33
Kenne ich. So geht es mir bei älteren Blogtexten, die ich selbst geschrieben habe (so weit ich weiß).

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kreuzbube - Donnerstag, 6. August 2020, 10:06
Sammler sterben aber auch
Bei der Auflöung des Nachlasses setzt die Ernüchterung ein. Die schöne Bibliothek z.B., dahin in Bananenkisten, für die der Antiquar jeweils 4.- EUR gibt, Inhalt egal, wir nehmen doch nicht jedes Buch in die Hand. Anschließend dann noch die Fahrten zum Wertstoffhof, die Zeit drängt, Haus/Wohnung müssen beräumt werden.

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kid37 - Donnerstag, 6. August 2020, 19:48
Ich persönlich mache mir da keine Illusionen. Da werden zehn Container in den Hof gestellt, und da kommt alles rein. "All those things I've collected will be lost in time, like tears in rain..."

Überleben als Geschäft is da sicher nur in der Nische möglich, von allem anderen gibt es einfach zu viel.

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