Hefeland

"Was, wenn es jetzt für immer so bleiben wird?" fragte Eva, während sie sich kleine Krümel von Sauerteig von den Fingern puhlte. Gedankenverloren schaute sie aus dem Fenster. In der Ferne bellte ein Hund.

So beginnt mein aufsehenerregender Debütroman Hefeland, der eine melancholische, aber schonungslose Studie über ein Land und seine Bewohner in Zeiten der Pandemie abliefert. Ich hoffe, daß mir die Kaltmamsell dieses Einkaufsfoto für das Cover zur Verfügung stellt. Der Rest geht dann fluffig wie von selbst auf: Bachmannlesung, Sondertisch, Dennis Scheck, Abverkäufe.



Bis dahin lebe ich maskiert und weitgehend distanziert (aber nicht arrogant) in meinem kleinen Leuchtturm am Rande der bewohnten Stadt, höre abwechselnd Karen Daltons schonungslose, aber melancholische Interpretation von Something On Your Mind und dem schonungslosen, teilweise wild enthemmten Konzert der Gänse unten auf dem Wasser. Die Natur holt sich derzeit eben alles zurück, da beißt die Maus keinen Faden ab oder der Fuchs ins Gänsebein. Nur immer mehr Sonntagsausflügler, die früher über Land gefahren sind, verirren sich jetzt hier ins Gewerbegebiet, wo ich meine zart verhüllten Radausflüge unternehme. Unangenehm.

Zur Ablenkung lese ich in einer munteren Sammlung von schundigen Polizeiberichten aus dem viktorianischen England. Da fallen von einem Supermond gelockte Somnambulisten von Dächern und gehen entzwei, rippern sich Bösewichte durch fahl beleuchtete Straßen, Geister irren umher und erschreckem unschuldige Leute. Verwirrte ältere Damen hamstern Katzen in ihrer Wohnung, kluge Hunde helfen Polizeimännern oder retten Kinder vor dem Ertrinken, in Schaubuden sind seltsame Menschen zu betrachten, der ein oder andere Artistentrick schlägt auf fatale Weise fehl. Eine nicht sonderlich gut erzählte, eher anekdotenhaft aneinandergereihte Sammlung aus dem Vermischten früherer Tage. Aber unterhaltsam, akkurat zusammengetragen (aus dem Revolverblatt Illustrated Police News) und mit einem Index versehen - etwas, das man aus deutschen Verlagen ja kaum noch kennt.

(Jan Bondeson. Strange Victoriana. Stroud, Gloucestershire: Amberley Publishing, 2016.)

Ex Libris | 19:15h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
fidibus - Dienstag, 14. April 2020, 17:24
Und zu jedem Exemplar Ihres Erfolgsbuches gibt's ein Stück Hefegebäck als Dreingabe? Bestelle hiermit vor. (Will aber nix Altbackenes!)

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kid37 - Mittwoch, 15. April 2020, 02:54
Gebäck dann immer frisch! (Wenn ich nicht gerade Schutzmasken im Backofen desinfizieren muß.)

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kaltmamsell - Mittwoch, 15. April 2020, 11:11
Illustrationen stelle ich selbstverständlich gerne zur Verfügung. Der Hefe muss in der Geschichtsschreibung ein ganz neuer Stellenwert beigemessen werden.

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kid37 - Mittwoch, 15. April 2020, 17:05


Ach wunderbar. Vielen Dank. Ich habe schon meinen Verlag angerufen. Da kommt noch so ein Blitzer drauf, roter Stern mit knalligem "DAS DEBÜT!" und ein bißchen Blurb für den Schutzumschlag:

"Das Buch zur Krise. Sie werden lachen und weinen - und das alles zugleich!" (Brigitte); "Die ungewöhnliche Stimme einer Generation" (FAZ); "Zuviel Fluff fürs Schwefelland" (taz); "Weltschmerz-Germ aus Germania" (Der Standard); "Lest! Dieses! Buch!" (Else Buschheuer); "Mit Rumms und Fluff durch Krise" (Spiegel); "Blogger können ja doch schreiben!" (Helene H.), "Kam zügig an. Ok wie immer." (Amazon-Rezession)

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kid37 - Mittwoch, 22. April 2020, 21:55
Das Land wandelt sich

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