Groszmannssucht in Arkadien



In meinem Erzählband Bei der letzten Zigarette begann es zu regnen habe ich eine handvoll Geschichten über melancholische Groszstadterinnerungen zusammengefaßt, junge Menschen, die nach vorne leben und alte, die das Leben dann von hinten erklären. So im Groszen und Ganzen.

Früher wurde ich von Malern ja so gemalt. Die abgerissenen Köpfe meiner Feinde in der Hand! Heute muß ich mich an Supermarktkassen wegschubsen lassen von jungem, groben Volk. Bald wird man mich auf eine Eisscholle setzen, damit ich ins arktische Meer treibe, denn die Gartenzwergfabrik wird entkernt, alle Menschen müssen raus.

Gut immerhin , daß ich keinen Hang zum Pathos habe, es wäre schlimm um uns alle bestellt. Vor ein paar Jahren hatte ich mal überlegt, nach Düsseldorf zu ziehen, auch eine interessante, mir teilweise merkwürdig sperrig daherkommende Stadt. Am Rhein. Aber dann war die Wetterlage dort leider nichts für mich, ich blieb also hier und dachte weiter grosz vor mich hin. Das Leben ist ja mal so, mal so. Ich sage nur: "First we take Manhattan, then we take Berlin."

Georg Grosz, der alte Groszmaler, hat das ähnlich gehandhabt, nur in umgekehrter Richtung. Das ist in sehr entzückenden, den Stil des Meisters hübsch nachempfundenen Bildern in dieser Comic-Biografie von Lars Fiske beschrieben. Fiske hat zuvor auch schon ein ähnliches Werk über Kurt Schwitters geschaffen (ebenfalls im groszartigen Avant-Verlag erschienen). Politisch scharf, ironisch in der Heldenbeschreibung und angemessen frivol, denn Grosz war da nicht scheu, und seine Modelle auch nicht. Und es waren ähnlich wild bewegte Zeiten.

Ich liege ein wenig in der Sommerhitze flach, fächel mir mit einem Monsterablatt Luft zu und und schüttel den Kopf über meinen Lebenslauf und die passenden Papiere dazu. Aber da gibt es nicht grosz was zu verstehen.

(Lars Fiske: Grosz. Berlin: Avant Verlag, 2019.)

Ex Libris | 23:07h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
frau klugscheisser - Donnerstag, 8. August 2019, 23:46
Kondolieren passt in diesem Falle leider mal gut.
Mönsch Kid! Das tut mir leid.
Wat nu? Neue Stadt? Wo doch die Ringelfarbenlieferanten alle im Norden sitzen? Doch ein Kragenfachgeschäft in Wien eröffnen?

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kid37 - Donnerstag, 8. August 2019, 23:53
Danke. Ich suche noch was in meiner Kragenweite. Die besten Stellen indes schafft man sich ja selbst. Heute kam mir z.B. die Idee, Konfliktforscher bei Penny zu werden.

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frau klugscheisser - Freitag, 9. August 2019, 21:02
Museumsbetreiber
mit Ihrer Sammelleidenschaft, das könnte doch sehr lukrativ spannend sein, ein Museum einzurichten. Sie können ja drin wohnen.

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kid37 - Freitag, 9. August 2019, 21:20
Sie meinen, ich sollte an meiner Wohnungstür einfach ein Kassahäuschen aufstellen? Ja, das könnte funktionieren.

(Gleich mal bei eBay gucken, ob es dort so einen alten Eintrittskartenabrollerdings gibt.)

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frau klugscheisser - Donnerstag, 15. August 2019, 18:32
Hier in Bayern zahlen die Touris viel Geld, um einmal durch Schlafgemächer zu laufen. Die einstigen Besitzer sind jedoch leider verstorben.

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kid37 - Donnerstag, 15. August 2019, 23:03
So viel Kommen und Gehen ist hier ja nun nicht. Aber ich könnte natürlich für die Touristen so Filzüberzieherpantoffeln bereitstellen, während sie durch meine Gemächer schlurfen und sich meinen leiernd vorgetragenen, äh, Vortrag anhören.

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frau klugscheisser - Donnerstag, 15. August 2019, 23:35
Märchenkid
Filz statt Plastik! Sehr vernünftig. Die Kissen schön fluffig machen. Und Blattgold, das ist wichtig. Gibt's auch aus der Sprühdose. Die Aussicht von Neukidstein haben wir hier ja schon gesehen.

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fidibus - Donnerstag, 8. August 2019, 23:53
Ihr Blog ist nicht gut für mein Geldbörsel. ;-)

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kid37 - Donnerstag, 8. August 2019, 23:54
Ja. Das Buch müssen Sie leider haben ;-)

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cabman - Freitag, 9. August 2019, 00:14
Echt jetzt?!
Alle Menschen??? Sie etwa auch???! Lassen Sie mich wissen, wenn‘se Hilfe brauchen.

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kid37 - Freitag, 9. August 2019, 00:44
Ja, natürlich. Ich bin doch och nur ein Mensch!

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samojede - Freitag, 9. August 2019, 00:50
Soll jetzt nicht zynisch klingen (und es ist TRAURIG, dass ich das immer dazu schreiben muss), aber hatten Sie nicht eh mal 1 sabbatical an- bzw draufrumgedacht? Gut, fühlt sich natürlich besser an wenn man selbst 1 Entscheidung fällt und ( zudem die Option hat wieder zu kommen) nicht die Entscheidung einen trifft. Aber wer weiß , vielleicht treffen Sie auf der Eisscholle 1 kleinen oder groszen Pinguin oder was/wen ganz anderes?!?

{~Interessant~ wie die Maler Sie einst gemalt haben}

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kid37 - Freitag, 9. August 2019, 01:58
Das ist jetzt erstmal knifflig. Mein Sabbatical wäre letztlich auch unbezahlt gewesen, aber eben mit Rückkehrgarantie. Habe aber gerade einen Film mit Peter Lohmeyer gesehen, wo er sagt: "Jeder hat mal eine Auszeit verdient", was ich sehr unterschreiben möchte. Ich könnte mich dann noch mal im Vergleich malen lassen.

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