Es liegt ein Schweißschleier über der Stadt

Rock and Wrestling
Rock and Wrestling
Rock and Wrestling
ist jetzt wieder da.

(Nik Neandertal,
"Die Hymne".
Nochmal?)




Einmal im Jahr können in Hamburg Gebrechliche wieder Gehen, Träumer die Muskeln anspannen und Flüsterkneipenbesucher wilde Juchzer hören. Da gehört plötzlich Rock zu Wrestling wie sonst nur Tom zu Jerry, Ping zu Pong, Kid zu Siebenundreißig oder der Papst zur Messe.

Zum Ereignis gehört eine feste Liturgie. Die heißt nicht "Mal sehen", sondern "Ganz genau!" und das bedeutet: pünktlich da sein, entschlossen anstehen, und wissen, was und wo der Ring ist. Auf der Ersatzbank durch zahlreiche Ausfälle geschwächt, hatte ich noch Karten zu verkaufen, mußte daher Kontakt zu jungen Menschen aufnehmen. Ich sach mal so: Loide. So nicht. Während früher, wenn man schon keine Karte hatte, weil man, so was kommt vor, auch wenn es dafür keine Entschuldigung gibt, irgendwie mit dem Terminkalender durcheinandergekommen ist, dann ging man trotzdem hin (Barfuß! Im Bußgang!) in der zarten Hoffnung, daß irgendeiner sozusagen auf dem Weg schwer verstorben ist und durch diese Umstände (und wirklich nur so!) eine wirklich allerletzte Karte doch noch frei geworden ist. Und dann: Dankbarkeit! Tränen in den Augen! "Ich werde den Enkeln davon erzählen!", "Dankbarkeit bis ins letzte Glied" usw.

Nicht aber: Smartphone zücken, Ey, du, warte mal, ich ruf da gleich mal die NastiNadineNicole oder TimTomKlaus an, ach nee, melden sich nicht, sind wohl auf 'ner anderen Party (eine ANDERE Party?!?), dann schnell, wischwisch, die Facebook-Gruppe "Ey Mann, wo geht's denn hier zur Party?" getopcheckt... Also bitte, Freunde. Ja oder Ja. Glaubt mir, es wird kein gutes Ende nehmen mit dieser Generation Vielleicht oder Morgen.




Drinnen dann zum Glück gleich DingDong, wir sind jetzt da, wo die Herzen pochen, die Stimmung Schwellkörpern gleich zum Platzen gespannt ist, schön alles festhalten, die Geräte dabei ausschalten, auf Blutspritzer achten (das Management übernimmt keine Gewährleistung), die Kämpfer anfeuern - und, ganz wichtig: nicht selbst Teil der Show werden wollen. Wir machen das! heizen Testsieger den Laden gleich noch ein paar Grad höher. Ich denke, sehe ich auch so, das werden wir ja wohl schaffen. (Ich kämpfe ja nur noch gegen mich selber.)

Hamburgs weltbestes Nummerngörl Dolly Duschenka macht den Ring klar für die ersten Kämpfe, der 37-fach ungeschlagene One and Only Baster holt ordentlich einen aus der Lampe, seinen bezaubernden Dschinn Jeannie nämlich und dann wird diesem Grünen Bastard der Hosenboden strammgezogen. Zack, voll auf die Zehn, als könne man drei und sieben zusammenzählen.

Für die Ladies Damen schmilzt Nik Neandertal mit ein, zwei Darbietungen der offiziellen Hymne (können auch drei oder vier Mal gewesen sein, wer zählt am Ende noch nach?) ein paar Herzen - wobei er bei dieser Hitze leichtes Spiel hatte. Schmachtende Blicke, frenetischer Jubel! Der Neandertal-Mann verausgabt, atmet nur noch aus dem Hemd.




Klitschnasse Leiber im Ring und vor dem Ring, wir wogen zu The Cheating Hearts, die kompromißlos über Belange des angestrengten Schulterschwung-Artistenlebens singen. Das Team St. Pauli aufs Mauli haut die Esso-Häuser raus und träumende Investorensäcke platt. Großer Sieg für den Stadtfrieden, alle Daumen gehen hoch. Eddie, der Eismann wirft Gefrorenes ins Publikum, enthemmte Mädchen fangen die Eistüten mit ihren Dekolletés, wo sie sofort zu Wasserdampf zerkochen. Ekstase, dabei stehen die großen Kämpfe noch an.

Wir warten auf Loony Lobster, den hartgepanzerten Kämpfer aus den Meeren mit dem festen Klammergriff (hier ein seltenes Foto, das Loony Lobster als kleinen Jungen zeigt). Auf Bento Love, den Kampfroboter der Herzen, Dr. Tentakel und den Danger Pilz. Aber auch auf echte Schurken wie Kommander Kernschmelze, den hipstrigen Schanzenschnösel und den bösen Manager Don Shrimp, der seine Kämpfer mit miesen Tricks zur Macht führen will.

Während innen als einem der letzten gerechten Orte Hamburgs meist das Gute siegt, draußen ein unbeachteter Moment. Der Hitze wegen hat sich der Backstage-Bereich auf die Treppe vorm Haus verlagert. Im Zwielicht der Straßenlaterne ein Grüppchen Wrestler, wie konzentrierte Stierkämpfer auf ihren Einsatz wartend. Halb sind sie im Kostüm, Masken und Pappmachéeköpfe liegen auf den Stufen, leichter Schweißfilm liegt auf der Haut, eine intensiv gespannte Atmosphäre in der Luft. Das Foto, das ich nicht machte.

Tiefe Nacht, tiefes Ausatmen. Tagessieger dann: Nik Neandertal. Zeit für die Hymne. Danke an alle.

Radau | 00:02h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
maphisti - Mittwoch, 31. Juli 2013, 18:27
irgendwie eine art glastonbury für zahme?

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kid37 - Donnerstag, 1. August 2013, 01:48
Ohne Matsch. Ja. Aber immer fair.

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maphisti - Donnerstag, 1. August 2013, 02:28
Was soll ich machen? So ist nun mal meine Natur. Ich liebe einfach fairy tales nur! (Wirklich!)

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nnier - Mittwoch, 31. Juli 2013, 18:58
Sie hämmern einem die Hymne rein, einmal im Jahr. Danke dafür.

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kid37 - Donnerstag, 1. August 2013, 01:48
Hammering it home to the people.

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derherold - Donnerstag, 1. August 2013, 03:49
Ich warte auch in diesem Jahr auf den Bericht über den Auftritt von Billy the kid

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kid37 - Donnerstag, 1. August 2013, 17:02
Der kämpft dann gegen Saloon-Görls. Wir arbeiten noch an der Choreografie. Bislang habe ich keine Schnitte.

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kid37 - Donnerstag, 1. August 2013, 19:43
Plakat steht schon: Kids just want to have fun.

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maphisti - Freitag, 2. August 2013, 00:58
Jedenfalls sind keine Kaninchen mit dabei.

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kid37 - Freitag, 2. August 2013, 13:15
Bunnys nur im Ring.

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kreuzbube - Donnerstag, 1. August 2013, 11:12
Das sieht mir danach aus, als müsste ich mit meinem Klapprad anrollen, wenn ich mal dabei sein wollte... Sensationell das 4711 Trikot von Nik Neandertaler!

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kid37 - Donnerstag, 1. August 2013, 17:01
Wenn Sie jetzt schon mal losstrampeln, schaffen Sie es sicher bis morgen zum Dockville Festival. Da gibt es noch mal Nachklatsch.

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kreuzbube - Donnerstag, 1. August 2013, 18:38
Ich sollte das im Hinterkopf behalten. Das könnte einst Anlass für einen Radausflug werden. Das erste Drittel der Strecke bis Magdeburg ist landschaftlich aber eher reizlos. Ob' danach besser?

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maphisti - Freitag, 2. August 2013, 01:03
Oh, diese wunderbare Magdeburger Börde! Diese Felder ... zum Meditieren schön!

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ana - Donnerstag, 1. August 2013, 12:01
Das wäre sicher ein sehr elegisches Photo geworden, aber die Kämpfer brauchen auch mal Pause von den Zuschauern. So male ich mir die Szene im Kopf wie ein Standbild aus einem Visconti-Film.

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kid37 - Donnerstag, 1. August 2013, 16:54
Einer dieser besonderen Momente, intim, konzentriert, vielsagend. Aber auch sehr persönlich, da habe ich Beißhemmung. (aus meinem Buch: Warum ich ein schlechter Fotograf bin)

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modeste - Freitag, 2. August 2013, 01:24
Ich schwitze, wenn ich das sehe. Trotzdem, es sieht nach Spaß aus.

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kid37 - Freitag, 2. August 2013, 13:15
Das ist meine finnische Sauna. In jeder Hinsicht gesund und sozial förderlich.

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maphisti - Freitag, 2. August 2013, 22:04
"... and the cotton is high ..." (Porgy and Bess)

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kid37 - Samstag, 3. August 2013, 13:47
Das Leben ist aber nicht easy.

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maphisti - Samstag, 3. August 2013, 18:10
Ja, leider wohl nur in Schlummerliedern. Allerdings, wenn man die Möglichkeit besäße, immer alles gleich mit den richtigen eyes betrachten zu können ...

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burnster - Dienstag, 27. August 2013, 14:57
schnief.

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kid37 - Donnerstag, 29. August 2013, 00:02
2014!

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