Arbeitsleben/Lebensarbeit



Als munterer, aber festfrei festgeketteter Fabrikarbeiter im Weinberg des Herrn schaue ich oft ab und an aus dem Fenster in die bereits winterliche Sonne, bloß um mich hinaus zu wünschen, weg von der rostigen Werkbank, hinein in die raren, klaren Augenblicke des Tages. Nicht einmal dazu reichte der Herbst bislang, Drachen steigen zu lassen, durch trockene Blätter zu rascheln, reife und brüchige und die nun selten gewordenen frischen Dinge zu sammeln. Sind wir nicht deshalb überhaupt da? Jemand ruft "Balance!" Ein anderer "Vorsicht an der Kohlenrutsche!" Wie schwarz dann die Finger sind, wenn ich die frischausgedruckten Quittungen in Händen halte, statt Herbstlaub, und den Graphitstaub betrachte, die Späne, die mir am Ende zur Verfügung stehen. Sicher. Wären die Finger rot bei solcher Betrachtung, man hätte ganz andere Sorgen.

Unsere kleine Arbeitsbrigade hört sich derzeit an wie die Frühstücksterrasse eines Lungensanatoriums. Einige behaupten gar, sie seien krank. Schauspieler, allesamt Schauspieler. Sie wollen sich hinausstehlen, in die Wälder, die Sonne, an die frostigen Ufer. Schmähgesänge werden sie singen, dort zwischen Laub und Pilzen und trockenen Zweigen, und mit Spott an Tisch No. 37 denken, dort, wo ich sitze und schmirgel und feile und bohre. Denn ich, ich rauche ja nicht, ich bin gesund für ein Dutzend Mann.

Homestory | 12:56h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
sakanachan - Donnerstag, 15. Oktober 2009, 18:22
tippen sie mal ein:
durchschnittliche lebenserwartung (bei uns jungs sag ich mal 75, wenn wir nicht vorher an der käsetheke zusammenbrechen) minus lebensalter in jahren (die optik lassen wir mal beiseite) mal 365. was sie da sehen, ist die voraussichtliche anzahl der ihnen verbleibenden tage. wenn sie diese zahl sehen und morgen trotzdem noch zwerge glasieren gehen, sind sie hart, ganz hart bis zur selbstverleugnung motiviert scheiße vernünftig.

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prieditis - Donnerstag, 15. Oktober 2009, 18:27
An einem
35.Geburtstag rief ich laut aus dem Fenster:

"Die Hälfte is rum!"

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kid37 - Donnerstag, 15. Oktober 2009, 18:56
Ich überlege gerade, alles hinzuwerfen und beispielsweise Bootsbauer zu werden. Sink or swim, ein Geschäft ohne Vertun. Aber nur dreimal die Woche, an den anderen Tagen rauche ich.

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novesia - Freitag, 16. Oktober 2009, 08:56
Unvernünftig sein macht das Leben lebenswert. Außer es ist eine Gruppenzwangunvernunftsucht wie z.B. Rauchen.

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kid37 - Freitag, 16. Oktober 2009, 12:20
Mit meinen Ausflügen ins Unvernünftige überrasche ich mich immer wieder selbst. Zum Glück. Einfach mal ein Hemd auf links tragen! Mit einem Lächeln!

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prieditis - Samstag, 17. Oktober 2009, 13:57
oder Socken, die ganz verschieden sind! Mit Loch!
Es gibt so viel, was man tun kann...

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