Hyvää päivää!
Der King, sollte jemand fragen, lebt. In Finnland. Er verbringt dort eine vergnügte Zeit in einem oft dunklen Land mit einer skurrilen Sprache, die außer ihm nur andere Rock'n'Roll-Sänger sprechen. An Lagerfeuern und den zahlreichen Seen treibt er Schabernack mit bildhübschen lappländischen Mädchen (ich habe heute eines davon gesehen), rudert Boote und begleitet sein Gitarrenspiel mit einem Hüftschwung, der nicht nur unter den Holzfällern dort seinesgleichen sucht.
Woher nun ausgerechnet ich dies alles weiß? Nun, Feinkunst Krüger zeigt derzeit die Bilder des finnischen Malers Markku Laakso. Der malt Elvis hinein in folkloristische Szenen und bereichert seine Genrebilder vom locus amoenus um einen verschrobenen und hintersinnig-lakonischen Witz, wie man ihn nach drei Glas Bier obergärig nach innen lacht. Dazu gab es auf der Vernissage wunderbar verschrabbelten, finnischen Rock'n'Roll. Ich glaube, da gibt es viel zu entdecken, wenn ich DJ Litmanen richtig verstanden habe, und vielleicht sollten meine Tanzschuhe und ich die Urlaubsziele für die nächsten Jahre noch einmal überdenken.
Gleich nebenan, in der Bernhard-Nocht-Straße, gab es den Tag über noch mehr Musik. Abends spielten die Goldenen Zitronen Lieder vom kommenden Album Die Entstehung der Nacht und traten der drohenden Gentrifizierung des Viertels von der dichtumdrängten Bühne in den Arsch. Das "Lied der Medienpartner" hat mir dabei besonders gut gefallen, beinahe spontan konnte ich jede Zeile mitsingen. Punkfolklore.
Wer am Sonntag nicht zu Múm ins Knust geht (die kommen aber aus Island), darf alternativ um 21.00 Uhr die einzigartige Perfomance von Markku Laakso und Annika Dahlsten in der Meanie Bar sehen. Die greift die Familiengeschichte des Urgroßvaters des Malers auf, der 1928 Folkloredarsteller war bei einer Völkerschau bei Hagenbecks. Minä en puhu suomea, aber so hängt alles mit allem zusammen. Mit aufgeschlagenen Knien.
>>> Bilder der Ausstellung
(Markku Laakso, "Arctic Burning Sensation". Feinkunst Krüger, Hamburg. Bis Ende September 2009.)
satatuhata perkelettä helvittä
Teufel, genau, damit hat es zu tun: perkelettä; und die wohnen bekanntermaßen alle in der Hölle: helvittä; hunderttausend: satatuhatta. – Das finnische Volk möge es mir nachsehen, sollte ich es nicht richtig geschrieben haben. Es sind zarte Restbestände dieses gar nicht so zarten, sondern früher einmal (?) sehr heftigen Fluches, den ich in Erinnerung habe.
Ich habe ja ganz fasziniert den finnischsprachigen Versionen alter Rock'n'Roll-Schlager gelauscht und was es an obskurer Musik dort noch so gab. Höllisch.
Kennen Sie denn auch finnischen Tango? Das ist etwas ganz besonderes. Schauen Sie mal zum Ende
dieses Beitrages: Numminen. Sein Buch ist eines der herausragendsten* Einführungen in die finnische Mentalität.
*komischsten
Das wäre eine Alternative zu Piazzola, der häufig in meiner Küche läuft, während ich koche Käsebrote schmiere. Ich muß mich da mal tiefer eingraben, für Tango habe ich ja auch eine weiche Stelle. Numminen beschreibt das sicher toll. Ich kenne seine Aufnahme "Numminen singt Wittgenstein", ganz famos.
Das sitzt. Perfekt! Sie haben nicht zufällig hochauflösende Fotos vom skilaufenden King? Ich scrolle jetzt zum zehnten Mal da hoch und habe mich das ganze Wochenende noch nicht so gefreut.
Schauen Sie mal oben den Link im Beitrag "Bilder der Ausstellung". Da ist es noch mal dabei, neben den meisten anderen. Die Dame auf den Bildern war auch anwesend, leider ohne Tracht. Aber das hätte ja auch zu ekstatischer Verzückung geführt.
Das Gute liegt so nahe - ich hatte den Link übersehen. Es funktioniert übrigens immer noch. Ich muss stets aufs Neue freudig lachen. Was will man mehr.
Der King hat ganz schön Schalk im Nacken.
Um die finnischen Zitate hier noch um eines zu ergänzen: Olen hiprakassa. Das heißt, wie mir eine Finnin einmal bei einem finnischen Abend, veranstaltet von einem hier lebenden finnischen Musiker, bei dem es finnische Getränke gab, verraten hat, ich bin glücklich betrunken.
Ha, das gehört in jedes Wörterbuch. Wäre auch ein schönes Motto für ein Blog: Olen hiprakassa.
Das einzig traurige ist, dass es viel zu wenige Menschen wie Herrn Krüger gibt...
Ach ja, die Finnen... Wer kann sie nicht sympathisch finden? Und erst ihre schöne Sprache voller Vokalharmonien! Natürlich eignet sie sich zu schmelzendem Tangogesang; allein, der finnische Tango ähnelt in seiner Taktfestigkeit doch meist eher einem Marsch. Wer selbst noch keine Mittsommernacht auf einem hölzernen Tanzboden unter freiem Himmel an einem finnischen See verbracht hat, kann sich davon durch den vorzüglichen Sampler "Finnischer Tango. Tule tanssimaan" (bei Trikont erschienen) überzeugen. Herr Numminen gibt darauf seine berühmt-berüchtigte Nummer "Ich mit meiner Braut im Parlamentspark" in schnarrend-angetrunkenem Deutsch zum Besten, aber auch der Schicksalstango in der Version von Eino Grön, der Klassiker Satumaa, gesungen vom stets in weißem Elvis-Anzug auftretenden Reijo Taipale, und der m.E. tragisch-lakonischste und damit finnischste aller Tangotitel finden sich darauf: "Pilvet karkaa niin minkäkin"; auf Deutsch: "Wolken ziehen vorüber, ich auch".
Sie sehen mich eifrig mitschreiben, den Soundtrack für einen fantastischen Herbst zusammenstellen. "Wolken ziehen vorüber" - schön, daß wir endlich den Dreh zu Kaurismäki gefunden haben. Ich muß schauen, daß ich mein abgewetztes schwarzes Jacket wiederfinde. Das, das so stark nach kaltem Rauch und altem Bier riecht. "Wolken ziehen vorüber, ich auch" wäre übrigens ebenfalls ein bezirzender Untertitel für ein Blog, das nicht nur Sommerschönes zum Thema hat.
Herr Prieditis, auch so ein Satz, den man ruhig in Fett wiedergeben darf:
Das einzig Traurige ist, dass es viel zu wenige Menschen wie Herrn Krüger gibt.
die o.g. platte ist grandios, die brauchen sie unbedingt!
Das klingt nach einer Empfehlung. Ich bleibe dran.
Also «Marsch», lieber Ulfur Grai, das empfinde ich dann doch leicht irreführend. Der Deutsche denkt dabei doch eher an Donner und so. Piazolla sollte man selbstverständlich nicht assoziieren, da käme man ein wenig aus dem Rhythmus. Wir sind doch keine Argentinier, sagte neulich ein leicht in die Jahre gekommener finnischer Herr, wir haben
Sisu. Gepflegter Tanzkursus für Fortgeschrittene der Sechziger*, das käme der deutschen Vorstellung doch näher. Aber eben mit Leidenschaft! Oder ist der
Kalevala samt Sibelius etwa keine?
* Nachgetragene Verzweiflung: Aber wer kennt den hier schon, den Tanzkurs in den Sechzigern?!
Rokknrollää
Auch Sie wird es sicher in Erstaunen versetzen, daß es die Finnen waren, die den Rock'n'Roll in die Welt brachten. Denn die Urväter der Leningrad Cowboys waren die Stones, The Who und Jim Morrison - wie diese
Seite auf die Frage "Who are the major Finnish male rock 'n roll singers of the 1960's and 1970's?" zu antworten weiß. Das habe ich ja alles nicht gewußt!
Logo! Und Guy Ritchiä ist ein finnischer Regisseur. Letztes geplantes Projekt: Malawi Cowboys ging wegen der Hauptdarstellerin (M.) den Bach runter. Jetzt macht er halt wieder in Tierfilme (Snatch 2)
*patsch* Jetzt bin ich überhaupt erst im richtigen Film! 'tschuldigung, aber Sie müssen sich das ja so vorstellen, daß ich hier in meinem Tentakelanzug an der Werkbank sitze, sechs, sieben Formgußteile gleichzeitig bearbeite und mit der freien Hand noch an der Blogschreibmaschine zugange bin. Ritchie sei mein Ehren-Finne und Zeuge!
Und nicht zu vergessen: Der
Humppa - echt gute Finnenmusik. Der Höhepunkt mancher Party - und immer auf dem Grat zwischen Abscheu und Begeisterung.
Ursprünglich ist Humppa in Finnland eine Musikrichtung, die bevorzugt von älteren Menschen gehört wurde.
Also wie gemacht für mich. Heute abend mache ich einen
Matti Pellonpää -Gedächtnisabend und trinke Vodka aus Wassergläsern.
>>> Soundtrack zur Ausstellung: "Flaming Star" in der finnischen
Version.