Weitere Blumen, Gesinnung unbekannt

Mag das Wetter unbeständig sein und von eisig, regnerisch und schönster Sonne alle Orgelregister ziehen - raus kann man trotzdem, zumal zur Sonnenwende der Abschluß der Altonale lockt. Es lohnt sich bei solchen Veranstaltungen, ein paar Schleich- und Umwege zu gehen, an den dichtesten Menschentrauben vorbei, ehe man Zustände bekommt oder unversehens auf dem Mittelaltermarkt landet. Es ist zum Glück jedoch, ein Lob der Vielfalt, für jeden was dabei. Wie ein Netz aus Ameisenstraßen wuselt und wimmelt es mal in diese Gasse, mal in jene Twiete, immer auf der Suche nach Vergnügen - so jedenfalls darf vermutet werden. An den schöneren Straßenrändern werden Sardinen gegrillt, mit ernstem Gesicht noch ernsterer Tango gespielt, Kunst & Handwerk ausgebreitet und die freien Plätze insgesamt sehr wohnlich gemacht.

Am Stand der Station 17 ein bißchen eingekauft, dann einem alten Mann mit hörbar ostpreußischen Akzent ein ebenfalls altes Voltmeter abgehandelt. "Könnte aus einem U-Boot stammen", vermutete der freundliche Herr. Möglich ist es, immerhin ist es von innen ein wenig mit Wasser beschlagen. Da ich ab und an unter starker Spannung stehe, benötige ich so etwas. Nur falls sich jemand fragt. V für Victory, an Bord meiner Nautilus macht sich auch ein wenig Literatur sehr gut, die Besatzung will belesen sein. Leider fand sich nur bekanntes, aber solche Bücher sind ja wie kleine verlassene Kätzchen, die einem vom Boden eines Pappkartons her anmaunzen, und können folglich nicht zurückgelassen werden. Nachher, man hört immer wieder davon, landen die dann im Wasser, nur weil sie keiner wollte - und dann ist kein U-Boot, nichts, kein niemand, in der Näh’.

So war das.



Homestory | 13:07h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
nnier - Montag, 22. Juni 2009, 14:58
... und was für ein schönes, großes Voltmeter Sie da geangelt haben! Die Bücher dienen ja, neben der Herzensbildung der bärtigen Kerle mit dem weichen Kern, auch dem Größenvergleich. Ich hätte ja sonst gemutmaßt, es handele sich um eines dieser nachträglich einzubauenden Instrumente für die Armaturenbretter von sog. B-Kadetts. Aber das Ding ist ja so groß wie meine russische U-Boot-Uhr! Da passt ganz viel Spannung rein.

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kid37 - Montag, 22. Juni 2009, 17:43
Allein der Zeiger ist ja schon so groß wie mein Arm ein drohender Zeigefinger. Zum Glück fand sich bei mir noch eine passende Messingschraube, so konnte ich es gleich an die Wand dübeln. An diese U-Boot-Uhr mußte ich auch denken, die sind ja mittlerweile schwer zu kriegen. Aber schick. Ich kann jetzt in meinem Flur stehen und rufen: "Kaleun! Kaleun! Schon 37 Volt, sie wird es nicht mehr lange machen!" Solche Sachen halt.

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nnier - Montag, 22. Juni 2009, 18:41
Sie kennen diese Uhr? Sie war mal Anlass für ein Missverständnis. Meine Schwester und ich überlegten, was wir unserem Vater zu seinem runden Geburtstag schenken könnten. Begeistert erzählte ich von der "U-Boot-Uhr", und dass ich so eine gerade noch einmal auf dem Flohmarkt gesehen hätte. Sie war zuerst komplett dagegen. Und zwar, weil sie sich eine Uhr in Form eines (Plastik-)U-Boots vorstellte.

Damals, so kurz nach der Wende, hätte man vermutlich komplette U-Boote in Teilen erstehen können, zusammen mit radioaktiv strahlenden Nachtsichtgeräten aus der Reisetasche mit den unversteuerten Zigaretten.

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kid37 - Montag, 22. Juni 2009, 23:11
Die hat so ein beiges Hammerschlaggehäuse, früher gab es die auf jedem Flohmarkt, dann plötzlich nicht mehr. Vor ein paar Jahren versuchte ich, ein solches Modell noch einmal über eine Freundin zu besorgen, aber... na ja, wie das so ist. Wenn man überlegt, was damals alles rüberschwemmte - Zorki- und Kiew-Kameras, Uhren, Messgeräte, Mikroskope, stimmt - diese obskuren Nachtsichtgeräte... Heute haben die nur noch Bernstein und Angelruten.

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nnier - Dienstag, 23. Juni 2009, 00:19
Genau die. "Auf jedem Flohmarkt"!? Erzählen Sie nun bloß noch, dass ich damals viel zu viel bezahlt habe.

Mir fällt seit einiger Zeit immer wieder das chirurgische Besteck auf; es sieht aus, als habe man ganze staatliche Kliniken geplündert. Und neulich war mir so, als wühle da mein Zahnarzt, aber er war es nicht.

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kid37 - Dienstag, 23. Juni 2009, 12:24
Nein, Sie haben nicht zu viel bezahlt. Sie haben sowieso nur das bezahlt, was die Uhr ihnen wert war, also einen fairen Preis. Und dann sind die heute fast nicht mehr zu kriegen - so groß war die U-Boot-Flotte nun auch nicht. Ich weiß gar nicht, was die in den ersten Jahren im Westen kosten sollten, ich habe nie nach den Preisen gefragt.

Die hauschirurgische Abteilung läßt sich allerdings wirklich noch bequem auf dem Flohmarkt aufstocken. Angeblich ja alles B-Ware, ich denke für einfach Eingriffe wird es reichen. (Auf welchem Schiff war das noch mal, wo man den Blinddarm mit dem scharfen Deckel einer Thunfischdose... oder ist das aus einem Roman?)

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hora sexta - Montag, 22. Juni 2009, 18:55
Jetzt sind wir Zwillinge - das grüne Buch steht auch in meinem Schrank (Schönberger 1964, handschriftlich auf dem Vorsatzblatt).
Seite 33, heute abend, 23:37 Uhr, ja?

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kid37 - Montag, 22. Juni 2009, 23:06
[Bei mir "Ann-Mari [sic!], 28. April". Und ich habe leider die zweite Auflage von 1965 erwischt. 50 Cents verschleudert!]

Oh, prima. Jetzt können wir uns mit Zahlencodes geheime Botschaften übermitteln.

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hora sexta - Montag, 22. Juni 2009, 23:33
Ann-Mari passt gut zu Ihnen, finde ich. Und 28 hat ja dieselbe Quersumme wie 37, passt auch (Zahlencode!!! 37. April konnte sie ja nicht schreiben, die Ann-Mari).

Und verschleudert, ach, was gibt es Schöneres (außer Warten natürlich).

Bis später  im Bett  auf Seite 33!

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kid37 - Dienstag, 23. Juni 2009, 12:18
Weh & Klage
Die Quersumme! Dann ist alles kein Zufall. Ihre Ausgabe von '64 paßt ja dann auch. (Ich sehe schon überall eifrige Bloggisten seitenkonkordante Ausgaben aus ihren Reclamheftchen skribbeln.)

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mark793 - Dienstag, 23. Juni 2009, 00:58
Öha,
dieses mächtige Rundinstrument verdiente fürwahr einen eigenen Schaltschrank (mit einem schönen in Marmor gefassten Dreifach-Frankensteinschalter vielleicht). Aber für solche Einrichtungen ist ja in den meisten modernen Wohnungen kaum noch Platz.

Gut, der Spannungsbereich bis 80 Volt schränkt die Verwendungsmöglichkeiten auch ein wenig ein. Zumindest ließe sich - korrekt zwischen die a- und b-Ader der Telefonzuleitung geklemmt - damit überwachen, ob die heimische Fernsprechinstallation auch die geforderte Klingelspannung von 60 V liefert oder ob bei manchem Gesprächen sogar deutlich mehr Spannung anliegt. Dann könnte man mit Blick auf das Instrument rechtzeitig auflegen, bevor die kritischen 80 V überschritten sind und das Endgerät oder einer der Fernsprechteilnehmer Schaden nimmt.

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nnier - Dienstag, 23. Juni 2009, 10:38
Das nenne ich eine sinnvolle Anwendung (ich habe auch schon überlegt!)
Wenn die Musik zu laut ist, muss man einfach nur immer auf den Zeiger gucken, denn wenn das analoge Telefon (das ich hier beim Hausherrn einfach mal unterstelle) mit der schönen elektromagnetischen Klingel schrillt, müsste der Zeiger sich nach links bewegen. Es ist also alles sehr rational, eigentlich.

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kid37 - Dienstag, 23. Juni 2009, 12:14
Vielleicht kann man es zum Feldstärkemessgerät umbauen und die Schwingungen im Raum prüfen. Als Hygrometer funktioniert es jedenfalls einwandfrei. Heute war es bereits deutlich weniger beschlagen - prompt kam die Sonne raus. 80 Volt sind wirklich ein wenig knapp für Experimente. Aber man darf nicht vergessen, daß in meinem Leben alles durch jede Menge Widerstände geht.

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renaissancerie - Dienstag, 23. Juni 2009, 09:25
achherrje, bitte schliessen sie ein innerlich feuchtes voltmeter niemals an eine spannungsquelle an.
bitte.

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nnier - Dienstag, 23. Juni 2009, 10:34
"Elektrisieren ist gesund", stand mal auf dem seltsamen Automaten, in den man eine Münze einwarf und dessen zwei elektrisierte Metallgriffe man dann mit den Händen umfassen musste. Die Spannung stieg dann sozusagen ins Unermessliche, denn ähnlich der "Haut-den-Lukas"-Skala wurde man eingeteilt in "Wichte", "Halbstarke" und "Echte Kerle". Zu früh mochte man da wirklich nicht loslassen.

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kid37 - Dienstag, 23. Juni 2009, 12:06
Frau R, um Himmels Willen, das fiele mir nie ein! Aber gut, daß wir darauf hinweisen. Kinder, Bastler: Beachtet die VDE-Vorschriften und die fünf Sicherheitsregeln.

Elektrisieren (Achtung, siehe oben!) ist tatsächlich gesund. So ein Violet Wand beispielsweise löst so manche Verspannung.

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jean stubenzweig - Dienstag, 23. Juni 2009, 13:47
Ach, ist das schön hier!

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fishy_ - Dienstag, 23. Juni 2009, 15:40
Sie können sich ja auch aus dem Voltmeter eine Armbanduhr basteln...

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kid37 - Mittwoch, 24. Juni 2009, 12:24
Da bräuchte ich aber dickere Arme. Ich bin ja nicht so kräftig gebaut.

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